Umweltzentrum Krefeld Wie die Natur auftischt und heilt

Krefeld · Bei einer Wanderung rund ums Umweltzentrum erklärt Kräuterfachfrau Gabriele Heckmanns die Nutzung heimischer Planzen.

 Gabriele Heckmanns erklärt, dass die Nachtkerze auch Schinkenwurz genannt wird und wie Schwarzwurzeln zubereitet werden kann.

Gabriele Heckmanns erklärt, dass die Nachtkerze auch Schinkenwurz genannt wird und wie Schwarzwurzeln zubereitet werden kann.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Geschickt hantiert Gabriele Heckmanns mit dem Messer in der Erde, zieht eine Wurzel heraus und kratzt ein wenig darüber. Ein leicht rosafarbener Ton wird sichtbar. „Die Nachtkerze wird aufgrund dieser Wurzelfarbe auch Schinkenwurz genannt, wobei ein Kilogramm dieser Wurzel gehaltvoller ist als ein Kilogramm Ochsenfleisch“, erklärt die Kräuterfachfrau vom Krefelder Umweltzentrum. Die Wurzeln können wie Schwarzwurzeln zubereitet werden. Aber die Nachtkerze bietet noch mehr: Heckmanns lässt die winzig kleinen Samenkapseln in die Hand einer Teilnehmerin der Kräuterwanderung rieseln. Würde man sie in diesem Zustand essen, gingen sie ohne Nutzen durch den Magen-Darm-Trakt. Aufmörsern ist notwendig, damit die Inhaltsstoffe, darunter die wertvollen Gamma-Linolsäuren, genutzt werden. In Müsli oder Salat schmecken die Samen, aus denen das bekannte Nachtkerzenöl gewonnen wird, sehr gut. Auch die Blütenblätter sind ebenfalls essbar und die Teilnehmer der Wanderung zum Probieren eingeladen. „Angenehm im Geschmack“ und „ein bisschen süß“ lauten die Kommentare zu der gelb-blühenden Pflanze. Da die Nachtkerze ihre Blüten, wie der Name verrät, nachts öffnet, dient sie auch Nachtfaltern als Nahrung.

 Die Wilde Möhre ist Vorfahrin der Speisemöhre.

Die Wilde Möhre ist Vorfahrin der Speisemöhre.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die nächste Pflanze, die Heckmanns vorsichtig ausgräbt, ist die Wilde Möhre. Der Name kommt nicht von Ungefähr. Sie ist eine Vorfahrin der Speisemöhre und riecht um ein Vielfaches intensiver als normale Möhren. Die Wurzeln können roh gegessen, aber auch gekocht werden. Die Wilde Möhre punktet mit viel Vitamin E und A. Das aus ihr gewonnene Karottensamenöl ist wertvoll und kann innerlich wie äußerlich zur Anwendung kommen.

 Hagebutten können roh gegessen werden.

Hagebutten können roh gegessen werden.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Dass der Rainfarn einst zum Entwurmen benutzt wurde und aufgrund seiner krebserregenden Stoffe nicht zum Verzehr geeignet ist, dass Melde sehr gut wie Spinat zubereitet werden kann, Goldrute bei Nierenbeschwerden hilft und dass die jungen Beinwellblätter zwar essbar sind, aber auch Pyrrolizidinalkaloide enthalten, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein, und daher mit Vorsicht zu genießen sind – die Informationen sind mehr als nur vielschichtig. Beinwell kann, sagt Heckmanns, indes die Heilung von Prellungen, Sehnenscheidenentzündungen und Knochenbrüchen unterstützen.

 Das Pfaffenhütchen ähnelt einer Priester-Kopfbedeckung.

