Was wurde aus...? Felix schwerstes Abenteuer

Krefeld · Felix Odendahl war 2018 das Gesicht des Down-Sportlerfestivals. Seitdem ist viel im Leben des inzwischen 17-Jährigen passiert.

 Familie Odendahl heute. Nach einer schweren Belastungsprobe können Felix, seine Eltern und Schwester Hannah wieder lachen.

Familie Odendahl heute. Nach einer schweren Belastungsprobe können Felix, seine Eltern und Schwester Hannah wieder lachen.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Ein Leben voller Abenteuer führen nicht nur Weltenbummler, Extremsportler oder Dschungel-Camper. Auch Felix Odendahl hat in seinen 17 Jahren schon viele Abenteuer erlebt. Und genau wie im Dschungel-Camp sind nicht alle Herausforderungen angenehm. Felix und seine Familie haben sie trotzdem gemeistert.

Der Junge mit dem verschmitzten Lächeln ist mit dem Down-Syndrom zur Welt gekommen. Viele werden sein Gesicht von den Plakaten zum bundesweiten Down-Sportlerfestival 2018 kennen (wir berichteten). Und nicht wenige dürften erstaunt gewesen sein, was Felix trotz seines Handicaps alles kann. Er schwimmt, fährt Rad, spielt Eishockey und läuft auf Inlinern durch Hüls. Mit dem Bus ist er regelmäßig allein zu seiner Praktikumsstelle in die Innenstadt gefahren. Vor allem Mutter Claudia hat ihren Sohn mit viel Zeit und noch mehr Geduld fit fürs Leben gemacht.

 Dieses Plakat warb für das bundesweite Down-Sportlerfestival. Es zeigt den damals 16-jährigen Felix Odendahl.

Dieses Plakat warb für das bundesweite Down-Sportlerfestival. Es zeigt den damals 16-jährigen Felix Odendahl.

Foto: Hexal

Ein Jahr nach dem Sportlerfestival ist Felix gezeichnet von seinem jüngsten Abenteuer. Sein Lächeln ist schüchtern, sein Blick traurig. Der schwere Schlaganfall der Großmutter hat ihn aus der Bahn geworfen, hat das Leben der Odendahls ordentlich durcheinander gerüttelt und Mutter Claudia an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gebracht.

„Es war hart. Felix ist hoch sensibel, hat all unser Leid und die Verzweiflung gespürt, konnte die Situation aber nicht richtig einschätzen. Er hat gemeint, es wäre seine Schuld gewesen“, erklärt Claudia Odendahl. Felix ist plötzlich ein anderer. Wie die Großmutter durch den Schlaganfall „verlernt“ auch er das Sprechen, kann nicht mehr Radfahren, rennen oder mit dem Bus fahren. Aus dem fröhlichen Felix wird ein wütender Teenager, der seine Aggressionen an der Zimmereinrichtung auslässt und sich sogar selbst verletzt. „Er wollte auch ins Krankenhaus. Wie die Oma“, weiß die Mutter heute und gibt zu, dass sie damals  mit der Situation zunehmend überfordert war. „Ich musste den Kontakt zu meinen Eltern einschränken, um Ruhe in unser Leben zu bekommen und Felix zu schützen. Er braucht feste Strukturen, sonst klappt der Alltag nicht. Das haben leider nicht alle in der Verwandtschaft verstanden.“

Die Familie holt sich Hilfe, bei Therapeuten und entsprechenden Einrichtungen. „Uns wurde geraten, Felix für eine Zeit aus der Familie zu nehmen, damit sich alle erholen können. Das habe ich aber nicht übers Herz gebracht. Ich kann mich doch nicht von meinem Kind trennen“, sagt Claudia Odendahl bestimmt.

Sie fängt an, Fachbücher zu wälzen, und stößt dabei auf das Buch „Herausforderndes Verhalten vermeiden“ von Bo Hejlskov Elvén. Darin findet die Hülserin viele hilfreiche Anregungen, die Felix und seiner Familie helfen, das emotionale Loch, in das sie gefallen sind, wieder zu verlassen. In ganz kleinen Schritten kämpfen sich die Odendahls vorwärts, sind bis heute nicht wieder dort angelangt, wo sie vor dem Schlaganfall der Oma waren. Aber es wird besser, Stück für Stück.

Felix ist wieder entspannter, geht seinen Hobbys nach, hat die zehnte Klasse an der Gesamtschule Hüls beendet und wechselt nach den Ferien an eine Berufsschule mit Förderangebot in Oppum. Besonders gern unternimmt er Ausflüge mit seiner Schwester Hannah. Die 13-Jährige hat ein erfolgreiches Jahr hinter sich. Stolz erzählt sie von ihren sportlichen Erfolgen. Die Vize-NRW-Meisterin über 800 Meter ist in ihrer Altersklasse die siebtbeste Läuferin bundesweit. Durch den Wechsel zur Bayer Leichtathletik-Abteilung vor gut  einem Jahr  konnte sie  ihre Leistungen deutlich verbessern. Auch beim Springreiten hat die sportliche 13-Jährige überraschen einen Pokal gewonnen.  „Ich bin auf einem Schulpferd angetreten und habe eigentlich nur aus Spaß mitgemacht. Dass ich dann Vereinsmeisterin wurde, hat mich echt überrascht“, erzählt Hannah lachend.

Ab September wird sie ihren Bruder wieder regelmäßig aufs Eis begleiten. Eishockey ist noch immer Felix Leidenschaft. „Er ist super schnell und kann das richtig gut. Aber er ist auch gut im Trampolin springen“, sagt Hannah, und man sieht, wie stolz sie auf ihren Bruder ist – besonders jetzt, wo er sein jüngstes Abenteuer überstanden hat und wieder der Felix ist, der für seine kleine Schwester fast alles tut. Hannah weiß das und sagt: „Man kann so viel mit ihm unternehmen. Ich bin so froh, das ich ihn hab.“

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