Türkische Kangals Entsetzen über Hundehaltung in Krefelder Hinterhof

Krefeld · Anwohner im Krefelder Westbezirk sind schockiert: Sie kämpfen gegen die aus ihrer Sicht nicht artgerechte Haltung türkischer Herdenschutzhunde in einem Hinterhof. Nachbarn wiesen mehrfach auf die miserablen Lebensbedingungen der Kangals hin. Derzeit prüft das Ordnungsamt, ob Handlungsbedarf besteht.

 Die türkischen Herdenschutzhunde werden, so der Vorwurf, nicht artgerecht gehalten.

Die türkischen Herdenschutzhunde werden, so der Vorwurf, nicht artgerecht gehalten.

Foto: Zoe Draeger

In knapp zwei Wochen läuft die Antwortfrist für den beschuldigten Tierhalter ab, der sich über seinen Anwalt zu den Vorwürfen äußern kann. Die Nachbarn erwarten die Entscheidung der Behörde mit Spannung.

Zoe Draeger ist eine betroffene Anwohnerin. Auf ihrer Facebook-Seite schildert sie am 20. März erstmals ihre Eindrücke. Mit ihrem Mann war sie damals gerade umgezogen und schaut nun von ihrem Balkon auf den Hinterhof, in dem sich die Kangals zeitweise aufhalten. Was sie sieht, schockiert die Krefelderin, die selbst einen Hund besitzt. "Wir haben bereits zweimal die Polizei gerufen, weil wir lautes Gebrüll und Hundejaulen aus dem Haus gehört haben. Mitten in der Nacht wird man davon geweckt, wie der offensichtlich verwirrte Mann rumbrüllt und seine Hunde schlägt", berichtet Draeger.

 Nachbarn haben das Ordnungsamt mehrfach auf die miserablen Lebensbedingungen der Kangals hingewiesen.

Nachbarn haben das Ordnungsamt mehrfach auf die miserablen Lebensbedingungen der Kangals hingewiesen.

Foto: Draeger

Und sagt weiter: "Man sieht den Mann mit seinen Hunden nie draußen beim Gassi gehen. Auch im Hinterhof sind die Kangals selten. Ihr Besitzer geht ebenfalls nicht vor die Tür und lässt sich alles, was er braucht, von seiner Familie ins Haus liefern - auch Wasserkanister. Wahrscheinlich hat er noch nicht mal fließendes Wasser", vermutet die Nachbarin, der das ständige Bellen und Jaulen der Tiere an die Nerven geht. "Selbst nachts, bei geschlossener Balkontür, hören wir die Hunde. An Schlaf ist dabei nicht zu denken."

Das Schlimmste aber sei, dass man nichts ändern könne. Alle Versuche seien bisher an den gesetzlichen Vorgaben gescheitert. So auch eine Strafanzeige, die von der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt wird. Da es keine Anzeichen für Verwahrlosung oder Misshandlung der Hunde gebe, sei auch keine Gefahr im Verzug, so das Urteil der Juristen.

Anfang Mai spricht der WDR in seinem Beitrag von einem "Krefelder Hundeleben hinter Mauern". Die Stadt prüft daraufhin die Situation vor Ort. Dazu Stadtsprecher Manuel Kölker: "Zur Gefahrerforschung soll eine 'tierschutzrechtliche Überprüfung der Tierhaltung' durchgeführt werden. Der Tierhalter wird hierzu über seinen Rechtsanwalt schriftlich angehört. Die Antwortfrist läuft noch zwei Wochen."

Sollte der Tierhalter eine Überprüfung nicht zulassen wollen, werde sie eventuell "im Wege der Ordnungsverfügung anzuordnen und mit Mitteln des Verwaltungszwanges" durchzusetzen sein. Kölker: "Auf Grundlage des Ergebnisses der Überprüfung wird dann über die Notwendigkeit von Gefahrenabwehrmaßnahmen zu entscheiden sein." Allerdings seien die vom Gesetzgeber, aber auch vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung gestellten Ansprüche an die Voraussetzungen, die vorliegen müssen, um ein solches Verbot zu erlassen, sehr hoch. Auch die Gründe, die zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Krefeld geführt hätten, seien zu berücksichtigen.

Krefelds Tierschützer, die auch das Tierschutzzentrum am Flünnertzdyk betreiben, kennen Hunde und Halter. Regelmäßig landen die Kangals wegen den schlechten Haltungsbedingungen im Tierheim, werden dort entwurmt, geimpft und aufgepäppelt und müssen dann aus rechtlichen Gründen an ihren Besitzer zurückgegeben werden. Dazu Dietmar Beckmann, Sprecher des Tierschutzvereins: "Für uns sind solche Situationen immer sehr unbefriedigend. Aber wir sind da machtlos."

Zoe Draeger und ihr Mann halten das permanente Bellen, Winseln und Jaulen der Kangals nicht länger aus. Sie haben ihre "eigentlich sehr schöne Wohnung" bereits wieder gekündigt und ziehen Mitte Juni aus.

(RP)
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