Mit Freund von der Lebenshilfe Krefeld Blinder Kevin spielt Musik übers Internet

Krefeld · Wegen des Coronavirus waren Treffen mit seinem Freund Markus Barisch nicht möglich: Acht Wochen lang gab’s keine persönlichen Begegnungen. Dafür haben die beiden musikalisch Verbindung über die sozialen Medien gehalten.

 Der blinde Kevin Heidemann und Markus Barisch machen zusammen Musik. Die Freunde waren schon im Jazzkeller und in der Kufa unterwegs.

Der blinde Kevin Heidemann und Markus Barisch machen zusammen Musik. Die Freunde waren schon im Jazzkeller und in der Kufa unterwegs.

Foto: Christina Schulte

Kevin Heidemann hat ein erstaunliches Talent, er kann den Hersteller eines Autos am Türgriff erkennen: Sein Tastsinn ist außerordentlich fein. Das gilt auch für sein Gehör. Diese beiden Sinne gleichen das aus, was der junge Mann, der vor 25 Jahren als federleichte Frühgeburt zur Welt kam, bald darauf verlor: sein Augenlicht.

Nach seinem Abschluss an einer Blindenschule hat Kevin mehrere Praktika in einer Neusser Werkstatt gemacht. „Das war ganz gut“, sagt er in seiner bedächtigen Art. Die Werkstatt hat den 25-Jährigen übernommen, die Tätigkeit dort gefällt ihm. Die Namen seiner sieben Kollegen hat er alle parat: „Die Gruppe ist sehr nett“, ergänzt er. Aber mehr als acht Wochen war er nicht an seinem Arbeitsplatz – wegen Corona.

Das Virus hat auch Kevins Freizeit sehr verändert. Denn seine regelmäßigen Treffen mit dem fast gleichaltrigen Studenten Markus Barisch konnten nicht stattfinden. Markus Barisch arbeitet für den Familien Unterstützenden Dienst (FUD) der Lebenshilfe Krefeld und begleitet Kevin in dessen Freizeit. Bevor sie sich kennenlernten, hatte Markus wenig mit Menschen mit Beeinträchtigung zu tun. Aber die Beeinträchtigung steht nicht im Vordergrund: „Ich sehe den Menschen“, sagt Barisch, „abgesehen von dem fehlenden Sehsinn ist Kevin ein Mensch wie jeder andere.“

Kevin und Markus haben haben sich vor fünf Jahren im Stadtwald kennengelernt und schnell gemerkt, dass sie auf einer Wellenlänge sind. „Kevin ist ein sehr guter Freund geworden“, so Barisch. Dem Familienunterstützenden Dienst der Lebenshilfe Krefeld ist es gelungen, zwei Menschen zusammenzubringen, die sehr gut miteinander auskommen. Kevin und Markus sind ein prima Team.

Anfangs ist Markus für diese Arbeit von der Lebenshilfe Krefeld ausführlich geschult worden. „Für Fragen und Probleme steht immer ein Ansprechpartner zur Verfügung“, erklärt der junge Mann. Sandra Ifland vom FUD: „Sie nehmen die Unterstützung im Hintergrund nur noch selten in Anspruch, die wöchentlichen Besuche planen Kevin und Markus nun selbstständig.“

Der Student hat gelernt, Kevins Körpersprache zu verstehen. Die beiden verbindet vor allem das gemeinsame Hobby: Sie machen zusammen Musik, waren schon im Jazzkeller, in der Kufa oder im Schlachthof, sie haben auch Spaß an Comedy.

Treffen waren während der strengen Bedingungen der Corona-Zeit nicht möglich: Acht Wochen lang gab’s keine persönlichen Begegnungen. Dafür haben die beiden Verbindung über soziale Medien gehalten. Die jungen Männer sind vertraut miteinander und haben sich immer was zu erzählen. Oder sie haben sich die Musik vorgespielt, die sie aktuell heruntergeladen haben.

Kevin und Markus mögen Musik und beide beherrschen mehrere Instrumente. Jetzt, wo die Bestimmungen sich gelockert haben und mit Mundschutzmaske vieles wieder möglich ist, können die beiden endlich wieder zusammen Musik machen. In Kevins Zimmer sind drei Keybords übereinander montiert, stehen Gitarren und eine Cajón. Markus beherrscht den Bass und das Schlagzeug und begleitet Kevin auf dem Keyboard. Die beiden jungen Männer gehen aber auch zusammen raus. Regelmäßig fahren sie in den Krefelder Musikbunker am Alten Deutschen Ring und üben dort nach Herzenslust Schlagzeug – das wollen sie auch bald wieder tun.

Den Fahrdienst übernimmt oft die Mutter: „Dann sind die Jungs schneller da und abends nicht so lange unterwegs“, sagt Petra Heidemann. Das Highlight der Freunde ist einmal im Jahr der Besuch eines Musikladens in Köln. Dorthin fahren sie mit der Eisenbahn. „Mit ihm macht das viel Spaß“, sagt Kevin.

Seine zweite Leidenschaft sind Maschinen aller Art. Mit Markus oder mit seinem Vater fährt er Autorennen: „Ich schalte dann nach Gehör“, sagt Kevin. Kevin lässt sich von seinem Freund gerne Maschinen erklären: Die Funktionsweise von Hubschraubern oder Flugzeugen interessiert ihn brennend. Markus macht sich schlau im Internet und spricht mit Kevin darüber. In Zeiten ohne Kontakteinschränkungen gehen die beiden auch gerne in Autohäuser. Kevin erfühlt sich dann, was für Wagen vor ihm stehen. Und wenn er sich in ein unbekanntes Auto reinsetzen darf und der Motor angeht, kann er sogar sagen, welches Modell mit wieviel Zylindern er unter den Händen hat: „Mit Autos kenne ich mich gut aus!“

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