Das Pfaffenhütchen ähnelt einer Priester-Kopfbedeckung.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Heckmanns kann zu jeder Pflanze, die am Wegesrand steht, Informationen liefern. „Die Wurzeln vom Beinwell müssen in Alkohol eingelegt werden und vier Wochen stehen. Aus dieser Tinktur macht man eine Salbe“, erklärt Heckmanns und greift wieder zum Messer. Diesmal ist es der Echte Nelkenwurz, an dessen Wurzeln die Kräuterfachfrau die Teilnehmer schnuppern lässt. „Erdig“, „süßlich“ und „wie Gewürznelke“ lauten die Meinungen. Tatsächlich beinhaltet die Pflanze Eugenol, also den Nelkenstoff, und soll unter anderem bei Zahnschmerzen helfen und sich für eine Darmsanierung eignen. „Hildegard von Bingen hat aus dem Echten Nelkenwurz Medizinalwein gemacht“, berichtet Heckmanns. Klein gehackte Wurzeln kommen in den Wein, das Ganze wird zehn bis 15 Minuten gekocht, eine halbe Stunde ziehen gelassen, abgeseiht und mit Honig verfeinert, fertig ist der Medizinalwein à la Hildegard von Bingen. Von diesem soll morgens und abends ein Likörglas getrunken werden. Ihm wird sogar Hilfe gegen Burn Out zugesprochen.

 Sicherte in Notzeiten die Vitaminzufuhr: Giersch.

Sicherte in Notzeiten die Vitaminzufuhr: Giersch.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Seifenstoffe des Efeus hingegen wirken auswurffördernd und werden daher als Hustensaft genutzt. Hier ist allerdings absolutes Fachwissen gefragt, da bei einer Falschdosierung die Schleimhäute angegriffen werden. Giersch hingegen stellt ein mehr als nur leckeres Gemüse dar. Die jungen Blätter können wie Petersilie zum Würzen genutzt werden. Zudem schmeckt er im Salat und er kann wie Spinat zubereitet werden. Antibakteriell und als Hustensaft nutzbar kommt der Spitzwegerich daher. „Mit ihm kann ein Erdkammerhonig hergestellt werden, der in Thymiantee ein gutes Hustenmittel ergibt“, lässt die Fachfrau die Kursbesucher an ihrem Wissen teilhaben. Dafür werden die Blätter mit Honig in einem Glas geschichtet. Dieses Glas wird für drei bis vier Monate in der Erde vergraben. Danach ist das Hustenmittel fertig. Der Breitwegerich eignet sich dagegen, um Eiter aus Wunden zu ziehen und seine jungen Blätter im Frühjahr schmecken lecker in einer Suppe. Der Wilde Dost kann wie Thymian verwendet werden. Er wirkt außerdem entkrampfend.

Neuland ist für die Mitwanderer auch, dass der Weiße Steinklee, der wie Waldmeister riecht, Kumarin enthält und blutverdünnend ist oder dass der Beifuß eine Räucherpflanze ist und der Leber hilft, Fette aufzuspalten. „Daher wird er auch immer gerne als Gewürz zum Gänsebraten gegeben“, sagt Heckmanns. Dem Wurmfarn wird hingegen nachgesagt, dass er unter einem Laken im Bett liegend und alle zwei Tage erneuert gegen Ischiasschmerzen helfen soll. Der Kaltauszug vom Wasserdost wird gegen Gliederschmerzen genutzt und das Franzosenkraut stärkt das Immunsystem, wobei die jungen Blätter als Spinat und Salat essbar sind. In Sachen Brennnesseln überrascht Heckmanns alle, als sie Blätter etwas zerdrückt und isst. „Ich habe die Brennhärchen durch das Reiben abgebrochen und dann kann die Brennnessel sofort gegessen werden. Sie schmeckt nussig“, erläutert die Kräuterfachfrau. Ansonsten ist diese Pflanze blutreinigend und ihre Samen schmecken, leicht in der Pfanne geröstet, lecker auf einem Butterbrot. Früchte des Herbstes sind indes der Weißdorn und die Hagebutten. Ersterer stärkt das Herz und letzterer kommt mit viel Vitamin C daher.

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