Künstler in Krefeld Ein Querdenker ist abgetreten

Krefeld · Über seiner Todesanzeige stand „Ist gut jetzt. Das muss so sein“: Klaus Peter Noever war nie für Sentimentalität zu haben. Klare Kante, das war seine Sache. Im Alter von 90 Jahren ist der Künstler gestorben.

 Klaus Peter Noever ist wenige Wochen vor seinem 91. Geburtstag gestorben. Er erhielt den Kunstpreis der Stadt Krefeld und den Prix d’Art Jeunesse (Paris).

Klaus Peter Noever ist wenige Wochen vor seinem 91. Geburtstag gestorben. Er erhielt den Kunstpreis der Stadt Krefeld und den Prix d’Art Jeunesse (Paris).

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Fischer in Espasante nannten ihn einfach Claudio. Er gehörte zu ihnen, ging mit ihnen auf Fang und war so kernig und zupackend, wie man sich einen galizischen Fischer vorstellt: Klaus-Peter Noever hatte in Spanien eine Herzensheimat gefunden. Im Nordwesten, am Meer, hat er für seine Familie vor Jahrzehnten ein Haus gebaut. Dort war er oft und gern. Aber seine Wurzeln hielten ihn in Krefeld. So sehr er ins Bild der von Meer und Wind gegerbten Männer passt: Noever war ein Krefelder durch und durch, immer unterwegs, aber auch immer mit Sehnsucht nach seinem Stammtisch in der Heimatstadt. Jetzt ist Noever gestorben – wenige Wochen vor seinem 91. Geburtstag am 29. Juni.

Was sagt man über einen Mann, der nie ein Geheimnis daraus machte, was und wie er dachte? Einen, den in Krefeld jeder kannte, der sich für Kunst interessierte oder öfter mal im Nordbahnhof vorbeischaute, wo Noever viele Jahre lang seine Freunde traf auf ein Bier und einen Klön. Bei Künstlern drängt sich die Vokabel des Charakterkopfes auf. Noever hatte Charakterhände. Fest und mit Spuren von Arbeit, von Dreck und Leben. Hände, die alles anpacken, was zu tun ist. „Kunst muss sinnlich erfahrbar sein“, war seine Maxime. Kopf denkt, Hand führt aus.Er war Maler, Bildhauer, Keramiker – und kannte keinen Tag ohne Zeichenstift.  Die Kunst war sein Leben, als Arbeit hat er sie nie empfunden.

Denn die Kunst war sein Glück. Als schwieriges Kind hat er sich beschrieben. Eines, das nicht ruhig war, das rebellierte und nicht immer wusste, wohin die Energie fließen sollte. Die Lösung war die Werkkunstschule. Er gehörte zu den ersten Schülern bei Laurens Goossen. Damals war er einer der Jüngsten. Georg Opdenberg, ein Künstlerkollege, der mit Noever über 35 Jahre befreundet war, erinnert sich, was Noever davon berichtete: „Als Teil des Studiengeldes galt es zuerst Trümmer zu räumen und Steine zu klopfen. Laurens Goossens nahm ihn unter seine Fittiche und für ihn realisierte er in der Folge so manches Werk als Kunst am Bau.“

1954 hatte Noever seine erste Ausstellung im Kaiser-Wilhelm-Museum. „Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich derzeit zum Teil als Schiffskoch oder, bei seinem Weg zu Albert Schweitzer, in Ägypten mit dem Zeichnen von archäologischen Funden“, so Opdenberg. Noever war immer unterwegs, auf Reisen und mit seinen Gedanken. Abenteuer waren das. Harte Zeiten? „Ich habe immer Glück gehabt“, sagte Noever. Er hat fast immer das Positive gesehen.

Sein Talent hat er als Gabe empfunden. Er hat große Wandreliefs gemalt, Objekte aus Holz, Stahl und Keramik geschaffen und gezeichnet. Er packte alles an. Nur nicht auf ausgetretenen Wegen spazieren, sondern den Kurs selbst bestimmen, war seine Devise. Über Ungerechtigkeit und Borniertheit konnte er sich aufregen. Im Alter zeigte er das vor allem über seine Kunst. Zurüchkhaltend, abwartend und spitzbübisch grinsend, wenn die Botschaft verstanden wurde. Als er bei der GKK und bei der Großen Dujardin vor einigen Jahren Keramikköpfe  von Zeitgenossen wie die Jury der zwölf Geschworenen in dem Hollywoodklassiker mit Henry Fonda in Szene setzte, sagt er: „Ähnlichkeiten mit wirklichen Personen wären absolut zufällig.“ Wer ihn kannte, hat es nicht geglaubt.

Noever hat gern in alle Richtungen gedacht, um zu orten, was nach vorn bringt. So war er Gründervater der Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK) 1975 - um Künstlern abseits des musealen Weihrauchs ein Forum zu schaffen. Und er war einer der „Väter“ von AKKU, der Aktion Kunst und Kultur im Unterricht, die seit 1995 kreative Projekte fördert, um Kinder vom Bildschirm fernzuhalten.

Seine Urne wird auf seinen Wunsch in Espasante beigesetzt. Dort, wo er der Claudio bleibt.

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