Freizeit in Krefeld Ein herbstlicher Spaziergang zwischen Oppum und Linn

Krefeld · Einer der schönsten Spazierwege Krefelds führt durch den Schönwasser- und Greiffenhorstpark – an der Strecke gibt es viel zu entdecken.

 Das Haus Schönwasser wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert als Herrenhaus für einen Tabakfabrikanten erbaut. Heute beherbergt es ein Studienseminar zur Lehrerausbildung.

Das Haus Schönwasser wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert als Herrenhaus für einen Tabakfabrikanten erbaut. Heute beherbergt es ein Studienseminar zur Lehrerausbildung.

Foto: Stadt Krefeld

(RP) Römer, Ritter und der Alt-Rhein – entlang einer Wanderstrecke von Oppum nach Linn gibt es links und rechts einiges für Groß und Klein zu entdecken. Die gut zwölf Kilometer lange Tour beginnt und endet an Haus Schönwasser, das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert als Herrenhaus für einen Tabakfabrikanten erbaut wurde. Heute beherbergt es ein Studienseminar zur Lehrerausbildung. Die Parkanlage gehört zum Krefelder Grüngürtel, den Oberbürgermeister Dr. Johannes Johansen (1870-1945) in den 1920er-Jahren anlegen ließ. Entlang eines durch die Stadt verlaufenden Altrheinarms wurden vorhandene Grünanlagen verbunden und so ein zusammenhängendes, innerstädtisches Naherholungsgebiet geschaffen. Eine Gedenktafel in der Mauer am Seeufer von Haus Schönwasser erinnert an ihn. Seine Urne wurde übrigens an einer anonymen Stelle in diesem Park beigesetzt.

 Der Schönwasserpark bietet dem Wanderer schöne Blickachsen. Die markanten Sumpfzypressen, Trauerweiden und Koniferengruppen spiegeln sich im See.

Der Schönwasserpark bietet dem Wanderer schöne Blickachsen. Die markanten Sumpfzypressen, Trauerweiden und Koniferengruppen spiegeln sich im See.

Foto: Stadt Krefeld

Der Schönwasserpark bietet dem Wanderer schöne Blickachsen. Die markanten Sumpfzypressen, Trauerweiden und Koniferengruppen spiegeln sich im See. Bevor es Richtung Linn geht, empfiehlt sich noch eine kleine Runde durch den an Haus Schönwasser angrenzenden Botanischen Garten. Über 5.000 Pflanzenarten aus aller Welt wachsen dort, auch im Herbst lohnt sich dieser Exkurs. Durch den beschaulichen Park führt der Weg bis zur Glindholzstraße, wo der Park über die Gleise der Straßenbahn „springt“ und sich bis Linn fortsetzt. An der Autobahnbrücke endet die Grünanlage. Heute müssen Wanderer noch einen Umweg über die Straße Hausbend/Rheinbabenstraße machen, um in den Burgpark zu gelangen. Zurzeit laufen dort die Arbeiten an einem Abschnitt der Krefelder Rheinpromenade für Radfahrer und Fußgänger, der den Lückenschluss bilden wird und künftig eine direkte Anbindung beider Parks ermöglicht. Nach dem Queren der Ossumer Straße eröffnet sich der Blick auf die kurkölnische Burg Linn, eine der wenigen Burgen am Niederrhein, die man besichtigen kann.

Es lohnt sich, die Burg zweimal zu umrunden, einmal am äußeren, dann am inneren Burggraben – auf dem Weg liegt zudem der beliebte Burg-Spielplatz. Dieses Areal bildete im 14. Jahrhundert den Platz für gewaltiges Schauspiel: Auf der Burg hatte sich der Raubritter Heinrich von Strünkede verbarrikadiert. Rund um Linn überfiel er Kaufleute, erpresste Geld, Waren und Lebensmittel. Da von den Umtrieben Strünkedes nicht nur klevische, sondern auch kurkölnische Kaufleute betroffen waren, vereinbarten 1377 der Kölner Erzbischof und Kurfürst Friedrich von Saarwerden, Herzog Wenzel von Luxemburg, Brabant und Limburg, Herzog Wilhelm von Jülich und Geldern sowie die Städte Köln und Aachen mit dem Graf Adolf von Kleve-Mark, diesem Treiben ein Ende zu setzen und die Burg zu belagern. Der geplante Einsatz einer Streitmacht von 240 Reitern und 48 Schützen sowie dreier Belagerungstürme erweist die Stärke der Linner Burg. Wie die Sache ausgegangen ist, ist nicht eindeutig überliefert – vor einer Erstürmung sollen sich die Parteien friedlich geeinigt haben, andere Quellen verweisen auf klevisch-kurkölnische Eroberungsversuche. So oder so war der Raubritter-Spuk vorbei.

 Die kurkölnische Burg Linn ist eine der wenigen Burgen am Niederrhein, die man besichtigen kann.

