Sozialdienst muslimischer Frauen „Gewalt hat nichts mit Religion zu tun“

Krefeld · Der Sozialdienst muslimischer Frauen ist nun auch in Krefeld aktiv. Seine Mitglieder wollen bei interkulturellen Problemen helfen, ein Frauenhaus gründen und sich aktiv in die Gesellschaft einbringen. Die Botschaft: „Gewalt hat nichts mit Religion zu tun“.

 Der Vorstand des Sozialdienstes muslimischer Frauen Krefeld (v.l.): Nadine Soleiman, Emine Ludwig, Halide Özkurt, Birgül Bayram und Sabrina Soleiman.

Der Vorstand des Sozialdienstes muslimischer Frauen Krefeld (v.l.): Nadine Soleiman, Emine Ludwig, Halide Özkurt, Birgül Bayram und Sabrina Soleiman.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Als vor gut zwei Jahren, im Jahr 2016, in Köln der Bundesverband Sozialdienst muslimischer Frauen e.V. gegründet wurde, da war auch Krefeld bestens vertreten, denn einige Krefelder Musliminnen waren mit dabei. So unter anderem die SPD-Ratsfrau Halide Özkurt. Sie ist die stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes und Vorsitzende des Krefelder Ortsvereins. Dieser ist einer von derzeit sechs Ortsvereinen in sechs Deutschen Städten. Interessanterweise gehört die Gründungsstadt Köln bislang nicht dazu.

Doch was genau möchten die Frauen erreichen? Warum braucht es einen Sozialdienst muslimischer Frauen? „Die Gründe sind vielfältig. In erster Linie wollen wir uns in die Gesellschaft einbringen. Und das ausdrücklich als muslimische Frauen“, sagt Özkurt. „Es geht um gesellschaftliche Teilhabe. Aber eben als Gebende sozialer Dienste, nicht in erster Linie als Nehmende.“

Birgül Bayram, Lehrerin und studierte islamische Theologin und ebenfalls Teil des Vorstandes des Krefelder Ortsvereins, ergänzt: „Außerdem können wir bei vielen Problemen von Zuwanderern und Menschen mit Migrationshintergrund besser helfen. Denn wir kennen die Kultur der Menschen, wir wissen, was ihre Probleme sind, was für sie besonders schwer ist.“

Und sie kennen spezifisch die Probleme muslimischer Frauen. Zwar sei die Sichtweise, die viele Deutsche auf den Islam haben, nicht korrekt, dennoch gäbe es natürlich auch hier Gewalt gegen Frauen. Und gerade betroffenen Frauen wollen die Gründerinnen helfen. „Sie bringen uns natürlich ein größeres Grundvertrauen entgegen“, ist Ayten Kilicarslan, Bundesvorsitzende des SmF, sicher.

Dabei gehe es ausdrücklich nicht um Religion, deren Verbreitung oder auch nur die Diskussion darüber. „Schon wir im Vorstand haben ganz unterschiedliche Auffassungen unserer Religion. Unser Angebot richtet sich nicht nur an Muslime, sondern an alle Menschen. Es geht nicht um den Islam, es geht darum, auch nach außen zu zeigen: Wir sind da, wir sind uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und wir wollen Menschen helfen. Wir sind in dieser Hinsicht nicht anders als zum Beispiel der bekanntere Sozialdienst katholischer Frauen“, sagt Özkurt.

Ziel des Sozialdienstes ist die Einrichtung eines Frauenhauses. Dieses ist aber bislang nicht verwirklicht. „Im Dezember war die Eintragung als Verein fertig. Seit Februar ist die Gemeinnützigkeit anerkannt. Jetzt können wir endlich an die Finanzierung gehen und Spenden sammeln“, sagt die Krefelder Vorsitzende. Dabei sei aber auch die Gewährung von Zuschüssen schwierig. „Leider gehen Gelder zumeist an bereits vorhandene Einrichtungen. Dass wir manches besser lösen könnten als diese, ist noch nicht richtig angekommen“, bedauert Kilicarslan.

Die Frauen aber wollen sich davon nicht aufhalten lassen. Auch geht es längst nicht mehr nur um ein Frauenhaus. „Wir bieten viele unterschiedliche Hilfen an. Von Paten für Menschen, die neu nach Deutschland kommen und hier noch Anpassungsprobleme haben, über Aktivitäten für Kinder bis hin zu Sprachkursen oder der Vermittlung von Werten“, erklärt die Bundesvorsitzende. Welche Werte? „Wir reden ausdrücklich nicht von Religion. Aber bei vielen Grundwerten sind da auch wenige Unterschiede. Respekt, Anstand, Menschenrechte, das sind deutsche Werte, aber es sind auch Werte im Islam. Daher gibt es auch gar keinen Konflikt.“

Der SmF richtet sich auch was die Mitarbeit angeht nicht nur an Musliminnen. „Auch ein Deutscher, Christ oder Atheist jeden Geschlechts ist uns immer willkommen. Wir wollen eine pluralistische, eine offene Gesellschaft, in der jeder auf seine Art leben kann. Dafür bringen wir uns ein“, sagt Özkurt. Fast alle Vereinsmitglieder kommen aus sozialen Berufen. Sie möchten helfen – und sich in die Gesellschaft einbringen, deren Teil sie sind.

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