Wirtschaft in Krefeld Die Deutsche Bahn bemängelt Fertigungsfehler am ICE4

Krefeld · Die Belegschaft des Zugherstellers Siemens in Uerdingen ist um den Ruf des Konzerns besorgt. Schon 2017 äußerte der Betriebsrat Zweifel an der Zuverlässigkeit des Siemens-Partners Bombardier.

 Der ICE 4 ist in die Schlagzeilen geraten. Die Deutsche bahn als Abnehmer kritisiert Mängel an den Schweißnähten.

Der ICE 4 ist in die Schlagzeilen geraten. Die Deutsche bahn als Abnehmer kritisiert Mängel an den Schweißnähten.

Foto: HL-STUDIOS

Der Betriebsrat im Uerdinger Siemens-Werk hat es geahnt. Es ist fast auf den Tag genau zwei Jahre her, dass die Arbeitnehmer am Krefelder Standort die Zuverlässigkeit des Siemens-Partners Bombardier Transportation bei der Produktion des neuen Hochgeschwindigkeitszuges ICE4 in Frage gestellt hatten. Siemens habe einen Ruf zu verlieren, hieß es damals: Die Deutsche Bahn AG hatte den größten Auftrag der Konzerngeschichte erteilt. Für 5,3 Milliarden Euro sollte Siemens 119 Hochgeschwindigkeitszüge der neuesten Generation liefern. Im April 2017 schien der Zeitplan in Gefahr. Der Betriebsrat im Uerdinger Werk äußerte sich besorgt. Der Arbeitskampf in den ostdeutschen Bombardier-Werken, die mit etwa 30 Prozent am Auftrag der Bahn beteiligt sind, zog viel Energie ab. Görlitz lieferte beispielsweise die Rohbauten für den ICE 4 an das Werk in Uerdingen.

Jetzt scheinen die Befürchtungen zur Realität zu werden: Wegen Fertigungsfehlern nehme die Bahn vorerst keine neuen ICE4-Züge von Bombardier und Siemens mehr an. An dem Zug, der zum Rückgrat des Fernverkehrs werden soll, fanden sich Fehler an Schweißnähten. Der Bahn-Konzern forderte die Hersteller Siemens und Bombardier auf, die Wagen im Rahmen der Gewährleistung auszubessern. Die bislang ausgelieferten 25 Züge werden nicht aus dem Verkehr gezogen. „Alle ICE-4-Fahrzeuge waren und sind jederzeit sicher“, betonte die Bahn auf Anfrage der Deutschen Presse Agentur.

Für die Bahn sei das Problem schwerwiegend. Es ist der größte Auftrag ihrer Geschichte. Der Fertigungsfehler könnte langfristig zu einem höheren Wartungsaufwand führen, wie der Konzern mitteilte. Das kann bedeuten, dass die Züge häufiger in die Werkstatt müssen. Die Wagenreserve der Bahn ist jedoch knapp. Das neue Flaggschiff ICE4 soll Verspätungen und Ausfälle verringern. Mehr Sitzplätze, mehr Komfort und mehr Zuverlässigkeit, lautete das Versprechen. Die ersten ICE4 sind seit Dezember 2017 auf den Gleisen. Vereinbart ist, dass bis zum Jahr 2023 besagte 119 Züge geliefert werden.

 Die Belegschaft im Siemens-Werk in Uerdingen an der Duisburger Straße sorgt sich um den Ruf den Konzerns.

Die Belegschaft im Siemens-Werk in Uerdingen an der Duisburger Straße sorgt sich um den Ruf den Konzerns.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Auf Anfrage unserer Redaktion erklärte Siemens, dass Bombardier Transportation als Unterlieferant im ICE-4-Projekt im Rahmen des Qualitätsmanagements festgestellt habe, dass vereinzelt Schweißnähte an ICE-4-Wagenkästen nicht wie vorgeschrieben ausgeführt worden seien. Diese Abweichung sei nicht sicherheitsrelevant.

„Alle jetzt in der Produktion befindlichen Wagenkästen entsprechen den vereinbarten Qualitätsanforderungen. Das Eisenbahnbundesamt (EBA) wurde proaktiv seitens Siemens Mobility und Bombardier Transportation informiert“, erklärte die Siemens Sprecherin.

Die Deutsche Bahn (DB) habe die Hersteller aufgefordert, wenn notwendig alle betroffenen Fahrzeuge im Rahmen der Gewährleistung auszubessern. Die Details dazu würden aktuell ausgearbeitet. Bombardier Transportation stehe mit Siemens Mobility, der DB und dem EBA in engem Austausch und es werde gemeinsam an einer Lösung gearbeitet. Es ergäben sich aktuell keine Auswirkungen auf diese im Einsatz befindlichen Züge, so die Sprecherin weiter. „Bis zum Vorliegen detaillierterer Erkenntnisse wird die DB vorerst keine weiteren ICE-4-Züge mehr vom Hersteller abnehmen“, bestätigte sie.

Siemens Mobility ist Generalunternehmer für die ICE-4-Züge. Der Lieferanteil von Bombardier Transportation liegt bei rund 30 Prozent und umfasst die Lieferung aller lackierten Rohbauwagenkästen, aller innengelagerten Laufdrehgestelle sowie den kompletten Ausbau von drei Wagentypen, darunter die Endwagen.

Für die Krefelder Belegschaft kommen solche Nachrichten zur Unzeit. Nach der am Veto der Kartellbehörden gescheiterten Fusion mit dem französischen Zughersteller Alstom muss Siemens sich alleine unter anderem gegen die Konkurrenz aus China behaupten. „Das geht nicht nur über den Preis, sondern vor allem mit Qualität“, heißt es im Werk Uerdingen. Und da sammele Siemens gerade keine Pluspunkte.

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