RP-Serie: „Wie geht es eigentlich...?“ Vom Flüchtling zum Muster-Azubi

Krefeld · Vor zwei Jahren wurde der damals 20-jährige Flüchtling aus Guinea von einer Oppumer Familie adoptiert. Wir haben nachgefragt, wie es Benjamin Eisleb heute geht.

 Altenpflege-Azubi Benjamin Eisleb mit Hansa-Haus Bewohnerin Marie Luise Hose.

Altenpflege-Azubi Benjamin Eisleb mit Hansa-Haus Bewohnerin Marie Luise Hose.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Fast zwei Jahre ist es her, dass Benjamin Eisleb in Krefeld nicht nur ein neues Zuhause, sondern auch eine neue Familie gefunden hat. Denn der heute 22-Jährige, der mit 16 die Flucht aus Guinea antrat und zwei Jahre später ohne Schuhe in Köln strandete, wurde 2017 von der Oppumer Familie Eisleb adoptiert (wir berichteten seinerzeit).

Wie geht es Benjamin heute? Diesmal treffen wir den jungen Mann nicht in der Donksiedlung, wo er mit seiner Wahl-Familie lebt, sondern an seinem Arbeitsplatz, dem Caritas-Pflegeheim Hansa-Haus am Bahnhof. Aus dem Flüchtling, der damals noch Ahmed hieß, ist Benjamin, der Muster-Azubi, geworden. Seit einem Jahr macht er eine Ausbildung zum Altenpfleger. Pflegedienstleiterin Evelyn Schönberger ist voll des Lobes über ihren Schützling. Nicht nur, weil Benjamin mit seiner offenen und fröhlichen Art ein „Strahlemann“ sei, der „alle Herzen erobert hat“, wie sie formuliert. Sondern vor allem auch, weil der Azubi mit seinem Zeugnisdurchschnitt von 1,0 mit Abstand Klassenbester ist.

 Benjamin mit seiner neuen Familie: Monika und Christoph Eisleb haben die Flüchtling vor zwei Jahren adoptiert. Seine Geschwister Miriam und Jonathan Eisleb wohnen nicht mehr bei ihren Eltern in Oppum.

Benjamin mit seiner neuen Familie: Monika und Christoph Eisleb haben die Flüchtling vor zwei Jahren adoptiert. Seine Geschwister Miriam und Jonathan Eisleb wohnen nicht mehr bei ihren Eltern in Oppum.

Foto: Familie Eisleb

Seine direkte Vorgesetzte, Wohnbereichsleiterin Petra Kraft-Führen, ergänzt: „Benjamin ist sehr gut in der Schule, sehr lernfähig, er fragt nach und ist auch kritikfähig.“ Der so Gelobte zeigt sein strahlendes Lachen, das bei den Bewohnern so gut ankommt und erklärt: „Deutsch ist nicht meine Sprache, ich muss deshalb mehr Gas geben.“ Am Anfang der Ausbildung seien die Sprachprobleme groß gewesen. „Die Kollegen haben mir aber immer geholfen“, sagt Benjamin, dessen Muttersprache Französisch ist. Inzwischen stellen Lernfächer wie Hygiene, Anatomie oder Recht keine Hürde mehr dar.

 Der fleißige Azubi lernt oft bis spät in die Nacht und ist Klassenbester.

Der fleißige Azubi lernt oft bis spät in die Nacht und ist Klassenbester.

Foto: Familie Eisleb

Dass das so ist, verdankt der Azubi vor allem sich selbst und seiner Lerndisziplin. „Ich lerne jeden Tag bis nachts um zwei Uhr“, erzählt er. „Manchmal schickt meine Mutter mich dann ins Bett“, sagt er und lacht. An drei Tagen in der Woche geht er zuvor noch zum Fußballtraining beim VfR Fischeln. Dort ist er Stürmer der Kreisligamannschaft. „Im letzten Jahr habe ich bestimmt über 20 Tore geschossen“, berichtet er fröhlich. Sein großes Vorbild ist Salomon Kalou von Hertha BSC Berlin. Kalou stammt aus der Elfenbeinküste, dem Heimatland von Benjamins verstorbener leiblicher Mutter.

Die Ausbildung zum Altenpfleger macht ihm viele Freude. „Ich denke oft an meine Mutter, die in unserem Dorf Krankenschwester war“, erzählt er. „Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit. Es ist schön, wenn man helfen kann.“ Seine Vorgesetzte lobt seinen Umgang mit den Bewohnern: „Er nimmt sie, wie sie sind, lacht viel und hat eine offene Art, die bei allen gut ankommt. Und wenn er nicht da ist, fragen die Bewohner, wann er denn endlich wiederkommt.“ Und ergänzt lachend: „Benjamin hat eingeschlagen, wie eine Bombe. Er bekommt immer von allen Bewohnern Schokolade.“

Auch traurige Momente hat der Azubi schon erlebt - und gemeistert. Ist geblieben und hat einem Sterbenden nach Feierabend stundenlang die Hand gehalten, bis die Angehörigen vor Ort waren. „Das war ein lieber Kerl“, sagt Benjamin. Auch das Abschiednehmen gehört zum Beruf des Altenpflegers dazu. Gern, sagt Benjamin, würde er eines Tages das Abitur machen und Medizin studieren. Doch dieser Wunsch hat derzeit keine Priorität. Jetzt geht es erstmal darum, die Ausbildung abzuschließen. Dass ihm das mit Bravour gelingen wird, daran hat im Hansa-Haus niemand Zweifel.

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