Serie Sauberer Südbezirk Müll-Detektivin im Rollstuhl

Krefeld · Inge Model ist 85 Jahre alt und auf den Rollstuhl angewiesen. Mit ihrem fahrbaren Untersatz tourt die Seniorin durch den Südbezirk und meldet wilde Müllablagerungen an die GSAK.

 Unentwegt dreht sie ihre Runden durch den Südbezirk: Die Rentnerin Inge Model bei ihrem Kampf gegen Müllsünder.

Unentwegt dreht sie ihre Runden durch den Südbezirk: Die Rentnerin Inge Model bei ihrem Kampf gegen Müllsünder.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

„Laufen kann ich nicht mehr – aber mein Kopf, der funktioniert noch“, sagt Inge Model, und tippt sich zur Veranschaulichung vorn an die Stirn. Die Augen der 85-jährigen Rentnerin blitzen, die alte Dame wirkt kampfeslustig. Von ihrer Wohnung an der Thywissenstraße aus dreht Inge Model ihre Runden durch den Krefelder Südbezirk.

Die Mission der Seniorin, die sich selbst als „Mülldetektivin“ bezeichnet: Wilde Müllkippen und Müllablagerungen finden und dafür sorgen, dass der „Mistmüll“, wie sie ihn nennt, abgeholt wird. Oder gar nicht erst auf dem Boden landet: Auseinandersetzungen mit Menschen, die ihren Müll achtlos wegwerfen, scheut Model nämlich nicht. „Ich sage dann: „Sie haben was verloren“, berichtet sie. Die so Angesprochenen seien meist sehr überrascht über die couragierte Frau im Rollstuhl. „Manchmal hilft es. Manchmal aber auch nicht“, sagt Model. „Ich überlege immer und immer wieder, wie man die Leute dazu bewegen kann, ihren Müll mitzunehmen oder wenigstens die Fläche vor ihrem Geschäft sauberzuhalten.“ To-go-Kaffeebecher, Pizzakartons, Verpackungen liegen zuhauf in den Rabatten an den Straßenrändern des Südbezirks. Selbst vor bestimmten Kiosken sammelt sich, zum Unverständnis der alten Dame, der Unrat. „Da kann man von vorn bis hinten alles finden.“

Bis vor kurzem hat Inge Model ihre Müll-Funde fein säuberlich auf einem A4-Blatt kartiert und die Übersicht von ihrer Schaltzentrale im Wohnzimmer mithilfe eines Jahrzehnte alten Faxgeräts an die GSAK übermittelt. Doch jetzt ist im Hause Model die digitale Technik eingezogen: Die 85-Jährige hat sich ein Smartphone zugelegt. Vom Elektro-Fachmarkt-Mitarbeiter hat sie sich den Umgang erklären lassen. Ein bisschen fehlt noch die Übung. Aber der wichtigste Messenger-Dienst ist bereits eingerichtet. Und wie man Fotos verschickt hat die taffe Seniorin auch schon raus. „Wissen Sie, ich kann ja nicht mehr so gut schreiben. Aber auf dem Smartphone tippen, das kriege ich ganz gut hin.“ Die Müll-Meldungen gehen also nun digital raus, direkt mit Foto im Anhang.

Viele Menschen im Quartier kennen Inge Model. Auch durch ihre Unterschriften-Aktion für die Absenkung von Bordsteinkanten entlang der Kölner Straße (wir berichteten). „Es gibt viele Leute, die mir für meine Aktionen Komplimente machen“, erzählt sie. „Aber ganz ehrlich: Macht mir keine Komplimente, sondern helft mir lieber“, sagt sie. „Einigkeit macht doch stark. Und wenn mehr Bürger beim Kampf gegen den Müll helfen, dann nützt es vielleicht irgendwann was.“ Sie sagt: „Die Leute kommen nur, um sich zu beschweren. Ich meine, sie sollten selber raus auf die Straße und was tun.“

Ein Dorn im Auge sind ihr auch die kostenlosen Anzeigenblätter, die zweimal die Woche verteilt werden. „Oft werden einfach ganze Stapel in die Hauseingänge geworfen. Von dort verteilen sich die Blätter überall hin.“ Ihre Anrufe bei der zuständigen Firma in Düsseldorf seien fruchtlos geblieben. „Das interessiert dort niemanden und keiner kümmert sich.“

Kritik geht auch in Richtung der städtischen Grünpflege: „Der Reisig fällt in Massen von den Bäumen und bleibt einfach liegen“, sagt sie mit Blick auf die Gladbacher Straße. Das Revier, das Inge Model regelmäßig abfährt, geht von der Heideckstraße bis zur K-Bahn-Linie, von der Untergath bis zu den Bahngleisen. „Mein elektrischer Rollstuhl fährt bis zu 13 Kilometer, bevor er an den Strom muss“, sagt sie. Bei gutem Wetter sind die Runden lang, die sie fährt. Denn Inge Model geht die Puste nicht aus bei ihrem Kampf gegen den Müll.

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