Versteigerungsaktion bei Ebay Wie der KFC fast 100.000 Euro bekommen hätte

Krefeld · Es ist nun 15 Jahre her, dass der KFC Uerdingen eine der spektakulärsten Aktionen im deutschen Fußball offiziell zu den Akten gelegt hat: die Versteigerung eines Kaderplatzes, der bundesweit für gewaltige Schlagzeilen gesorgt hatte.

 Markus Oellers war nach langem Hin- und Her der glückliche Gewinner der Versteigerungsaktion des KFC Uerdingen und ergatterte sich einen Platz im Kader des damaligen Fußball-Oberligisten.

Markus Oellers war nach langem Hin- und Her der glückliche Gewinner der Versteigerungsaktion des KFC Uerdingen und ergatterte sich einen Platz im Kader des damaligen Fußball-Oberligisten.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Es hat in den vergangenen gut 20 Jahren eine ganze Reihe von ziemlich verrückten Geschichten rund um den Krefelder Fußballclub Uerdingen 05 gegeben. Da gab es zum Beispiel mal einen Vorsitzenden, der nach drei Tagen im Amt die Brocken wieder hinwarf. Oder einen anderen Präsidenten, der seinen Trainer solange beschwafelte, dass er bei einem Spiel in den letzten paar Minuten mal selbst mitkicken durfte – und prompt einen Elfmeter verschoss. Oder einen einst berühmten Stürmer, der bei Stefan Raabs legendärer Wok-WM an den Start ging und als einziger Teilnehmer in der Geschichte des Spektakels auf der Strecke liegen blieb. Und es gab natürlich diese hier, die vor 15 Jahren ihr endgültiges Ende fand: die Geschichte des ominösen cdbode.

Wie es so ist bei solchen Geschichten, muss man zur Vorgeschichte ein wenig ausholen. Es war im Jahre 2005, als es dem KFC Uerdingen einmal mehr ziemlich dreckig ging. Sportlich kickte die Erste Mannschaft in der Oberliga, finanziell lief ein Insolvenzplanverfahren, und im Grunde wollte in Krefeld so gut wie niemand mehr etwas von dem Chaosclub wissen. Und um das zu ändern, hatte der damalige KFC-Sportdirektor Jonny Hey eine ziemlich pfiffige Idee: Einer aus den Reihen der Fans sollte Teil des Teams werden. Einen Kaderplatz im Oberligateam des KFC Uerdingen für eine ganze Saison mit allem Drum und Dran zu ergattern, stand zum Angebot. Trainieren mit der Mannschaft, bei Besprechungen dabei sein, auf dem Mannschaftsfoto mit abgelichtet werden und eigene Autogrammkarten erhalten. Ein Komplettangebot für jemanden, der sich einen Kindheitstraum erfüllen wollte. Und damit auch finanziell etwas dabei herum kam, sollte jener Platz beim Internetauktionshaus Ebay verhökert werden. Der Nebeneffekt sollte sein, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass es den KFC noch gibt.

Was folgte, war ein beispielloser, ungeahnter Run auf das Höchstgebot – und die Preise gingen durch die Decke. Bereits nach wenigen Tagen war schon die 25.000-Euro-Marke geknackt. Höchstbietender seinerzeit: oli-baba71. Wer das war? Geheim, Ebay hatte nix verraten (es war übrigens nicht der Autor dieser Zeilen). „Einfach Wahnsinn“, kommentierte seinerzeit Verwaltungsrat-Mitglied Uwe Vohwinkel den Run auf den Platz im Kader des KFC Uerdingen für die kommende Saison. „Ich hatte vielleicht auf zwei, dreitausend Euro gehofft – und das war schon kühn. Aber dass das solche Ausmaße annimmt – einfach unglaublich.“ 176 Gebote waren binnen kürzester Zeit eingegangen. Von Bietern mit Namen wie „julio.fantastico“, „adnansen“, „fussball-trikots_info“ oder „meine_maus_ist_schwul“. Ein riesiges Interesse.

 KFC-Sportdirektor Jonny Hey hatte damals die Idee.

KFC-Sportdirektor Jonny Hey hatte damals die Idee.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Auch die Medien rissen sich um die „wohl cleverste Werbeidee Deutschlands“, wie ein TV-Sender die Versteigerungsaktion des KFC betitelte. Und die erreichte noch höhere Summen: Auf sagenhafte 104.000 Euro stieg zwischenzeitlich das Angebot. Das schien dann irgendwann selbst Ebay zu bunt zu werden: Nachdem sich offenbar mehrere „Spaßbieter“ an der Versteigerung eines Kaderplatzes beim Fußball-Oberligisten beteiligt hatten, schob das Internetauktionshaus der Auktion einen Kontrollriegel vor. Wer ein Gebot abgeben wollte, musste sich zuvor per Personalausweis akkreditieren lassen. „Am liebsten wäre es uns, wenn der Anbieter noch einen Liquiditätsnachweis vorlegen würde“, sagte der Zweite Vorsitzende des KFC, Otmar Beltau, seinerzeit unserer Zeitung. Ergebnis dieser Kontrolle: So schnell, wie die Gebote zuvor gestiegen waren, so schnell zogen sich jene Spaßbieter auch wieder zurück.

