„Das ist nichts anderes als Notwehr“ Krefelder sollen Falschparker anzeigen
Krefeld · Nach Aussage der Deutschen Umwelthilfe dulden zahlreiche Städte systematisch illegales Parken auf Gehwegen – auch die Verwaltung in Krefeld. Für die DUH ist das klar rechtswidrig. Auch der KOD steht in der Kritik.

Falschparken am Ostwall: „Als Bezirksvorsteher spreche ich die Autofahrer an, wenn ich sie antreffe und erkläre ihnen, wie viel Geld wir in unserem Bezirk für Geh- und Radwegsanierungen organisieren und bitte dann in Zukunft anders zu parken“, sagt Benjamin Zander (Grüne), Bezirksvorsteher in Nord.
Foto: Benedikt ZanderZahlreiche deutsche Städte dulden die systematische Behinderung und Gefährdung von Fußgängerinnen und Fußgängern durch illegales Parken auf Gehwegen. Das zeigt eine bundesweite Abfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter 104 Kommunen, darunter alle Großstädte. Auch Krefeld steht massiv in der Kritik: In der Seidenstadt werde illegales Gehwegparken nicht mit einem Bußgeld bestraft, wenn in der Gegend ein hoher Parkdruck herrscht, erklärt die DHU, die der Verwaltung „rechtswidriges“ Verhalten vorwirft. Trotz schriftlicher Anfrage der Redaktion schweigt die Rathausspitze.
Unterstützung kommt indes von Benjamin Zander (Grüne), Bezirksvorsteher in Krefeld-Nord: „Als Bezirksvorsteher spreche ich die Autofahrer an, wenn ich sie antreffe und erkläre ihnen, wie viel Geld wir in unserem Bezirk für Geh- und Radwegsanierungen organisieren und bitte dann in Zukunft anders zu parken. Bisweilen habe ich den Eindruck, dass ich in meinem Bezirk mehr Falschparker anspreche als der Kommunale Ordnungsdienst.“ So werden Menschen mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen täglich durch Falschparker vom Gehweg auf die Straße gezwungen. Trotzdem erklären nur 26 der 104 Städte, dass sie Falschparken auf Gehwegen konsequent mit einem Bußgeld ahnden. Noch weniger Städte sagen, dass Behinderungen durch Falschparker auf Gehwegen regelmäßig durch Abschleppen beseitigt werden.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die systematische Duldung von Falschparkern auf Gehwegen ist lebensgefährlich und aus unserer Sicht rechtswidrig. Autos auf dem Gehweg verdecken die Sicht und zwingen Menschen zum Ausweichen auf die Straße – mit fatalen Folgen. Illegales Gehwegparken muss konsequent geahndet werden. Das heißt: sofortiges Bußgeld und Punkt in Flensburg sowie unverzügliches Abschleppen bei Behinderung. Wenn jetzt immer mehr Menschen Falschparker fotografieren und Behinderungen zur Anzeige bringen, ist das nichts anderes als Notwehr. Genau dazu fordern wir die Menschen auf, und zwar so lange, bis die Städte ihrer Pflicht, freie Gehwege zu garantieren, endlich nachkommen.“
Laut offiziellen Regelwerken ist eine Gehwegbreite von mindestens 2,20 Metern notwendig, was jedoch in den meisten Städten nicht beachtet wird. Besonders fußgängerfeindlich seien Göttingen und Magdeburg: Nach Angaben der Städte werden hier bereits 80 Zentimeter breite Gehwege als ausreichend angesehen, um ein falsch geparktes Auto nicht abzuschleppen. In Mainz und Aachen geben sich die Ordnungsämter mit 90 Zentimeter Restbreite des Gehwegs zufrieden. Nicht viel besser haben es FußgängerInnen in Krefeld, Offenbach, Leverkusen, Trier und Kiel: Hier dürfen Ordnungskräfte erst abschleppen lassen, wenn die Restgehwegbreite unter einem Meter liegt. Menschen mit Rollstuhl oder Kleinkinder auf dem Fahrrad, die den Gehweg nutzen müssen, sind in all diesen Städten gezwungen, auf die Straße auszuweichen. Nach Rechtsauffassung der DUH ist eine solche systematische Duldung von zugeparkten Gehwegen rechtswidrig.
Problematisch ist neben der Duldung auch die mangelnde Ahndung mit Bußgeldern: In Recklinghausen erhalten Falschparker kein Bußgeld, solange der Gehweg laut Stadt „noch nutzbar“ ist. Göttingen gibt sogar an, dass Gehwegparken außerhalb bewirtschafteter Flächen grundsätzlich nicht bestraft werde und in Krefeld wird illegales Gehwegparken nicht mit einem Bußgeld bestraft, wenn in der Gegend ein hoher Parkdruck herrscht. Auch diese systematische Nicht-Ahndung ist nach Rechtsauffassung der DUH klar rechtswidrig. Robin Kulpa, stellvertretender Leiter Verkehr und Luftreinhaltung der DUH: „Gehwege sind für den Fußverkehr da. Dennoch gilt in deutschen Städten oft das Recht des Stärkeren. Menschen mit Kinderwagen, Rollator oder Rollstuhl wird in den meisten Städten der Weg von Autos blockiert. Dass viele Städte ihr rechtswidriges Verhalten in unserer Abfrage offen eingestehen, zeigt, dass es keinerlei Problembewusstsein gibt.“