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Krefeld Buskarten stempeln: Gefahr für Senioren

Krefeld · Christel Maas ist 95 und auf ihren Rollator angewiesen. Wenn sie mit dem Bus fährt, wird es für sie kritisch: Sie muss hinten einsteigen, aber vorne ihr Ticket abstempeln. Beim Anfahren ist sie schon mehrfach gefallen.

 Christel Maas will auf ihren Rollator nicht verzichten. Er hält sie mobil, sagt sie. Doch im Bus ist die Gehhilfe hinderlich: „Beim Fahrer kann ich damit nicht einsteigen“, sagt sie.

Christel Maas will auf ihren Rollator nicht verzichten. Er hält sie mobil, sagt sie. Doch im Bus ist die Gehhilfe hinderlich: „Beim Fahrer kann ich damit nicht einsteigen“, sagt sie.

Foto: Schalljo, Sven

Mit einem freundlichen Lächeln sitzt Christel Maas an ihrem Wohnzimmertisch. Ihr Alter sieht man der Seniorin wahrlich nicht an. Und doch sind die Jahre für sie spürbar. Die Traarerin steht unmittelbar vor ihrem 95. Geburtstag. „Ich bin noch gut zu Fuß. Aber ohne Rollator sind längere Strecken für mich nicht zu bewältigen. Ich kann auch nicht verstehen, dass so viele Senioren sich weigern, so ein Gerät zu nutzen. Für mich ist es ein Geschenk des Himmels und hat mir meine Mobilität bis heute bewahrt“, erzählt die alte Dame.

Doch der Rollator, den sie in so hohen Tönen preist, stellt für sie auch in einer speziellen Situation ein Problem dar: „Wenn ich mit dem Bus fahre, dann kann ich nur in der Mitte einsteigen. Vorn, beim Fahrer, komme ich mit dem Gerät nicht durch“, erzählt Maas. Was normalerweise kein Problem wäre, ist in einer Hinsicht sogar gefährlich. „Vor einigen Jahren begannen die SWK, die Stempelautomaten für Tickets an den hinteren Eingängen abzubauen. Darum muss ich jetzt immer zum Fahrer vorlaufen, um meine Karte zu stempeln. Wenn der Bus dann spät dran ist und der Fahrer nicht wartet, dann ist es sehr schwierig für mich, das Gleichgewicht zu halten“, berichtet die Rentnerin, die in früheren Jahren als Textildesignerin arbeitete.

Einmal sei sie sogar durch den Ruck zu Fall gekommen. „Gott sei Dank waren da zwei nette junge Damen zur Stelle, die mich gerade noch aufgefangen haben. Ich bin aber gegen eine Stange geschlagen und habe mir sehr weh getan“, sagt Maas. Dabei ist ihr wichtig, nicht als renitente Seniorin zu erscheinen. „Ich verstehe, dass die Stadtwerke Kosten sparen und so weiter. Das tun sie für uns alle. Ich hoffe einfach, dass sich eine Lösung findet, die auch für Menschen wie mich ein gefahrloses Busfahren möglich macht“, sagt sie.

Eine Monatskarte sei für sie keine Option, da sie nur einmal in der Woche mit dem Bus fahre. „Die rechnet sich einfach nicht. Und so üppig ist meine Rente dann auch nicht“, sagt Maas.

Aufsässig wirkt die Seniorin wirklich nicht. Eher bittend. Doch die Stadtwerke können ihr zumindest kurzfristig keine Lösung bieten. „Das Problem ist bislang nicht an uns herangetragen worden. Es ist richtig, dass wir seit etwa zehn Jahren bei neuen Bussen die Stempelautomaten reduzieren. Hintergrund ist, dass wir gegen Schwarzfahren die Menschen dazu bringen wollen, beim Fahrer einzusteigen“, sagt SWK-Sprecher Michael Passon. „Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten: Eine Monatskarte oder ein Ticket auf dem Smartphone. Uns ist aber bewusst, dass das für viele Senioren nicht eben eine Lösung ist. Wichtig ist aber: Die Fahrer sind angehalten zu warten, bis alle Menschen einen sicheren Platz haben, ehe sie losfahren“, fährt der Sprecher fort.

Die Ur-Traarerin baut meist lieber auf die Hilfe junger Mitmenschen. „Es gibt sehr viele nette, hilfsbereite Menschen, die mir anbieten, zu helfen. Manche sind aber einfach in Smartphones vertieft und bekommen gar nichts mit. Das meine ich gar nicht böse, aber ich möchte dann auch nicht stören und die Menschen ansprechen“, sagt Maas.

Die Hilfe Jüngerer ist für viele Senioren eine Rettung in problematischen Situationen. „Wenn junge Leute schwierige Dinge abnehmen oder mit anfassen, dann ist das schön. Ich glaube, in unserer Gesellschaft ist Hilfsbereitschaft absolut vorhanden“, befindet Maas, die aber hinzufügt: „Wichtig ist aber natürlich, dass man selbst auch freundlich ist. Man bekommt das zurück, was man ausstrahlt, davon bin ich überzeugt.“

Das Problem wurde unlängst auch vom Sozialverband VdK angesprochen. Immer wieder träten Senioren an diesen heran, die sich über Bus- und Bahnfahrer beschweren, die zu abrupt anführen oder bremsten. Der Kreisverbandsvorsitzende Klaus Anders regte hier spezielle Trainings für die Fahrer an, denn gerade Senioren seien für Mobilität auf den ÖPNV angewiesen. „Ihren Interessen gerecht zu werden, sollte ein besonders Anliegen der SWK sein“, sagt der Verbandschef und pflichtet damit Maas bei. Diese wird wohl vorläufig weiter den Weg über Freundlichkeit wählen und auf Hilfsbereitschaft bauen.

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