Ordnungswidrigkeit in Krefeld Zum Ja-Wort gab’s ein Knöllchen
Exklusiv | Krefeld · Ausgerechnet während der Hochzeit hat ein Brautpaar ein Knöllchen bekommen – der Wagen stand geschmückt vor St. Cyriakus. Pfarrer Jansen war baff: „Das habe ich in 30 Jahren nicht erlebt.“ Bislang galt eine Übereinkunft mit der Stadt.
Es ist eine Geschichte, die man noch seinen Enkeln erzählt: Ein Brautpaar, das in Hüls in St. Cyriakus – der schönsten Kirche am Niederrhein – geheiratet hat, hat ziemlich genau in dem Moment, in dem es sich in der Kirche das Ja-Wort gab, draußen ein Knöllchen wegen Parkens im Halteverbot bekommen. „Ich hab das in 30 Jahren nicht erlebt“, sagte St.-Cyriakus-Pfarrer Paul Jansen, „seitdem ich hier meinen Dienst verrichte, hat noch nie der Wagen eines Hochzeitspaares oder ein Leichenwagen ein Bußgeld bekommen.“
Bislang gab es ein stilles Übereinkommen mit den Ordnungskräften, dass Autos, die vor der Kirche parken und erkennbar als Hochzeitswagen geschmückt oder eben Leichenwagen sind, nicht mit Bußgeldern behelligt werden. Jansen weiß, wovon er spricht: Er hat in St. Cyriakus mehr als 1000 Ehen geschlossen.
Die nun betroffenen Eheleute haben am vergangenen Samstag am frühen Nachmittag geheiratet. Das Besondere an dieser besonderen Geschichte: „Das Knöllchen datiert auf 14.26 Uhr“, berichtet Jansen, „das war etwa die Zeit, in der die beiden sich in der Kirche das Ja-Wort gegeben haben.“ Danach sind die frisch Vermählten in die Flitterwochen abgereist; Ärger über das Knöllchen hat den beiden nicht den Tag vermiest; Jansen hatte ihnen zugesagt, mit der Stadt zu reden.
Auf dem Ausdruck für den Bußgeldbescheid heißt es zum „Tatvorwurf“, der Wagen habe „in einem Fußgängerbereich, der durch Zeichen 242.1, 242.2 gesperrt war“, geparkt. Kostenpunkt: 30 Euro. Der „Tatort“ wird mit „Konventstraße ggü.Hnr.1“ angegeben. Tatort, Tatvorwurf: Die Sprache ist dieselbe wie bei einem Verbrechen.
Die Platzverhältnisse vor der Kirche sind nicht ganz einfach. Der Grund und Boden, auf dem Hochzeits- und Leichenwagen üblicherweise parken, gehört der Kirche; sie hatte die Erlaubnis gegeben, ihren Grund und Boden im Zuge der Neugestaltung des Hülser Marktplatzes mit in die Ortskerngestaltung einzubeziehen. „Wir haben den Grund der Stadt gewidmet“, berichtet Jansen.
Die Halteverbotsregelung für den Marktplatz gilt auch dort, hat aber insofern nie gegriffen, als es die Absprache gab, dort für Hochzeiter oder Leichenwagen keine Knöllchen zu schreiben. Es gab vor Jahren ein Gespräch mit der Stadt über die Lage an der Kirche, in dem die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen zur Sprache kam. „Ich wollte das nicht“, berichtet Jansen, „bei Hochzeiten kann man ja noch planen, aber Todesfälle und Beerdigungen lassen sich nicht planen; außerdem habe ich gesagt, es müsste doch möglich sein, die Situation mit Augenmaß und gesundem Menschenverstand zu beurteilen. Hochzeitswagen sind als solche doch immer zu erkennen – und Leichenwagen sowieso“, so Jansen weiter.
Die Stadt bedauert den Vorfall; „das Verfahren wird unverzüglich eingestellt“, erklärte eine Stadtsprechern auf Anfrage. Als Grund für die Verwarnung werden die komplizierten Straßenverhältnisse angegeben.
Die Kirche liegt an der Konventstraße, heißt es dazu. Im Bereich zum Eingang der Kirche grenzt die Konventstraße unmittelbar an den Hülser Markt, der ebenfalls als Fußgängerzone ausgewiesen ist. „Der Übergang der beiden Bereiche ist recht fließend und nur durch Absperrpfosten getrennt.“ Insbesondere das Parken außerhalb der Lieferzeiten auf dem Hülser Markt sorge immer wieder für Missstimmung bei der Hülser Ortspolitik. Insofern seien die Außendienstkräfte angehalten, dort regelmäßig das ordnungswidrige Parken zu kontrollieren.
Bei den Kontrollgängen am 12. Juni 2021 wurden dann auf dem Hülser Markt diverse Fahrzeuge vorgefunden, die allesamt verwarnt wurden. „Dabei ist den Kontrollkräften anscheinend nicht bewusst gewesen, dass Sie den Hülser Markt verlassen und sich auf die Konventstraße begeben haben, bei der andere Regelungen zu der Befahrbarkeit gelten“, erklärt die Stadt. Somit wurde auch das zu dem Brautpaar gehörige Fahrzeug verwarnt, „was von hier aus sehr bedauert wird“, so die Stadt auf Anfrage.
Auch die Stadt resümiert die Zusammenarbeit mit der Kirche bei der Sanierung des Marktplatze: „Es wurde sich seinerzeit darauf verständigt, dass der Bereich als öffentliche Verkehrsfläche (Fußgängerzone) zu werten ist und dass Fahrzeuge, die dort außerhalb der Lieferzeiten der Fußgängerzone abgestellt werden, auch verwarnt werden.“ Die Stadt weist auf die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen hin. Pfarrer Jansen aber will es halten wie bisher: Er setzt auf Augenmaß und gesunden Menschenverstand.