Vortrag über Homosexualität Der Ruf nach Akzeptanz

Thomas Tillmann ist Lehrer am Fabritianum und bekennender Homosexueller. Bei einem Vortrag in der Villa Merländer im Rahmen der Reihe Montagsimpulse berichtete er, was ihn bewogen hat, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen.

 „Dann sind blitzschnell auch andere Gruppen dran“:Thomas Tillmann in der Villa Merländer; er warnt vor einem Milieu der Diskriminierung.

„Dann sind blitzschnell auch andere Gruppen dran“:Thomas Tillmann in der Villa Merländer; er warnt vor einem Milieu der Diskriminierung.

Foto: Mark Mocnik

Ausgrenzung sexuell anders orientierter Menschen ist unvermindert ein Problem in der Gesellschaft. ‚Schwul‘ beispielsweise ist auch heute noch ein Schimpfwort, das eher mit Impressionen wie „abstoßend“, „schwach“ oder „falsch“ konnotiert ist. Ähnliches gilt für andere Begriffe, die abweichende sexuelle Orientierung oder andere Geschlechter als ‚Mann oder Frau‘ beschreiben. Das sagte Thomas Tillmann, Lehrer des Gymnasium Fabritianum, bei seinem Vortrag „Schlampe! Transe! Schwule Sau! Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung“, mit dem er die Reihe „Montagsimpulse“, die in den kommenden Wochen in der Villa Meerländer stattfindet, eröffnete.

Der Lehrer, der vor rund einem Jahr auch eine Fortbildung zum Sexualpädagogen abschloss, tritt seit längerer Zeit für die Rechte von sexuell oder geschlechtlich anders orientieren Menschen ein. So forderte er eine Ergänzung des Paragraphs3 des Grundgesetzes. „Das Grundgesetz ist eine Lehre aus der Nazi-Zeit. Damals aber wurden auch Homosexuelle verfolgt. Damit ist es nur schlüssig, dass wir hier endlich nachziehen und den Artikel drei, der Diskriminierung verschiedener Gruppen verbietet, auch um den den Passus „oder seiner sexuellen Orientierung“ erweitern“, forderte er. Das habe Rockstar Udo Lindenberg in seinem Lied „Wir zieh‘n in den Frieden“ bereits umgesetzt. „Da rezitiert am Anfang ein Junge den Artikel drei, erweitert um diesen Passus und es klingt ganz natürlich“, befand er.

Insgesamt bewege sich die Gesellschaft in vieler Hinsicht in eine gute Richtung, was Gleichberechtigung angehe, problematisch sei aber eine stets vorhandene Bevorzugung von Heterosexualität. Diese treibe gefährliche Blüten. Eine solche habe ihn einst selbst zu seinem Outing getrieben. „Um die Jahrtausendwende hätte ich mir nicht vorstellen können, mich in der Schule als schwul zu outen. Aber dann hörte ich, dass ein Schüler, der dies tat, von Anderen, auch Lehrern, gesagt bekam, da könne man etwas tun. Das war dann der Punkt, an dem ich nicht mehr schweigen konnte“, erinnerte er sich.

Die Sprache macht er dabei als ganz wichtigen Punkt aus. Ganz entscheidend sei, dass besonders Lehrer eine null-Toleranz-Politik gegenüber abwertender Sprache führen. „Wenn ein Lehrer eine homophobe Äußerung akzeptiert oder sogar über einen homophoben Witz lacht, dann signalisiert er oder sie damit, dass Ausgrenzung okay sei. Dann sind blitzschnell auch andere Gruppen dran“, befand Tillmann. Dem müsse unbedingt entgegengewirkt werden.

Krefeld sei generell recht tolerant und weltoffen, urteilt Tillmann, „aber wir haben es auch im Roze-Zaterdag-Jahr nicht geschafft, es wirklich in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Dass LGBT-Menschen feiern ist schön, aber die Akzeptanz in der Gesellschaft ist noch nicht da“, sagte er. Er hoffe, dass das beim ersten Christopher Street Day in Krefeld, der im Juni stattfinden wird, besser gelinge.

Allerdings müsse sich auch auf großer politischer Ebene noch einiges ändern. „So lange die Vorsitzende der CDU sich homophob auf Karnevalsveranstaltungen äußert, um sich bei bestimmten Wählergruppen anzubiedern und ein paar Stimmen einzusammeln, sind wir noch nicht am Ziel“, spielte er auf den Karnevalsauftritt von Annegret Kramp-Karrenbauer an, in dem sie sich unter anderem über gendergerechte Toiletten echauffierte.

 Lehrer Thomas Tillmann mit Schülern des Fabritianum bei einer Gesprächsrunde zum Thema Homosexualität.

Lehrer Thomas Tillmann mit Schülern des Fabritianum bei einer Gesprächsrunde zum Thema Homosexualität.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Für Männer sei es stets wichtig, männlich und stark herüberzukommen. „Schwul zu sein wird als Abweichung davon wahrgenommen. Damit werden Schwule gesellschaftlich immer noch negativ angesehen“, sagte er. In der auf seinen Vortrag folgenden Diskussion erntete er viel Zustimmung,  und die Besucher stellten fest, dass neben positiven auch negative Entwicklungen in sozialen Netzwerken zu beobachten seien. „Hier wird alles zu Tode differenziert und übrig bleibt nur Hass“, sagte eine Zuhörerin. Dem, da waren sich alle einig, müsse unbedingt entgegengewirkt werden.

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