Krefeld Konfirmation – eine Tradition bröckelt

Krefeld · Zum Teil gehen nur noch 60 Prozent eines Jahrgangs zur Konfirmation. Das führt für die Pfarrer zu Problemen: Wer kirchlich heiraten oder Taufpate werden will, muss eigentlich konfirmiert sein.

 Und so sieht die Konfirmandengruppe der Christuskirche von vorn aus – rechts Pfarrer Martin Diederichs. Die Namen der Konfirmanden, sofern sie uns mitgeteilt wurden: Leon Aumüller, Florian Baumbach, Finn Becker, Lukas Beismann, Niklas Blumenthal, Marie Degen, Marius Drozdzewski, Leonie Dunkel, Marlene Haarhaus, Maren Klüners, Louisa Lamberti, Lucas Möller, Sebastian Moitzfeld, Hannah Nauen, Aileen Plöger, Tobias Prehn, Lina Rappold, Pauline Stark, Michelle Wiedelbach, Laura Zecha und Dennis Zehe.

Und so sieht die Konfirmandengruppe der Christuskirche von vorn aus – rechts Pfarrer Martin Diederichs. Die Namen der Konfirmanden, sofern sie uns mitgeteilt wurden: Leon Aumüller, Florian Baumbach, Finn Becker, Lukas Beismann, Niklas Blumenthal, Marie Degen, Marius Drozdzewski, Leonie Dunkel, Marlene Haarhaus, Maren Klüners, Louisa Lamberti, Lucas Möller, Sebastian Moitzfeld, Hannah Nauen, Aileen Plöger, Tobias Prehn, Lina Rappold, Pauline Stark, Michelle Wiedelbach, Laura Zecha und Dennis Zehe.

Foto: Königs, Bastian (bkö)

Was tun, wenn jemand nicht konfirmiert wurde, aber kirchlich heiraten oder Taufpate werden will? Pfarrer wie Volker Hendricks von der Pauluskirche sind dann in der Bredouille, denn streng genommen macht erst die Konfirmation den evangelischen Christen zum Gemeindeglied mit allen Rechten — weniger formalistisch formuliert: zum Erwachsenen in der Kirche.

"Ich führe dann ein ausführliches Gespräch über Inhalte und Bedeutung des Glaubens und der Kirche", sagt Hendricks. Denn schließlich gehe es vor allem beim Paten darum, ein Kind christlich zu begleiten; und dafür solle man schon Basiswissen haben, das der Konfirmandenunterricht vermittele, sagt Hendricks.

Sich konfirmieren lassen verliert an Selbstverständlichkeit. Deutschlandweit gehen zwar nach Angaben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Schnitt noch 90 Prozent eines Jahrgangs zur Konfirmation, doch sind diese Zahlen einige Jahre alt, und das Bild im Einzelnen fächert sich auf. In der Paulusgemeinde etwa gehen laut Hendricks nur noch zwei Drittel eines Jahrgangs zur Konfirmation. Das ist keine Ausnahme — die Hannoversche Landeskirche zum Beispiel meldet, dass in Ballungszentren wie Hannover, Hamburg und Bremen nur 60 Prozent der evangelischen Jugendlichen konfirmiert werden. Das entspricht der Quote der Paulusgemeinde. Die Kirche reagiert darauf - etwa mit dem Modell, wonach der Konfirmandenunterricht in zwei Phasen gegliedert wird und schon im dritten Schuljahr beginnt (wir berichteten).

In Krefeld sind die Lukas- und die Pauluskirche mit dabei. Hintergrund ist nicht nur der Umstand, dass der Konfirmandenunterricht mitten in die Pubertät fällt, in der Jugendliche bekanntlich so sehr mit sich beschäftigt sind, dass der Blick nach oben und in die Ewigkeit schwerfällt. "Uns macht auch die geänderte Schulwelt zu schaffen", sagt Hendricks. Nachmittagsunterricht, Leistungsverdichtung im Zuge des G8-Abiturs — wie viele Vereine spüren auch die Kirchen, dass junge Leute heute weniger Freiraum für anderes als die Schule haben.

Stark geändert hat sich auch der Konfirmandenunterricht. Hendricks, 51 Jahre alt, berichtet, er habe als Konfirmand noch viel Frontalunterricht erlebt: "Wir mussten sehr viel auswendiglernen." Die Vorstellung der Konfirmanden im Gottesdienst sei noch stärker Prüfung vor der Gemeinde gewesen: "Wir mussten etwas aufsagen und auch gemeinsam ein Lied singen, nur von einer Gitarre begleitet. Wir waren nicht schlecht, aber wir sind 1000 Tode gestorben", erzählt er schmunzelnd.

Schon damals habe es auch den Vorwurf gegeben, dass die Konfirmanden viel zu wenig lernten — dies weist Hendricks entschieden zurück: "Die Jugendlichen heute lernen nicht weniger, sondern anders." Das Auswendiglernen spielt keine so große Rolle mehr. Dafür gebe es intensive Phasen inhaltlicher Auseinandersetzung mit Kirche und Glauben, etwa dann, wenn die Konfirmanden einen Gottesdienst selbst gestalten.

Dabei hat das Auswendiglernen keineswegs ausgedient. "Kerntexte wie das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis, Psalm 23 und zwei drei Lieder müssen die Konfirmanden bei uns schon auswendiglernen", sagt Hendricks und betont, dass dies für ihn kein technischer und geistloser Akt sei. Ihm gefällt die englische Wendung dafür: "learning by heart", wörtlich: mit dem Herzen lernen. "Wenn du etwas auswendig kannst, hast du es wirklich in dich aufgenommen", sagt Hendricks.

Etwas in sich aufnehmen — der Konfirmandenunterricht ist vielleicht ein unterschätztes Gut: Goldkonfirmation-Gottesdienste etwa sind meist hochemotional, wohl auch deshalb, weil Fragen nach Gott im Rückblick auf sein Leben eine andere Wucht bekommen. Die Konfirmation scheint plötzlich neu auf — als Beginn eines langen Weges.

Und für einen wie Volker Hendricks war sie auch lebensentscheidend. "Der Konfirmandenunterricht hat bei mir dazu geführt, mich inhaltlich mit Glaubensfragen auseinanderzusetzen. Als ich dann danach einen MS-Kranken betreut und kennengelernt habe, habe ich gemerkt, dass die Fragen aus dem Konfirmandenunterricht etwas mit dem Leben zu tun haben." So reifte der Entschluss, Pfarrer zu werden.

(RP/EW)
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