Krefelder Fahrradtrainer fordert „Radfahren gehört in den Schulunterricht“

Uerdingen · Die Edith-Stein-Grundschule holt sich als eine der ersten Schulen Krefelds beim Radtraining der Schüler Hilfe von außerhalb.

 An der Edith-Stein-Schule trainiert Sam Wrobbel Grundschüler im offenen Ganztag. Sie lernen nicht nur ihr Rad im Straßenverkehr zu beherrschen, sondern auch wie man einen Reifen flickt.

An der Edith-Stein-Schule trainiert Sam Wrobbel Grundschüler im offenen Ganztag. Sie lernen nicht nur ihr Rad im Straßenverkehr zu beherrschen, sondern auch wie man einen Reifen flickt.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Fahrradfahrer zählen im Straßenverkehr zu den gefährdetsten Teilnehmern. Sicheres Geradeausfahren, richtiges und effektives Bremsen, Kontrolle auf holprigem oder nassem Untergrund und bei all dem auch noch die anderen Verkehrsteilnehmer im Auge behalten und rechtzeitig auf deren Fahrmanöver reagieren - neben den Kenntnissen der Straßenschilder ist da die absolute Beherrschung des eigenen Rades unerlässlich.

Und doch sind laut Landesverkehrswacht heute fünf bis zehn Kinder pro Klasse nicht mehr fit genug für die Fahrradprüfung am Ende der Grundschulzeit und bestehen diese nicht. Vor zehn Jahren hingegen seien das im Schnitt nur zwei Schüler pro Klasse gewesen.

Woran das liegt, weiß Sam Wrobbel, der an der Edith-Stein-Schule Kindern der dritten und vierten Klassen im Offenen Ganztag auf spielerische und altersgerechte Art und Weise die Kontrolle über ihr Fahrrad beibringt: „Dadurch, dass die Bevölkerungsdichte in den Großstädten sehr groß ist, verbringen die Kinder nicht so viel Freizeit auf dem Rad wie in ländlichen Gebieten oder noch vor Jahren“, sagt der Betreiber einer Bike-Schule und Inhaber der Kids Coach/D-Trainer-Lizenz des Landesradsportbunds NRW.

Einmal pro Woche trainiert er mit den Kindern den sicheren Umgang mit dem eigenen Rad. Und das nicht nur kurz vor der Fahrradprüfung, sondern das ganze Schuljahr hindurch. „Die Polizei kommt zwar in die vierten Klassen, damit die Kinder die Verkehrsregeln kennenlernen und auch umsetzen können“, sagt er, jedoch sei das eigentliche Element, das Beherrschen des Rades, Aufgabe der Eltern und nicht der Polizei. „Das ist die Vorgabe, die bei der Verkehrserziehung gegeben ist. Und das geht eigentlich nicht ohne Eigeninitiative der Eltern.“

Es gebe sogar Kinder, die noch nicht mal richtig bremsen könnten oder beim langsamen Geradeausfahren einfach mitsamt dem Rad umfallen, wenn Wrobbel zum Schuljahresbeginn mit der Förderung der jungen Verkehrsteilnehmer startet.

Umso wichtiger ist es, dass sie im Laufe des Jahres das Radfahren so gut erlernen, dass sie nicht nur die Grundlagen beherrschen, wie etwa immer bremsbereit zu sein oder die richtige Blickrichtung zu haben: nämlich dorthin, wo sie hinfahren wollen. „Das gleichzeitige Durchführen mehrerer Aufgaben können Kinder im Schnitt erst mit zehn Jahren leisten“, weiß Wrobbel. Im Straßenverkehr bedeutet das etwa, gleichzeitig in die richtige Richtung um die Kurve zu lenken, andere Verkehrsteilnehmer im Blick zu halten und diese einschätzen zu können und immer auch bremsbereit zu sein.

Genau das lernen sie bei Wrobbel spielerisch. So üben sie auf dem sicheren Schulhof zum Beispiel das Geradeausfahren und dabei gleichzeitig den Schulterblick zu machen. „Das hört sich erstmal leicht an. Der koordinative Ablauf ist aber für Kinder gar nicht so einfach, ohne dabei einen Schlenker nach rechts oder links zu machen.“ Deshalb üben sie gemeinsam, eine gerade Linie zu fahren und sich dabei umzuschauen, um Wrobbel zu sagen, wie viele Finger er hinter ihrem Rücken gezeigt hat. „Ich kann inzwischen sogar schon die rechte und die linke Hand raushalten zum Abbiegen“, berichtet stolz die elfjährige Leonie.

„Die deutschen Kinder haben in der Pisa-Studie in den Hauptfächern schlecht abgeschnitten. Deshalb hat sich das Schulministerium dann erstmal da um die Förderung gekümmert, und das Radfahren ist dabei auf der Strecke geblieben“, sagt der Radtrainer. Umso wichtiger sei es, dass die Kinder von ihren Eltern nicht ständig überall hingefahren würden, sondern lernten, selbst mit dem Fahrrad ihre Wege zu bestreiten. Wünschenswert fände er es, wenn die Wichtigkeit des Themas künftig verstärkt würde, „etwa im Rahmen des Sport- oder Sachkundeunterrichts“, schlägt er vor.

Geübt wird auf dem Schulhof und auch bei leichtem Nieselregen, schließlich würden die Kinder ja später im realen Leben auch nicht nur bei Sonnenschein und trockenem Wetter am Straßenverkehr teilnehmen. So würden nasse und rutschige Straßenverhältnisse auch direkt mit eingeübt.

Und nicht nur das. Denn wenn das Wetter dann doch mal zu schlecht zum Radfahren ist, dann übt Wrobbel mit den Kindern an einem extra dafür vorbereiteten Rad auch das selbstständige Reparieren und Warten des eigenen Gefährts. Dabei stehen praktische Themen wie Löcherfinden, Reifenflicken und das korrekte Einstellen der Bremsen auf dem Lehrplan. „Bis jetzt repariert mein Vater immer mein Fahrrad“, gibt denn auch der zehnjährige Franz zu. Aber das wird dann ja wohl schon bald nicht mehr nötig sein, dank des guten Trainings.

Finanziert wird das Fahrradtraining an der Edith-Stein-Schule komplett durch die Bürgerstiftung Krefeld.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort