Kultur in Krefeld Krefelder Kultur setzt auf Autokino
Krefeld · Am Sonntag ist Comedy-Premiere auf dem Sprödentalplatz. Auch die Niederrheinischen Sinfoniker treten vor Autos auf. Corona macht erfinderisch. Keinen Ausweg sehen derzeit die Clubs. Die Kufa fordert neue Rahmenbedingungen.
Mit dem Genre-Wechsel wird es erstmal nichts: Eigentlich würde Rüdiger Höfken in diesen Wochen im Stadttheater auf der Ein-Mann-Bühne stehen und Kafkas „Bericht für eine Akademie“ geben. Die Rückkehr zum Theaterspiel hatte sich der Mann vom Podio vorgenommen. Corona macht einen Strich durch die Rechnung. Deshalb gibt es einen spontanen Kurswechsel wieder zur Comedy. Am Sonntag, 24. Mai, ist Premiere im Autokino auf dem Sprödentalplatz. „Outdoor und Comedy im Autokino ergibt ,Autoorcomedy‘“, heißt die Podio-Formel, bei der namhafte Unterhalter mitwirken.
Der Krefelder Comedian David Werker und seine Kollegen Helmut Sanftenschneider und Michael Steinke werden live mit aktuellen Programmen auftreten, Rüdiger Höfken übernimmt die Moderation des Abends. „In jeden guten Lebenslauf eines Kabarettisten gehört es, einmal vor Autos gespielt zu haben“, ist seine Überzeugung und seine Art, auch der ernsten Lage ein bisschen Leichtigkeit abzugewinnen. „Die gesamte Kulturszene ist durch die Covid-19-Krise und die damit verbundenen Absagen von Veranstaltungen schwer gebeutelt und sucht sich doch seit Wochen erkennbar Wege zurück zum Live-Erlebnis für ein kulturhungriges Publikum. Einer dieser Wege heißt Autokino.“
Höfken hat nicht lange überlegen müssen, als sein Schulkamerad Uwe Papenroth, einer der Hauptinitiatoren des SWK-Autokinos, das auf dem Sprödentalplatz seit drei Wochen gut läuft, anfragte, ob das Podio ein Comedyprogramm zusammenstellen würde. Denn dort sollen neben Filme auch Live-Veranstaltungen auf der Bühne stattfinden.
Auch die Niederrheinischen Sinfoniker haben die Freiluftbühne eines Autokinos als Konzertpodium entdeckt. Im Sparkassen Cinedrive im Mönchengladbacher Nordpark präsentieren sie zwei Programme „unter strenger Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln“, betont Orchesterdramaturgin Eva Ziegelhöfer. „So werden die Musiker in einer kleinen Besetzung von maximal 17 Personen mit reichlich Abstand zueinander auftreten.“ Am Freitag, 29. Mai, spielen sie unter Leitung von Generalmusikdirektor Mihkel Kütson ab 19.30 Uhr die berühmten Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi, die sie mit den „Vier Jahreszeiten von Buenos Aires“ von Astor Piazzolla, dem Meister des Tango, kombinieren. „Sowohl Vivaldi als auch Piazzolla schrieben ihre „Jahreszeiten“ für Solovioline und Streichorchester. Als weitere Besonderheit werden diese anspruchsvollen Solopassagen nacheinander von den vier Konzertmeistern der Niederrheinischen Sinfoniker gespielt: Im Frühling ist Philipp Wenger als Solist zu hören, im Sommer Emir Imerov, im Herbst Fabian Kircher und das Solo im Winter übernimmt Chisato Yamamoto“, so Ziegelhöfer.
Ihr Kinderkonzert wird zum Familienkonzert und auf Samstag, 30. Mai, verlegt. Um 11 Uhr und 12.30 Uhr spielen sie eine der berühmtesten Kinderkompositionen: den „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens, den Paula Emmrich mit Texten von Loriot ergänzt. Das Spiel des Orchesters wird live auf zwei große LED-Leinwände projiziert und über das Autoradio zu hören sein.
Keine kreativen Überbrückungsmöglichkeiten der schwierigen Zeit zeichnen sich für die Clubs ab, die ihre Einnahmen überwiegend aus Partys generieren. Die Kulturfabrik ist einer von 30 privatwirtschaftlichen Liveclubs aus ganz Deutschland, die jetzt gemeinsam eine Forderung nach neuen Rahmenbedingungen stellen. „Denn diese Einrichtungen existieren zu einem einzigen Zweck: Menschen zusammenzubringen. Und in einer Pandemie dürfen Menschen nicht zusammenkommen“, heißt es darin. Konzerte und Clubnächte hätten mit den aktuellen Sicherheitsauflagen eine Auslastung von 20 Prozent, das sei wirtschaftlich nicht tragbar. Tanzen und Schwitzen gehörten zu einem guten Abend im Club. Das „ist nichts anderes als intendierte Tröpfcheninfektion“, heißt es. Um die aktuelle Situation zu überstehen, benötigten sie eine zweite Soforthilfe und „auch bereits jetzt eine Diskussion möglicher Änderungen der Rahmenbedingungen für die nähere Zukunft, um unsere Chancen auf einen sinnvollen Weiterbetrieb einschätzen zu können.“
Robin Lotze vom Kufa-Vorstand meint: „Für einen großen Teil unserer Gesellschaft wäre es fatal, wenn die Bedeutung von Club-, Nacht- und Konzertkultur weiter unterschätzt wird und die Betriebe schließen müssen, weil sie nicht ausreichend unterstützt werden. Clubs sind Orte, an denen (Sub-)Kultur gelebt wird, an denen Menschen zusammenkommen, kreativ und ausgelassen sind. Sie sind sozio-kulturelle Treffpunkte und stellen damit den soziale Klebstoff für den jüngeren (aber nicht nur! Teil unserer Gesellschaft dar. Zahlreiche Clubs sind deshalb identitätsprägend für ihre Stadt oder Region. Sie zu verlieren würde bedeuten, jahrzehntelange Aufbauarbeit gering zu schätzen, und zahlreichen Menschen die Möglichkeit zu nehmen, ihre Form von Kultur zu leben.”