Natur in Krefeld Ein Baumlehrpfad für die Gartenstadt

Krefeld · Der Bürgerverein hat die ersten Informationstafeln aufgestellt, die auf Feld-Ahorn, Blutbuche und einen Taschentuch-Baum hinweisen.

Fotos: So sieht der Baumlehrpfad in Krefeld aus
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So sieht der Baumlehrpfad in Krefeld aus

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Foto: Esther Mai/Esther mai

Die Sonne lugt zwischen den Ästen hervor, das Laub vieler Bäume hat sich bereits bunt verfärbt. Es ist ein wunderbarer Herbsttag, bestens geeignet für einen schönen Spaziergang. Warum nicht mal in Gartenstadt, anstatt im Forst- oder Stadtwald? Denn zwischen den Straßenbahnhaltestellen Traarer Straße und Pappelstraße, entlang der Trasse in dem kleinen Park, macht die Gartenstadt ihrem Namen alle Ehre: hier wachsen die unterschiedlichsten Bäume. Nicht nur bekannte, heimatliche, sondern auch ein paar Exoten. Damit Spaziergänger, Jogger und Radfahrer nicht mehr achtlos an dem botanischen Kleinod vorbeieilen, hat der Bürgerverein nun Informationstafeln aufgestellt und begonnen einen Baumlehrpfad anzulegen.

„Man könnte mich mitten in einem fremden Wald aussetzen. Und trotzdem erkenne ich 90 Prozent der Bäume“, sagt Ute Stettien. Die ehemalige Leiterin der Schule Haus Rath hatte die Idee eines Baumlehrpfades auf dem Gelände des ehemaligen Passagierflughafens schon lange – nun stehen die ersten Schilder und weisen beispielsweise auf Feld-Ahorn, Blutbuche und einen Taschentuch-Baum hin. Stettien hat viel Zeit und Energie in die Informationstafel gesteckt, während der Recherche viele unterschiedliche Bücher gewälzt. „Ich habe mich schon immer viel mit dem Thema beschäftigt.“ Als Lehrerin hat sie oft Blätter von den unterschiedlichsten Bäumen mit in die Schule gebracht und von den Schülern bestimmen lassen. „Schon damals fand ich es wichtig, dass die Kinder ihre Umwelt kennen. Denn, was man kennt, achtet und schützt man“, sagt Stettin.

Aber nicht nur für Kinder ist der Baumlehrpfad interessant. „Auch viele Erwachsene bleiben vor den Schildern stehen“, erzählt Angelika Kempkens vom Bürgerverein Gartenstadt. Acht können derzeit schon bestaunt werden – zehn weitere sind in Arbeit. Aber damit soll noch lange nicht Schluss sein. Einmal um Gartenstadt herum, bis zur Autobahn, soll der Pfad irgendwann mal reichen. Und dass, ohne sich zu wiederholen. „Bei einem kleinen Spaziergang haben wir, ohne genau darauf zu achten, schon 30 unterschiedliche Baumarten gezählt. Und ich bin mir sicher, dass noch viel mehr zu entdecken sind“, sagt Stettien.

Warum jedoch so viele unterschiedliche Bäume in Gartenstadt gepflanzt wurden, anstatt wenige, heimische Sorten, das weiß niemand so recht. „Die Parkanlagen waren ja schon damals als Gärten angedacht und vielleicht haben sie deswegen auch exotischere Bäume ausgewählt“, sagt Wolf-Jürgen Kamieth vom Bürgerverein Gartenstadt. Angelegt wurden die Parks, nach der Stilllegung des Passagierflughafens, von einer Weseler Gartenbau-Firma. Sie hat sich bisher noch nicht zu den Plänen von damals geäußert. Fest steht nur: die Parkanlagen sollten ja immer schon großzügig und ein Garten für die Krefelder sein.

Einen Lieblingsbaum hat Ute Stettien nicht – sie mag alle ausgewählten Exemplare. Und kennt zu jedem nicht nur interessante Fakten, sondern auch eine schöne Geschichte. Deshalb überlegt sie, ob sie nicht einmal Führungen anbieten sollte. Vom alten, schon lange stehenden Feld-Ahorn bis hin zum filigranen Taschentuch-Baum.

  • 1. Stiel-Eiche Im antiken Griechenland war die Eiche dem Göttervater Zeus geweiht, bei den Römern dem Jupiter und bei den Germanen dem Donner- und Gewittergott Donar“, erzählt Ute Stettien. Das läge wahrscheinlich daran, dass die hochgewachsenen Eichen besonders oft vom Blitz getroffen werden. Bis zu 1200 Jahre kann eine Eiche alt werden und bis zu einer maximalen Höhe von 45 Metern wachsen. Ganz so alt und demzufolge auch noch nicht so hoch ist der Baum, der sich eng an die Straßenbahntrasse schmiegt. Fallen soll er in absehbarer Zeit nicht – aber das sehr harte Holz seiner Artgenossen wird unter anderem oft für den Schiffsbau, für Fässer, Möbel und Furniere genutzt.
  • 2. Taschentuchbaum, Taubenbaum  Im Herbst wirkt der Taschentauchbaum eher verloren und unscheinbar – dabei ist er eine echte Attraktion. Im Mai und Juni trägt er nämlich weiße Blüten, die mit ihrer Form an Taschentücher oder Taubenflügel erinnern. Mit diesen ungewöhnlichen Blüten ist er ein beliebtes Fotomotiv. Noch dazu ist der Baum in Mitteleuropa nur sehr selten zu finden, da er ursprünglich aus China stammt. Er ist also ein Exot, den man nicht unbedingt in einem Stadtteilpark erwarten würde.
  • 3. Baumhasel  Neugierig hält ein kleiner Junge die Frucht der Baumhasel seiner Mama entgegen. „Kann man das essen“, fragt er, während seine Mutter die Nase rümpft und ihm ein „nee!“ entgegenschleudert. „Leg die weg, die sind bestimmt giftig.“ Damit liegt die junge Frau jedoch komplett falsch. „Baum-Haselnüsse sind genauso wohlschmeckend wie gewöhnliche Haselnüsse, die am Strauch wachsen“, erklärt Experte Stettien. Ursprünglich kommt der Baum, der wohl so zwischen zehn und 15 Jahren alt ist, aus den Bergwäldern Südosteuropas und Kleinasien – und wird oft auch Türkische Hasel genannt.
  • 4. Feld-Ahorn  Weniger exotisch, aber dafür umso imposanter ist der Feld-Ahorn, der direkt neben der ehemaligen Gartenstadtschule steht. Seit Anfang der 60er Jahre wächst er immer weiter in Richtung Himmel. Und natürlich auch in die Breite. Mittlerweile ist der Stamm sehr imposant anzusehen. Und auch wenn Ute Stettien sagt, dass sie keinen Lieblingsbaum hat, so zieht es sie unbewusst scheinbar immer wieder zurück zu dem Feld-Ahorn. „Früher pflanzte man ihn als Viehfutter an, heute dient das unter anderem Holz zur Möbel- und Furnierherstellung“, sagt Stettien.
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