Gewaltprävention Mit Giraffensprache gegen Gewalt

Bockum · Giraffen mit dem größten Herzen aller Landtiere stehen Pate für die „Giraffensprache“, die nun in der Grotenburgschule gelehrt wird. Dabei lernen die Kinder, gewaltfrei und auf einer positiven Grundebene zu kommunizieren.

 An der Grotenburgschule lernen die Kinder unter anderem mit Handpuppen Giraffensprache. Lina, Emily, Nadine Langemeyer und Maya (v.l.) zeigen Giraffe und Wolf.

An der Grotenburgschule lernen die Kinder unter anderem mit Handpuppen Giraffensprache. Lina, Emily, Nadine Langemeyer und Maya (v.l.) zeigen Giraffe und Wolf.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Kinder der Grotenburgschule lernen seit diesem Schuljahr eine besondere Methode, Konflikte zu lösen oder im Idealfall gleich zu vermeiden: Die Giraffensprache. „Giraffen müssen das Blut sehr hoch pumpen. Darum haben sie von allen Landtieren das größte Herz“, erklärt Mediatorin Nadine Langemeyer den Begriff. Die Krefelderin ist in eben dieser Funktion und als Kommunikationscoach selbstständig und arbeitet mit der Grundschule zusammen. Die Giraffensprache soll dabei eine Sprache des Herzens sein.

In anderen Kreisen wird sie auch als „gewaltfreie Kommunikation“ bezeichnet. Der Grundsatz beruht dabei darauf, nicht konfrontativ, sondern einfühlsam vorzugehen. „Wichtig ist, sich dem Gegenüber zu erklären. Darum beruht die Giraffensprache auf vier Stufen. Zunächst beschreibe ich einen Zustand. Dann sage ich, was das gefühlsmäßig in mir auslöst. Es folgt mein Wunsch oder meine Hoffnung und im letzten Schritt eine konkrete Bitte“, erläutert Langemeyer.

Was sich auf den ersten Blick sehr theoretisch anhört, ist in vielen Bereichen heute Standard in der Kommunikation. Gerade speziell geschulte Personen wie Seelsorger oder Kommunikationscoaches wenden dieses Mittel an, um Konflikte zu vermeiden. Die Grotenburgschule möchte dies nun fest in den Lehrplan aufnehmen. „Wir haben in diesem Schuljahr damit angefangen. Es soll einen besseren Umgang miteinander und ein Lösungstool für Konflikte in der Schule und außerhalb an die Hand geben“, erklärt Schulleiterin Katja Vennemann. „Die Schülerinnen und Schüler sind begeistert und saugen es förmlich auf. Sie mögen diese Art zu kommunizieren.“

In der Schule wird das Konzept kindgerecht mit Handpuppen vermittelt. Die Giraffe spricht dabei die Giraffensprache. Ihr Widerpart ist ein Wolf. „Der ist nicht eigentlich böse, aber er kennt die Giraffensprache nicht, darum wirkt das, was er tut und sagt, böse. Das verstehen Kinder sehr schnell“, erzählt Langemeyer. „Als ich die erste Stunde in einer ersten Klasse hatte, haben die Kinder am Ende der Stunde geklatscht und ‚Zugabe’ gerufen. Das war sehr schön“, fährt sie fort. Tatsächlich zeige das Modell auch bereits erste Früchte. „Auf dem Schulhof kommt es tatsächlich vor, dass sich zwei Kinder streiten, ein drittes hinzukommt und ,Hey, Giraffensprache’ hinüber ruft. Und schon läuft die Kommunikation anders“, sagt Vennemann.

Dabei hat die Sprache auch direkte Auswirkungen auf das Sozialverhalten. „Untersuchungen zeigen, dass sie bestimmte Nervenzellen, genannt Spiegelneuronen, aktiviert. Diese steuern die Empathie. Menschen werden also darin geschult, empathisch zu sein. Das lässt sich physiologisch zeigen“, sagt Langemeyer. Das hat auf andere Lebensbereiche Auswirkungen. „Kinder lernen, ihre Gefühle viel besser zu benennen. Anfangs sagen sie oft ‚das fühlt sich doof an’ oder ähnliches. Später wir die Sprache präziser. Sie können also nicht nur andere und deren Gefühle, sondern auch sich selbst besser verstehen“, sagt die Expertin.

Damit das Konzept greift, soll es auf möglichst breite Füße gestellt werden. „Wir haben zu Beginn einen Elternabend gemacht und den Eltern vermittelt, was wir vorhaben. Die Reaktionen waren hier sehr gut, und viele Eltern wollen es auch zu Hause umsetzen. Dann wurden die Lehrer geschult und jetzt eben die Kinder“, erläutert Vennemann. Die Wirksamkeit der Methode ist bewiesen. Es gibt groß angelegte Untersuchungen, die belegen, dass gewaltfreie Kommunikation funktioniert.

Die Kinder sollen nun von jungen Jahren an geschult werden und diese Art der Kommunikation, die ursprünglich von Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde, so als selbstverständlich erfahren. Rosenbergs gewaltfreie Kommunikation entstand durch die Auseinandersetzung mit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den frühen 1960er Jahren.

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