Interview Gregor Meyle „Stehtische sind Konzertkiller“

Krefeld · Stefan Raab hat ihn entdeckt, mit Xavier Naidoo und „Sing meinen Song“ kam der Durchbruch für den Musiker. Am Niederrhein ist er häufig - und findet ein begeistertes Publikum.

 Gregor Meyle vor seinem Auftritt in der ausverkauften Kufa: ein durch und durch geerdeter Typ. Von einer Erkältung lässt er sich nicht ausbremsen: „Ich habe heute Lust, zu spielen“, sagt er.

Gregor Meyle vor seinem Auftritt in der ausverkauften Kufa: ein durch und durch geerdeter Typ. Von einer Erkältung lässt er sich nicht ausbremsen: „Ich habe heute Lust, zu spielen“, sagt er.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Vor einer seit Wochen ausverkauften Kulturfabrik spielte am Donnerstag der Musiker Gregor Meyle und begeisterte seine Fans. Die Zugabe, bei der sich alle Musiker in den Saal mitten unter die Zuhörer begaben und ohne Verstärkung „Dann bin ich zuhaus“ darboten, war etwas Besonderes. Obwohl die Musik durchgehend sehr ruhig ist, gingen die Besucher begeistert mit, sangen und tanzten. Vor dem Konzert trafen wir Meyle zum Gespräch.

Sie sind heute nicht zum ersten Mal in Krefeld, nächsten Sommer kommen Sie nach Kempen. Haben Sie eine besondere Affinität zum Niederrhein?

Gregor Meyle Nein, wir spielen überall, wo Leute kommen. Da gibt es eigentlich keine Ausnahmen. Aber hier ist es dicht besiedelt, die Leute haben Bock auf Kultur und es gibt tolle Locations. In Mönchengladbach, glaube ich, waren wir auf einem Schloss, das war toll. Gerade im Sommer ist hier viel Schönes.

Karten für Ihre Konzerte gehen rasend schnell weg. Was denken Sie, wenn Sie das hören?

Meyle Es gibt vor allem Sicherheit. Wir haben 18 Leute auf Tour, davon leben 20 Familien. Wir spielen 60, 65 Konzerte im Jahr, und es ist eine schöne Sache, dass wir in Locations spielen, die so um die 2000 Leute haben. Die Preise sind so, dass auch eine Familie hingehen kann. Gestern war ich bei Paul McCartney. Das war toll, aber für Familien zu teuer.

Gibt es Städte oder Locations, auf die Sie sich besonders freuen?

Meyle Es gibt Festivals, wo man weiß, dass das Team dahinter sehr bemüht ist. Aber um die Städte anzuschauen, haben wir die Zeit meist nicht. Bei der Location ist wichtig, dass die Leute nah dran sind. Manchmal geht das nicht, und das ist doof. Wenn wir im Sommer open air spielen, es ist tolles Wetter, der Veranstalter ist happy – das sind tolle Events. Schön ist auch, wenn kein ICE vorbei fährt, Hubschrauber landen oder Nachbarn um 21.30 Uhr die Polizei rufen. (lacht)

Merken Sie denn Unterschiede zwischen Städten, dass das Publikum unterschiedlich ist?

Meyle Das ist marginal. In Süddeutschland braucht das Publikum in der Regel etwas länger. Aber ich bin ja selbst Schwabe. Dadurch finde ich da dann doch einen guten Zugang. Wichtiger ist: Steht oder sitzt das Publikum, ist es nah dran oder weit weg. Die Location macht viel aus. Stehtische sind ein Konzertkiller. Oder hinten offene Hallen, wo ständig Leute raus rennen.

Sie sind gerade gesundheitlich angeschlagen. Man ist nicht jeden Tag gleich gut drauf. Wie schwer ist es, immer die gleiche Show zu liefern?

Meyle Ich möchte eigentlich gar nicht die gleiche Show liefern. Du musst Dich mit dem abfinden, was an dem Tag los ist. Das hat mit Sound, Leuten und allem zu tun. Es kann alles perfekt sein und nicht gut laufen und umgekehrt. Aber wenn ich gesund bin, ist es immer ein geiles Konzert. Auch heute habe ich Lust zu spielen, trotz Virus. Ich kann mich gut fallen lassen und will den Leuten immer einen schönen Abend bereiten.

Sie waren anfangs bei Stefan Raab, hatten große Öffentlichkeit, dann wurde es weniger. Mit „Sing meinen Song“ kam der Durchbruch. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Meyle Das ging sehr schnell. Wir haben nach Raab im Frühjahr vor 700 Leuten gespielt, im Herbst waren es 50. Die Zeit war trotzdem toll. Ich habe zwölf Jahre einen anderen Job gemacht und dann gesagt: Ich will schauen, von der Musik zu leben. Ich habe in einer kleinen WG gelebt, aber jeder Tag, an dem ich von Musik leben konnte, war toll. Es war ein gelebter Traum. Gerade das Spielen in kleinen Kulturvereinen war besonders. Da konnte ich mich entwickeln. Ich weiß zu schätzen, was die Fans auf sich nehmen, Wege, Kosten...

Gibt es etwas, was Sie mit Ihren Texten bewirken wollen?

Meyle Nein. Du kannst Dir überlegt haben, was Du willst, aber Kunst lebt davon, dass Menschen interpretieren. Jeder versteht etwas ganz anderes, als ich meine. Was sich teilt, ist nur die Energie. Deshalb sind Live-Konzerte so besonders. Es ist nicht anonym. Deutschland ist das drittgrößte Konzertland der Welt vom Umsatz. Das weiß kaum jemand. Hier zu spielen ist eine tolle Sache. Wir sind glücklich, dass wir das können.

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