Kultur in Krefeld Ausstellung „75 Jahre Kriegsende“ eröffnet in Mediothek

Krefeld · Mit Fotos, Briefen, Dokumenten und Alltagsgegenständen erinnert eine Ausstellung ab Dienstag, 3. März, an das Kriegsende vor 75 Jahren. Sie ist bis Ende März in der Mediothek zu sehen.

 Schnappschuss eines Zeitzeugen: Auf dem Hülser Marktplatz haben sich Menschen versammelt. Sie scheinen auf etwas zu warten. Es ist das Ende des Zweiten Weltkrieges.

Schnappschuss eines Zeitzeugen: Auf dem Hülser Marktplatz haben sich Menschen versammelt. Sie scheinen auf etwas zu warten. Es ist das Ende des Zweiten Weltkrieges.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Mit der Sprengung der Rheinbrücke, die wegen ihrer modernen Bauart „Adolf-Hitler-Brücke“ hieß, endete 1945 in Krefeld der Zweite Weltkrieg. Während in Düsseldorf noch bis in den April hinein gekämpft wurde, konnte in Krefeld langsam mit dem Wiederaufbau begonnen werden. Das Kriegsende jährt sich am 3. März zum 75. Mal. Anlass, an die Zeit zwischen Trümmern, US-Soldaten und letzten Kämpfen zu erinnern.

Ein Team aus Historikern und Geschichtsinteressierten hat sich mit NS-Dokumentationsstellenleiterin Sandra Franz um die Aufarbeitung dieser Zeit gekümmert. Unter anderem hatten sie Krefelder Zeitzeugen um Mithilfe gebeten (wir berichteten). „Die Beteiligung war überwältigend. Über 70 Zeitzeugen haben sich gemeldet. Wir haben es leider bis heute nicht geschafft, mit allen zu sprechen und bitten dafür um Verständnis. Wir werden uns melden“, sagte Sandra  Franz bei der Vorstellung der Ausstellung, die am Dienstag, 3. März, um 15.30 Uhr in der Mediothek eröffnet wird.

Der Hingucker bei der Ausstellungseröffnung wird ein Konvoi mit vier bis fünf US-amerikanischen Jeeps sein, der vom Rathaus aus zum Theaterplatz ziehen wird. Eins dieser Fahrzeuge gehört Markus Scholten, der sich als Mitglied des Arbeitskreises „75 Jahre nach Kriegsende“ um Kontakte in die USA bemüht hat. Übers Internet meldete er sich bei den entsprechenden Gruppen an, um Angehörige von Soldaten zu finden, die in Krefeld stationiert waren. „Ich habe sehr viel Resonanz auf meine Anfrage bekommen, und es sind daraus durchaus freundschaftliche Kontakte entstanden. Die Bilder und Briefe  zeigen einen sehr persönlichen Blick auf die Geschehnisse und sind deshalb besonders interessant“, erzählte Scholten.

 Zum Arbeitskreis gehören Dirk Senger, Gabriele König, Sandra Franz und Markus Scholten (v.l.).

Zum Arbeitskreis gehören Dirk Senger, Gabriele König, Sandra Franz und Markus Scholten (v.l.).

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Dokumente aus dieser Zeit sind berührend. So schreibt ein Soldat der 102. US-Division am 2. März 1945 an seine Angehörigen: „Jetzt haben wir keine Zeit, Tränen zu vergießen“ und berichtet von Zerstörung, Tod und großem Leid. Doch er sagt auch, dass die Deutschen dieses Leid verdient hätten, für all das Schreckliche, was sie der ganzen Welt angetan hätten. Er berichtet nicht nur von den Schrecken des Krieges, sondern auch vom Leben im zerstörten Deutschland und natürlich in den Soldatenquartieren. Es sind alltägliche Situationen, die er beschreibt, die aber angesichts der Umstände Bedeutung bekommen. So schneiden sich die Soldaten gegenseitig die Haare, was manchem besonders gut gelingt, der dann kurzerhand zum Friseur aufsteigt. Oder sie finden eine Dackelhündin mit Welpen, die sie bei sich aufnehmen.

„Wir werden bei der Ausstellungseröffnung aus einigen Dokumenten vorlesen und Zitate aus den geführten Interviews vortragen. Geplant ist auch noch eine Publikation, in der die Interviews im Vordergrund stehen. Wir haben sehr viele, sehr interessante Gespräche geführt, die sich lohnen, festgehalten zu werden“, sagte Sandra Franz. Der persönliche Blick auf die Geschichte macht den Unterschied. Vielfach schildern Zeitzeugen das Kriegsende aus Sicht eines Kindes, mit dem für Kinder typischen Blick fürs Detail. Bei der Ausstellungseröffnung werden acht ehemalige Praktikanten der NS-Dokumentationsstelle die Zitate der Zeitzeugen vortragen.

 An der Bockumer Kirche St. Gertrudis ziehen Soldaten vorbei. Die  Uerdinger Straße ist wie leergefegt.

An der Bockumer Kirche St. Gertrudis ziehen Soldaten vorbei. Die  Uerdinger Straße ist wie leergefegt.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Den privaten Charakter der Erinnerungen unterstreichen auch die Fotos. Es sind vielfach Schnappschüsse, die den Angehörigen zeigen sollen, dass es den Soldaten gut geht. „Es ist nicht immer einfach, den genauen Ort herauszufinden, an dem das Foto gemacht wurde. Dafür braucht man einen Bezugspunkt, den es nicht auf jedem Bild gibt“, erklärte Stadtsprecher Dirk Senger, ebenfalls Mitglied des Arbeitskreises. 20 Fotos, zehn Dokumente und zwei Vitrinen voller Alltagsgegenstände der US-Soldaten werden in der Ausstellung zu sehen sein. Nur am Tag der Eröffnung wird eine Tischplatte gezeigt, auf der sich die Soldaten mit flotten Sprüchen verewigt haben. „Es war uns wichtig, kein eindimensionales Bild zu zeichnen. Es gab in dieser dramatischen Zeit viele Grautöne zwischen dem offensichtlich Guten und Bösen. Dem wollen wir gerecht werden“, sagte Franz. Denn neben den Bubblegum-schenkenden GIs gab es auch Soldaten, die übergriffig wurden oder brutal gegen die Bevölkerung vorgingen. So sind die Erinnerungen vielfältig, subjektiv und anrührend. Alle Zeitzeugen eint eins: den größten Krieg des Kontinents überlebt zu haben.

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