Nur der Bieter mit dem Ebay-Pseudonym „cdbode“, der am Ende der Auktion mit über 33.050 Euro geführt wurde, hatte wohl den Ernst der Lage nicht erkannt. Und als dann der berühmte Hammer fiel, hieß der Gewinner tatsächlich „cdbode“ – wer auch immer das war. Der Vorstand des KFC versuchte umgehend nach dem Auktionsende, den Unbekannten anzurufen. „Wir denken, dass wir denjenigen gefunden haben“, sagte KFC-Boss Ralf Houben seinerzeit. „Wir haben vier Mal versucht, ihn zu erreichen, aber das ist uns nicht gelungen.“

 Ralf Houben stand damals dem Club als Vorsitzender vor.

Ralf Houben stand damals dem Club als Vorsitzender vor.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Fortan gingen die Spekulationen hoch. Über vorherige Ebay-Auktionen war von ihm bekannt, dass er T-Shirt-Größe L und Schuhgröße 41 hat. Zunächst hieß es, der Käufer stamme aus Hamburg, angeblich sei er Geschäftsführer eines Schuhunternehmens mit 13 Filialen an acht Standorten mit insgesamt 110 Beschäftigten – eine Ente. Später offenbarte der Vorstand dann, dass es sich bei „cdbode“ offenbar um einen Hamburger Rechtsanwalt gehandelt habe. Nur: Von der Auktion und seinem Gewinn wollte er dummerweise nichts mehr wissen. In einem Telefonat mit dem Vorstand habe sich der Hamburger Jurist herauszureden versucht.

Rein rechtlich hätte der KFC indes zu seinem Geld kommen können, hieß es danach von Ebay. „Zahlt ein Käufer nicht, sollte sich der Verkäufer an uns wenden“, sagte dazu ein Sprecher. Das Unternehmen würde dann ebenfalls versuchen, Kontakt aufzunehmen, ihn gegebenenfalls abmahnen. „Die Gebote sind immerhin bindend.“ Im schlimmsten Fall könne der KFC anwaltlich auf die Einhaltung des Kaufvertrages pochen – oder darf den zweithöchsten Bieter kontaktieren, wenn der Auktionsgewinner sich sperrt. „Es ist ein rechtsgültiger Vertrag mit ihm zustande gekommen. Wir werden an ihm dran bleiben, ihm die Möglichkeit geben, das Angebot wahrzunehmen, uns aber auch gegebenenfalls rechtliche Schritte vorbehalten“, gab der zweite Vorsitzende Otmar Beltau seinerzeit zu Protokoll.

 Mario Gabrieli leitete seinerzeit den KFC-Verwaltungsrat.

Mario Gabrieli leitete seinerzeit den KFC-Verwaltungsrat.

Foto: Finger, Stefan [fing]/Finger, Stefan (fing)

Dabei hatte der KFC sich sogar schon auf eine Trikotnummer geeinigt. „Er bekommt die 33, weil der volle Betrag nicht auf den Rücken passt“, witzelte Wolfgang Maes, seinerzeit der oberste Übungsleiter beim Fußball-Oberligisten KFC Uerdingen. Aber alle Verlockungen und Bemühungen schlugen fehl: „cdbode“ wollte nicht.

Dennoch waren die KFC-Verantwortlichen nicht unzufrieden. Schließlich war der KFC doch wieder in den Schlagzeilen – auch außerhalb der Stadtgrenzen. „Der Nebeneffekt sollte sein, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass es den KFC noch gibt. Dies ist gelungen, der KFC ist in aller Munde“, äußerte sich seinerzeit KFC-Vorstand Ralf Houben. Und Mario Gabrieli, Vorsitzender des Verwaltungsrates, sprach gar von einer „Sternstunde des KFC“, ja sogar von einer „Wiedergeburt des Vereins“.

Um der ursprünglichen Idee der Auktion gerecht zu werden, wurde schließlich einer der nachfolgenden Bieter ausfindig gemacht, und der Kader des KFC wurde schließlich doch noch durch einen der Sache gerecht werdenden Fan besetzt: Mit Markus Oellers, der sich damit einen Herzenswunsch erfüllte und gerne die 2688,05 Euro an den Club überwies. Und genau das war schließlich auch die ursprüngliche Intention der Aktion.

Markus Oellers durfte für sein Geld auch tatsächlich mal mitspielen: Im Freundschaftsspiel gegen den damaligen Bundesligisten MSV Duisburg (Endstand: 1:4) kam er in den letzten Minuten zum Einsatz. Von „Oellers, Oellers“-Sprechchören der Fans angefeuert, hatte der Mann mit der Rückennummer 32 zwar keinen Ballkontakt, doch sein Auftritt war zweifellos das Highlight der Partie. Und auch gegen die großen Bayern durfte er in einem Freundschaftsspiel ein paar Minuten ran – unvergessen bleibt sein Versuch einer Blutgrätsche gegen Bayerns heutigen Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Oellers’ Fazit damals: „Das war im Nachhinein mehr als ein Schnäppchen. Würde ich heute nochmal bieten, wäre ich auch bereit, mehr zu zahlen.“ Markus Oellers betreibt heute wie damals eine Versicherungsagentur, hat sich privat aber dem Laufsport gewidmet. Die Spiele des KFC besucht er weiterhin.

Übrigens: Die spektakuläre Idee von Uerdingens Sportdirektor Johnny Hey fand kurze Zeit später erste Nachahmer: So versteigerten der TuS Gladbach, der 1.FC Eschborn, die BG Rheinstetten und der FC Nordenhalben ebenfalls Plätze in ihrem Kader. Und, nicht zu vergessen, der Kegelclub „Dick und durstig 97“ aus Büren. Dort lag das Höchstgebot allerdings nur bei 9,38Euro...

(oli)
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