Die kurkölnische Burg Linn ist eine der wenigen Burgen am Niederrhein, die man besichtigen kann.

Foto: Stadt Krefeld

In der Vorburg am Jagdschloss kann eine Rast eingelegt werden, einige Bänke an der Burgmauer sind überdacht und bieten auch bei schlechtem Wetter Schutz. Zweimal am Tag, um 11 und 16 Uhr, öffnen sich in der ersten Etage des Jagdschlosses zwei Lamellenblenden und geben den Blick auf das PorzellanGlockenspiel frei. Es befindet sich zwar erst seit den 1990er-Jahren dort, dennoch hat es eine bewegte Geschichte: In der Stadt war Paul Lenzen als Krefelder „Klockebaas“ bekannt. Im Dachstuhl seines Geschäftes an der Königstraße hatte er 1935 ein Spiel aus Bronzeglocken einbauen lassen. Während des Zweiten Weltkriegs, im Jahr 1942, wurden diese Bronzeglocken zum Einschmelzen demontiert. Nach dem Krieg besorgte sich Lenzen für den Wiederaufbau seines Geschäftes 24 Glocken aus Meißener Porzellan, die ihm nicht mehr zum Einschmelzen hätten abgenommen werden können. Doch zu einem Einbau kam es nicht. Nach dem Tod des „Klockebaas“ schenkten seine Schwestern dem Museum Burg Linn die Glockensammlung. Dort lagerten sie im Depot bis Mitte der 1980erJahre Rainer Scharl, damaliger zweiter Vorsitzender vom Verein der Museumsfreunde, auf die Kiste aufmerksam wurde. In den folgenden Jahren machte er das Glockenspiel in der Stadt bekannt. Aber erst in den 1990er-Jahren gelang es, einen Dresdener Musik-Professor zu gewinnen, der das komplizierte Abstimmen von Porzellan-Glocken beherrschte. Er arrangierte zwölf Melodien für die 18 Glocken, die noch heute im Wechsel der Jahreszeiten erklingen. Zudem können zu besonderen Anlässen die Europa-Hymne und für Brautpaare Hochzeitslieder gespielt werden.

 Zwölf Melodien für die 18 Glocken erklingen im Wechsel der Jahreszeiten. Zudem können zu besonderen Anlässen die Europa-Hymne und für Brautpaare Hochzeitslieder gespielt werden.

Zwölf Melodien für die 18 Glocken erklingen im Wechsel der Jahreszeiten. Zudem können zu besonderen Anlässen die Europa-Hymne und für Brautpaare Hochzeitslieder gespielt werden.

Foto: Stadt Krefeld

Weiter geht es durch das Burgtor, um dann gleich links auf dem rechten Weg zum Archäologischen Museum abzubiegen – ein kleiner Abstecher. Unter einem Vordach im Innenhof des Museums sind einige Funde aus dem römischen Kastell Gelduba (Krefeld-Gellep) ausgestellt, das als Welterbe „Niedergermanischer Limes“ eingetragen werden soll. Dort steht auch ein fast 2000 Jahre alter römischer Reliefblock, der vor 30 Jahren während einer Grabung als Fundament für einen Turm (um 306 bis 308) des spätantiken Kastells gefunden wurde – die Römer verarbeiten Baumaterialien gerne wieder. Der Stein mit Reliefs gehörte wohl einmal zu einem 7,5 bis elf Meter hohen Grabmonument aus dem frühen ersten Jahrhunderts nach Christus. Dargestellt ist unter anderem ein Mann mit einer Tunika und einer Toga bekleidet, welche ihn als römischen Bürger kennzeichnen. Römische Gräber befanden sich oft an Straßen, ob der Grabstein jedoch in Gellep stand, lässt sich nicht mehr aufklären.

Linn ist eine Stadtneugründung des 13. und 14. Jahrhunderts. Innerhalb eines einfachen Wall- und Grabensystems bauten die Linner ihre ersten Häuser aus Holz, das sie in der direkten Umgebung fällten. Um das Jahr 1366 begann der Bau der Stadtmauer, die bis heute in großen Teilen erhalten ist. Über den Andreasmarkt mit dem Deutschen Textilmuseum führt die Wanderung zum Margaretenplatz. Mittig stand einst eine Kirche, deren Fundamente zum Teil freigelegt worden sind. An die Kirche hatten die Linner auch eine Lateinschule angebaut, nur ein kleiner Raum. Eine Erklärtafel am Denkmal zeigt, wo sie sich genau befand. Wo sich heute eine neue Häuserzeile erstreckt, floss einmal der Mühlenbach durch den Ort. Das sumpfige Bachbett war wohl auch der Grund, weshalb der Kirchturm immer mehr absackte und schließlich in sich zusammenfiel. Ihre Steine wurden für den Bau der heutigen Kirche genutzt. Der Weg geht weiter durch die Gassen der Altstadt: links vom Platz, dann wieder links auf die Kirche zu, zwei Stufen hoch vorbei am Scheiffgenskreuz, das 1678 vom Linner Oberkellner (Verwalter) Heinrich Scheiffgen und seiner Frau gestiftet wurde, links an der Kirche vorbei zur Rheinbabenstraße, dann rechts aus dem Ort raus und wieder rechts entlang des äußeren Burggrabens zum Mühlenhof, einer ehemaligen kurfürstlichen Ross- und Wassermühle aus dem 18. Jahrhundert.

