Einzigartiges Modell „Lebensluft“ – ein Krefeld Erfolgsmodell

Krefeld · Das Projekt von Helios-Klinik und AOK gibt langzeitbeatmeten Patienten die Perspektive auf ein Leben ohne Beatmungsgerät zurück: Fast 60 Prozent können nach verlängerter stationärer Therapie wieder eigenständig atmen.

 Helios-Klinikgeschäftsführer Alexander Holubars, AOK-Vorstandsmitglied Matthias Mohrmann und Dr. Manuel Streuter, Chefarzt am Lungenzentrum, zogen nach drei Jahren des Projekts ,Lebensluft’ Bilanz.

Helios-Klinikgeschäftsführer Alexander Holubars, AOK-Vorstandsmitglied Matthias Mohrmann und Dr. Manuel Streuter, Chefarzt am Lungenzentrum, zogen nach drei Jahren des Projekts ,Lebensluft’ Bilanz.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Das Modellprojekt „Lebensluft“ des Helios-Klinikums Krefeld und der AOK Rheinland/Hamburg gibt langzeitbeatmeten Patienten die Perspektive auf ein Leben ohne Beatmungsgerät zurück: Fast 60 Prozent der Patienten können nach der verlängerten stationären Therapie wieder eigenständig atmen. Der Erfolg dieser speziellen Entwöhnungstherapie zeigt, wie sich die bundesweit bestehende Versorgungsproblematik entscheidend verbessern lässt.

Bis zu 30.000 Menschen werden in Deutschland dauerhaft künstlich beatmet – und die Zahl der Betroffenen, die nur schwer vom Beatmungsgerät zu entwöhnen sind, wächst. Um diesen Patienten eine Chance auf ein von der künstlichen Luftzufuhr unabhängiges Leben zu geben, haben das Helios-Klinikum und die AOK 2016 das in dieser Form im deutschen Gesundheitswesen einzigartige Projekt gestartet.

„,Es ermöglicht eine stationär verlängerte und intensive Therapie über den regulären Krankenhausaufenthalt hinaus“, erklärt Dr. Manuel Streuter, Chefarzt am Lungenzentrum und geistiger „Vater“ des Projekts. Und die Ergebnisse zeigen, dass es in mehrfacher Hinsicht lohnt, sich für eine hochwertige Versorgung einzusetzen und dabei neue, innovative Wege zu beschreiten, um Patienten zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Durch die Therapie im Krankenhaus konnte mehr als der Hälfte der Patienten das eigenständige Atmen wieder ermöglicht werden. „Es ist Medizin im Grenzbereich. Aber ohne ‚Lebensluft‘ wären diese Menschen wahrscheinlich ihr Leben lang auf eine künstliche Beatmung angewiesen gewesen“, so der Experte. „Der Weg dorthin ist vergleichbar mit einem Konditionstraining im Leistungssport. Im Durchschnitt benötigen wir acht bis zehn Wochen und erreichen für 55 bis 60 Prozent unserer Patienten eine vollständige Entwöhnung vom Beatmungsgerät. Die Beatmungstherapie ist heute zentraler Bestandteil der modernen Intensivmedizin und besondere therapeutische Herausforderung zugleich. Förderungswürdiges Ziel muss es sein, bei allen Patienten, besonders aber bei den langzeit-invasiv-beatmeten Patienten, eine endgültige Entwöhnung von der Beatmungsmaschine zu erreichen.“

Der Erfolg des Projekts zeigt das Potenzial dieser speziellen Entwöhnungstherapie, die eine bundesweit bestehende Versorgungsproblematik entscheidend verbessern kann. „53 Patienten der AOK Rheinland/Hamburg konnten bisher mit ‚Lebensluft‘ von den Geräten entwöhnt werden – bei einer bundesweiten Umsetzung könnten viel mehr Menschen von diesem Ansatz profitieren. Wieder eigenständig atmen zu können, hat einen gravierenden Einfluss auf das Wohlbefinden und die Lebensperspektive. ‚Lebensluft‘ sollte allen Patienten zur Verfügung stehen“, fordert Matthias Mohrmann, Mitglied des Vorstandes der AOK Rheinland/Hamburg. Der medizinische Erfolg dieses Projektes zeigt sich auch in der steigenden Nachfrage, der die Klinik durch eine Erweiterung gerecht wird. „Bisher bietet ,Lebensluft’ Platz für zehn Patienten. Für die Inbetriebnahme weiterer zehn Therapieplätze suchen wir aktuell Verstärkung“, erklärt Helios-Klinikgeschäftsführer Alexander Holubars.

Neben einer pflegerischen Rund-um-die-Uhr-Betreuung bildet die Therapie den zentralen Schwerpunkt dieses Versorgungskonzepts. Therapeutisch aktivierende Pflege, Atmungstherapie, Physiotherapie, Ergotherapie und logopädische Therapie begleiten die Patienten durch den Tag. Im Vordergrund stehen dabei die Mobilisation, die Stärkung der gesamten Muskulatur, die psychische Stabilisierung und die Wiedereingliederung in einen geregelten Alltag. „Wir erleben oft Patienten, die nach längerer Betreuung in ambulanten Versorgungsstrukturen zu uns kommen und über Monate hinweg nicht gesprochen haben. Oft fließen Tränen, wenn sie zum ersten Mal wieder ihre Stimme hören und sprechen können“, berichtet Anne Jasmin Mayer, die die Station „Lebensluft“ pflegerisch leitet.

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