Landwirtschaft in Krefeld Plötzlich Gemüsegärtnerin

Krefeld · Professionell angepflanzte Gemüseparzellen, in denen Laien-Gärtner eine Saison lang ackern und ernten können, sind im Trend. Dorothé Straßburger gärtnert in Hüls und erzählt von ihrem Jahr im Gemüsebeet.

 Dorothé Straßburger ist Pächterin einer der Gemüsegärten, die Landwirtsfamilie Vennekel in Hüls anbietet. Die Ernte ist üppig.

Dorothé Straßburger ist Pächterin einer der Gemüsegärten, die Landwirtsfamilie Vennekel in Hüls anbietet. Die Ernte ist üppig.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Der Kürbis hat sich die Wildblumenwiese untertan gemacht und breitet sich ohne Rücksicht auf Verluste aus. Die Radieschen sind monstergroß, manche Zucchinis erinnern an Keulen oder Baseballschläger. Und einige Salate sind ins Kraut geschossen, die Blätter türmen sich zu wunderlichen Konstrukten und recken sich der Sonne entgegen.

Inmitten des üppig wachsenden Grüns gärtnert Dorothé Straßburger. Sie ist eine der Pächterinnen der Gemüse-Parzellen von Bauer Vennekel in Hüls. Ihre Mutter hat ihr die Pacht für den Gemüsegarten geschenkt, das Sähen und Setzen des Gemüses durch den Landwirt ist darin inbegriffen, das Bewässern ebenfalls. „49 Quadratmeter – das hörte sich erst einmal nicht nach so viel an“, sagt die Fotografin und lacht. Jetzt läuft die Ernte auf Hochtouren – und das ist ganz schön viel Stress. Mit dem Ertrag kann Straßburger nicht nur ihren eigenen Bedarf und den ihrer Mutter decken, sondern noch eine fünfköpfige Familie und diverse Freunde mit frischem Gemüse versorgen, ohne dass auf dem kleinen Acker sichtbare Lücken klaffen.

 Großes Radieschen, geerntet auf der Gemüseparzelle in Hüls.

Großes Radieschen, geerntet auf der Gemüseparzelle in Hüls.

Foto: Dorothé Straßburger

„Meine Hochachtung vor Menschen, die tagtäglich von morgens bis abends in der Landwirtschaft arbeiten, ist gewaltig“, sagt sie. „Vor allem an Tagen, an denen ich ein paar Stunden Powerackern gemacht und sechs verschiedene Haushalte beliefert,  kistenweise Gemüse zum Auto geschleppt, sortiert, zwischengelagert und den gröbsten Felddreck abgewaschen habe.“

 Der Kürbis im Vordergrund hat die Wildblumen-Aussaat überwuchert. Auf der Parzelle wachsen rund 20 Gemüsesorten.

Der Kürbis im Vordergrund hat die Wildblumen-Aussaat überwuchert. Auf der Parzelle wachsen rund 20 Gemüsesorten.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Idee, mit dem Rad zur Parzelle zu fahren, musste Straßburger schnell verwerfen. „Denn die Frage ist: wie bekommst du die Gartengeräte hin transportiert und dann auf dem Rückweg zusätzlich noch die Ernte? Da bräuchte man schon einen Anhänger oder ein Lastenrad“.  Die Logistik ist auch sonst eine Herausforderung: „Ich habe nur einen ganz normalen Kühlschrank und spiele jeden Tag Gemüse-Tetris“, erzählt Straßburger amüsiert. „Wenn ich die Ernte verschenke, muss das schnell gehen, denn so lange hält sich das Gemüse ohne Kühlung auch nicht.“ Freunde haben schon scherzhaft vorgeschlagen, sie könne ja einen Stand auf dem Wochenmarkt machen. Angesichts der Mengen an Salat, Kohl, Möhren und mehr, die noch auf die Ernte warten, gar kein abwegiger Gedanke. „Ich hatte wirklich keine Vorstellung, welche Mengen hier in rasender Geschwindigkeit wachsen würden.“

Straßburger, die zuvor ausschließlich auf ihrem Balkon ein bisschen gegärtnert hat, sagt: „Ich habe viel gelernt in diesem Gartenjahr. Zum Beispiel, dass das Gemüse auf dem Acker natürlich völlig anders aussieht, als wir es beim Kauf im Supermarkt kennen.“ Beispiel Blattspinat: Der wächst an einem schmalen Stengel in die Höhe, die Blätter werden abgezupft, wenn sie die richtige Größe haben. Auch die Salate sehen wuchtiger aus, weil die äußeren Blätter vorm Verkauf entfernt werden. Eine andere Herausforderung ist die Verarbeitung des Gemüses: „Ich habe zum Beispiel bis jetzt selten mit Kohl gekocht. Oder gewusst, dass man aus den Blättern von Kohlrabi ein Pesto machen kann“, erzählt Straßburger. Internet-Recherchen helfen bei solchen Fragen, oder aber Gespräche mit den anderen Hobby-Gärtnern auf benachbarten Parzellen. „Wir unterstützen uns gegenseitig. Hier sind viele Familien mit Kindern, die die Corona-Zeit genutzt haben, um ihren Kindern zu zeigen, wie Lebensmittel wachsen.“  So könne jeder Parzellen-Pächter vom Erfahrungsschatz der anderen profitieren.

Und auch Landwirt Vennekel hilft: „Wir bekommen regelmäßig E-Mails mit Hinweisen, welches Gemüse erntereif ist, zum Beispiel, dass die Frühkartoffeln raus können“, erzählt Straßburger. „Denn das ist für Laien auch nicht immer so deutlich.“ Die Gemüse-Saison auf den Parzellen geht noch bis Oktober. „Ich kann mir gut vorstellen, im kommenden Jahr wieder zu pachten“, sagt die Neu-Gärtnerin. „Dann würde ich aber versuchen, mir die Fläche mit jemandem zu teilen.“

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