Offenbar Verbindungen zum „Mordfall ohne Leiche“ Eingemauerte Frauenleiche in Krefelder Keller entdeckt
Krefeld · Es gibt Verbindungen zu dem „Mordfall ohne Leiche“, in dem ein Krefelder dafür verurteilt worden war, die 35-jährige Anna S. ermordet zu haben. Die Polizei untersucht, ob es sich bei der nun entdeckten Leiche um Anna S. handelt.
In einem Keller in Krefeld ist eine eingemauerte Frauenleiche entdeckt worden. Das haben Ermittlerkreise am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigt. Offenbar sehen sie eine Verbindung ins Ruhrgebiet, denn die Polizei in Gelsenkirchen und die Staatsanwaltschaft in Essen übernahmen die Ermittlungen. Die Leiche sei noch nicht identifiziert worden, hieß es dort. Zur Vermutung, es könne sich um die sterblichen Überreste der ermordeten Anna S. aus Gelsenkirchen handeln, wollten sich die Ermittler am Montag nicht äußern.
Der Keller war aber offenbar für einen Mann zugänglich, der bereits wegen Mordes zur Höchststrafe verurteilt ist. Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil gegen den seinerzeit 47-Jährigen im vergangenen September bestätigt. Er hatte nach Überzeugung der Richter seine Ex-Freundin umgebracht, deren Leiche bis heute nicht gefunden wurde. Dafür war er zu lebenslanger Haft mit besondere Schwere der Schuld und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden.
Die 35-jährige Gelsenkirchenerin war im Juni 2019 verschwunden. Das Letzte, was man von ihr weiß, ist, dass sie mit dem Angeklagten in dessen Krefelder Wohnung gefahren ist. Bilder und Fotos, die später auf dem Computer des 47-jährigen Deutschen gefunden wurden, zeigen ihre Leiche auf dem Boden seiner Wohnung. Über den Kopf ist eine am Hals zugebundene Plastiktüte gezogen worden. Auch wenn die Leiche nicht auffindbar war, waren die Indizienbeweise erdrückend: Das Essener Schwurgericht verurteilte den Krefelder im Dezember 2020 zu lebenslanger Haft wegen Mordes. Außerdem stellten die Richter eine besondere Schwere der Schuld fest und ordneten die Sicherungsverwahrung an. Der Mann war bereits 1999 zu elf Jahren Haft verurteilt worden, weil er schon damals eine Frau mit über 100 Messerstichen getötet hatte.
Zuletzt hatten sich die Ermittler in Krefeld im August 2020 im Stadtteil Linn umgeschaut. In einer Halle der Entsorgungsgesellschaft Niederrhein (EGN) sollen Müllberge nach Kleidungsstücken, Rucksack und anderen Besitztümern des Opfers durchsucht worden sein. Auch Leichenspürhunde sollen zum Einsatz gekommen sein.
Die Frau und der Krefelder sollen sich über ein Internetportal kennengelernt haben. Nach der offiziellen Trennung im Sommer 2018 soll es weiterhin Begegnungen und auch einvernehmliche sexuelle Kontakte gegeben haben. Da die Frau eine feste Beziehung zum Angeklagten aber abgelehnt habe, soll es zu regelmäßigen Streitigkeiten gekommen sein.
Bereits im September 2018 war die Lage eskaliert. Da hatte der Krefelder die Wohnung des späteren Opfers in Gelsenkirchen in Brand gesteckt. Aus Sicht der Anklage hatte er damit größeren Einfluss auf die Frau gewinnen und ihr vor Augen führen wollen, dass er ihr Leben jederzeit zerstören könne. Der Brand war von Nachbarn entdeckt worden und konnte von der Feuerwehr gelöscht werden.
Um den Verdacht von sich abzulenken, soll der 47-Jährige danach einen anonymen Brief an die Polizei geschickt haben, in dem er die Frau der Brandstiftung in der eigenen Wohnung bezichtigte. In einem anderen Fall habe er seiner Freundin mit einem gefälschten Scheck imponieren wollen. Der Beleg einer Düsseldorfer Privatbank soll über einen Betrag in Höhe von 754.000 Euro ausgestellt gewesen sein.
Laut Urteil hat der Angeklagte alles versucht, um die Frau durch immer neue Lügenkonstrukte finanziell und emotional an sich zu binden. Dabei habe er sogar den Tod der eigenen Eltern vorgetäuscht und eine reiche Erbtante erfunden. Die Versuche seien jedoch erfolglos geblieben, die Lügen aufgedeckt worden.
Über das Opfer weiß man, dass sich die Frau mehrfach vom Angeklagten habe trennen wollen – geschafft hatte sie es offenbar nicht. Angehörige sollen sie vor einer Beziehung mit ihm gewarnt haben, einen möglichen Suizid der Frau hatte die Familie nach dem Verschwinden der 35-Jährigen ausgeschlossen. Sie war am Tag ihres Verschwindens mit ihrer Zwillingsschwester zum Grillen verabredet, außerdem hatte man ihre beiden Hunde allein in der Wohnung aufgefunden. Nach den Ermittlungen der Essener Staatsanwaltschaft hatte der Mann die Frau in seine Wohnung in Krefeld gelockt, um sie dort zu fesseln und zu töten.
Den Ermittlungsbeamten war zwischenzeitlich vorgeworfen worden, sich mit der Spurensuche nach dem Verschwinden von Anna S. viel Zeit gelassen zu haben. Erst vier Monate nach dem Verschwinden der 35-Jährigen aus Gelsenkirchen sei das Auto des Angeklagten, das sowohl bei der Brandstiftung als auch bei dem ihm vorgeworfenen Mord eine Rolle gespielt haben könnte, in Krefeld entdeckt worden.
Die Richter des Essener Schwurgerichts, das den Mann zu lebenslanger Haft mit Sicherungsverwahrung verurteilten, beschrieben ihn „völlig empathielos“, er habe keinerlei Schuldbewusstsein. „Die Gefahr für jede Frau, die sich auf den Angeklagten einlässt, früher oder später getötet zu werden, liegt auf der Hand“, hieß es. Wenn der 47-Jährige gekränkt werde, handele er völlig egoistisch. „Für ihn ist es normal, dass er die Frauen, die sich von ihm trennen wollen, töten darf.“
Der Mord sei „kühl“ geplant worden. Von persönlicher Verzweiflung könne keine Rede sein. Bei den Ermittlungen waren die Fahnder auf Internet-Recherchen gestoßen, die nahelegen, dass der Angeklagte sich unter anderem mit den Themen Ersticken und Leichengeruch beschäftigt hat.
Der Angeklagte ist bereits 1999 zu elf Jahren Haft verurteilt worden, weil er eine Ex-Freundin mit über 100 Messerstichen getötet hat. Im Zusammenhang mit dem Tod einer weiteren Ex-Partnerin ist er dagegen nicht verurteilt worden.
Der 47-Jährige hatte sich im Prozess nicht zu den Vorwürfen geäußert. Seine Verteidiger hatten Freispruch aus Mangel an Beweisen gefordert.
(Mit Material von dpa.)