Krefeld Herz außer Takt — Tipps von Experten

Krefeld · Der Aktionstag am Herzzentrum Niederrhein des Helios-Klinkums interessierte am Samstag mehr als 250 Besucher.

 Bei den Aktionstagen am Helios standen Herz und Brust im Fokus. Am Samstag kontrollierten die zahlreich erschienenen Besucher nach Anleitung der Experten ihren Puls.

Bei den Aktionstagen am Helios standen Herz und Brust im Fokus. Am Samstag kontrollierten die zahlreich erschienenen Besucher nach Anleitung der Experten ihren Puls.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Wer den Rhythmus seines Herzens im Alltag nicht spürt, kann im Normalfall davon ausgehen, dass medizinisch alles in Ordnung ist. Sobald man doch etwas spürt, sollte man hellhörig werden. Schafft man aber eine gewohnte körperliche Belastung nicht mehr so ohne weiteres, sollte dies ein Warnsignal sein, dass mit dem Herzen etwas nicht stimmt. Dies war Thema „Herz außer Takt“ des Aktionstages des Herzzentrums Niederrhein, das diesen Tag als Gast der Kardiologie des Krefelder Helios-Klinikums durchführte. Im Mittelpunkt der Kurzvorträge vor mehr als 250 Zuhörern im randvoll gefüllten Vortragssaal des Gebäudes A des Krefelder Helios-Klinikums standen konkrete Hilfestellungen im Umgang mit Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern. Das starke Interesse erklärt sich durch rund 1,8 Millionen Betroffene allein in Deutschland. Die Funktionsstörung des Herzens bleibt lange unbemerkt, da eindeutige Symptome ausbleiben oder nicht richtig interpretiert werden, kann aber zu schwerwiegenden Folgen wie Infarkt oder Schlaganfall führen. Bei seiner Begrüßung wies Chefarzt Professor Heinrich Klues eindringlich auf die Möglichkeit einer ersten Orientierung hin, die die Website der Deutschen Herzstiftung Ratsuchenden böte. Dieser Internetauftritt sei vertrauenswürdig und würde von speziellen Medizinjournalisten aus der Einhegung medizinischer Fachsprache in eine allgemein verständliche Lesbarkeit gebracht.

Peter Ascher, Regionalbeauftragter der Deutschen Herzstiftung und ehemaliger Patient der Krefelder Kardiologie, beschrieb im Anschluss die Zielsetzung der Deutschen Herzstiftung, die bundesweit 100.000 Mitglieder zählt und ihre bundesweite Aufklärung ohne staatliche Zuschüsse in völliger Unabhängigkeit nur aus den Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Nachlässen bestreitet. Ziele im Einzelnen sind: die Krankheitslast für den Patienten zu reduzieren, seine Selbstständigkeit zu bewahren, Tipps zur Gesunderhaltung und Aufklärung über neue medizinische Entwicklungen. Fragesteller erhalten umgehende telefonische oder schriftliche Information von Fachleuten.

Mit einem Wort des Alternativmedizinprofessors von der Medizinhochschule Herdecke, Dietrich Groenemeyer, begann Internist Dong-In Shin sein launiges Spiel mit dem Publikum: „Der Patient von heute ist der Arzt von gestern.“ Die Besucher erlernten einfache Grundlagen der EKG-Deutung. Britische Ärzte zeichneten 1888 das Grob-EKG einer Dogge auf, die sie mit den Beinen in eine Flüssigkeit gestellt hatten, aus der über Kabel die elektrischen Ströme abgeleitet wurden. Seitdem ist die Entwicklung vorangegangen, das Grundprinzip aber geblieben. Die vier EKG-Elektroden, die letzte ist die Erdung, werden in der Reihenfolge der Ampelfarben aufgesetzt, zusätzlich zu den sechs kodierten Elektroden, die auf die Brust kommen. Je nach halbrundem oder gezacktem Ausschlag haben sie die Kennung P-R-T, was man sich mit dem Satz „Podolski ruft Tor!“ gut merken kann. Dann lernten die Besucher, korrekt den Puls zu erfühlen. Liegt der Puls unter 50 BPM (Beats per Minute), dann ist er zu langsam. Gerade richtig ist der Pulsschlag, wenn er dem Rhythmus des Liedes „Alle Jahre wieder…“ entspricht, zu schnell ist er, wenn er dem Disco-Sound von „Stayin´Alive“ der Bee Gees entspricht. Der Pulsschlag von Kindern liegt erheblich über dem von Erwachsenen. Auch hier hatte Musikliebhaber Shin ein Beispiel: Der zwölfjährige Mozart schrieb 1768 seine erste Oper „Bastien und Bastienne“ in Allegro, der erwachsene Mozart seine Zauberflöte 1791 eher in Adagio. An Hand der Art der Fehlbildung von PRT-Ausschlägen kann der Internist eine Störung diagnostizieren. Fehlt beispielsweise eine P-Welle, deutet alles auf ein Vorhofflimmern des Herzens hin.

Den Faden spann Oberarzt Christian Blockhaus weiter. Er zitierte einen Satz der chinesischen Medizin: „Wenn der Patient einen Pulsschlag wie das Tröpfeln des Regens auf dem Dach hört, wird er innerhalb von vier Tagen sterben.“ Smartphone– Apps, die den Pulsschlag messen, helfen bei der Selbstdiagnose, wenn sich ein Vorhofflimmern etwa durch eine gesteigerte innere Unruhe ankündigt. Die Erkenntnissicherheit liegt hier bei 95 Prozent. Solche Messungen sollten ältere Menschen regelmäßig durchführen. Da ein subjektives Gefühl des Krankseins danach übermäßig hoch ist, sollte man nach dem Aufdecken von Unregelmäßigkeiten einen Arzt aufsuchen, denn nicht in allen Fällen ist eine Behandlung erforderlich.

Internist Peter Waibler analysierte die Wirkung homöopathischer Medikamente, deren Wirkung auf den menschlichen Patienten in Studien noch nicht überzeugend gesichert ist. Durch „Bio-Feedback“ sei eine Beeinflussung der Herztätigkeit sicherer gegeben. Hierunter rechnete Waibler die Regulierung von Bluthochdruck, den Verzicht auf Nikotin, eine durchgreifende Gewichtsreduktion, mediterrane Kost, eine maßvolle körperliche Belastung und mäßigen Konsum von Alkohol. Der Konsum von bis zu vier Tassen Kaffee sei eher schützend für das Herz-Kreislauf-System.

Den Abschluss der Informationsveranstaltung machte der ärztliche Direktor Franz-Xaver Schmid, der die neueste Entwicklung bei den Herzschrittmachern vorstellte, die nunmehr mit Einschränkungen sogar MRT-tauglich sind. In Deutschland tragen über eine Million Menschen einen Schrittmacher. 75.000 Neuimplantationen sind es jährlich, ein Eingriff, der teilweise nur noch unter lokaler Betäubung verläuft. „Es ist das medizinische Implantat mit der geringsten Störungsrate“, erklärte Schmid.

www.herzstiftung.de

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