 Linn ist eine Stadtneugründung des 13. und 14. Jahrhunderts. Innerhalb eines einfachen Wall- und Grabensystems bauten die Linner ihre ersten Häuser aus Holz, das sie in der direkten Umgebung fällten.

Linn ist eine Stadtneugründung des 13. und 14. Jahrhunderts. Innerhalb eines einfachen Wall- und Grabensystems bauten die Linner ihre ersten Häuser aus Holz, das sie in der direkten Umgebung fällten.

Foto: Stadt Krefeld

Am Wasserrad führt der Weg nun in den Greiffenhorstpark, den der Gartenarchitekt Maximilian Friedrich Weyhes (1775-1846) entworfen hat – ebenso wie den Burgpark. Trotz der schwierigen Ausgangssituation eines langen und schmalen Grundstücks zwischen Linner Mühlenhof und Hausenhof, gelang es dem rheinischen Gartenkünstler für seinen Auftraggeber, den Krefelder Seidenhändler Cornelius de Greiff (1781-1863), um 1843 eine abwechslungsreiche Anlage englischer Landschaftsgartenkunst zu gestalten. Er formte den vorhandenen Linner Mühlenbach zu langgezogenen Weihern mit weich vor- und zurückschwingenden Uferlinien aus. Brücken unterbrechen diese langgezogenen Wasserflächen. Die Wanderung führt geradeaus in Richtung Haus Greiffenhorst weiter. Der Verlauf des Mühlenbachs bildete zur Zeit der Römer eine Grenze zwischen dem Bereich Xanten und Köln. Das war wohl auch ein Grund dafür, dass die Römer an dessen Mündung in den Rhein im Jahre 70/71 nach Christus ein Kastell errichteten. Die Bedeutung als Grenze blieb bis ins frühe Mittelalter erhalten. Und beim Bau des Hauses Greiffenhorst 1843 wurde zudem ein römisches Grab und Hinweise auf eine Besiedlung entdeckt. Das Areal mit dem angrenzenden Steinacker, dort wird AltLinn vermutet, liegt einige Meter höher und schützte so die Menschen vor Rheinhochwasser. Wer Haus Greiffenhorst für Cornelius de Greiff entworfen hat, die Frage ist wissenschaftlich umstritten: Einerseits gilt von Adolph von Vagedes (17771842) als Architekt, der unter anderem die vier Wälle in der Innenstadt konzeptionierte, andererseits wird auch der Architekt und preußische Baubeamter Otto Friedrich Wilhelm von Gloeden (1788-1840) genannt. Haus Greiffenhorst bietet heute Raum für Ausstellungen und Konzerte. Nebenan befindet sich ein kleiner Spielplatz. Dort ist nun der Wendepunkt der Wanderung.

 Wer Haus Greiffenhorst für Cornelius de Greiff entworfen hat, ist wissenschaftlich umstritten: Entweder war es Adolph von Vagedes oder der Architekt und preußische Baubeamte Otto Friedrich Wilhelm von Gloeden.

Wer Haus Greiffenhorst für Cornelius de Greiff entworfen hat, ist wissenschaftlich umstritten: Entweder war es Adolph von Vagedes oder der Architekt und preußische Baubeamte Otto Friedrich Wilhelm von Gloeden.

Foto: Stadt Krefeld

Über die Brücke geht es rechts den Elter Schützenweg nach Linn, am Burggraben links und der Straße folgend bis zum Eltweg, wo sich die Wanderstrecke links fortgesetzt. Mit etwas Glück erblickt man zwischen dem Burggraben und dem Eltweg linkerhand hinter den Hecken das älteste Gartenhäuschen (1715) der Stadt. Vorbei am 1930 gegründeten Krefelder Golf Club geradeaus erreicht man den Lohbruchgraben, eine Alt-Rheinrinne, ein Flora-Fauna-Habitat, ein europäisches Schutzgebiet für Natur und Landschaft, das zu Krefelds zweitgrößtem Naturschutzgebiet Latumer Bruch gehört.

Der letzte Abschnitt der Wanderung beginnt: Rechts führt der Weg an der Autobahn vorbei, dann wird es bald wieder ruhiger. An der Kurkölner Straße geht es zur Burg, eine kleiner Fußweg zweigt links zum äußeren Burggraben ab. An der Rheinbabenstraße angekommen, geht es zurück zum Haus Schönwasser, wo die Wanderung endet.

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