KR wie Krefeld Kesselhaus – wie entscheiden Sie?

Meinung | Krefeld · Die Politik steht in Sachen Kesselhaus vor einer schwierigen Entscheidung, bei der es auch um viel Zeit und sehr viel Geld geht. Uns interessiert: Wie lautet Ihre Entscheidung, wären Sie Ratsmitglied?

 Jens Voss

Jens Voss

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Vielleicht sollte man das Stück Algen-Wand in der Tiefgarage des Seidenweberhauses aussägen, konservieren und als Denkmal aufstellen – Titel: „Wider die unfassbare Selbstvergessenheit einer Stadt-Elite im Angesicht des Verfalls der eigenen Kulturgüter und Vermögenswerte“. Okay, der Titel ist etwas umständlich, der Volksmund würde garantiert etwas Kurzes und Witziges finden.

Die grüne Algenwand in der Seidenweberhaus-Tiefgarage ist nur noch ein Nachhall auf die vergangenen 20 Jahre, in denen Seidenweberhaus und Theaterplatz dem Verfall preisgegeben wurden. Wie und warum das passieren konnte, wäre schon eine politologisch-soziologisch-psychologische Studie wert. Krefeld müsste sich dafür auf die Couch legen und tiefgehend befragen lassen: Wieso? Man darf es noch einmal sagen: Wenn Seidenweberhaus und Theaterplatz propper wie Marmorboden wären, würde man heute eine andere Debatte führen.

Nun, die Stadt hat die Lethargie hinter sich gelassen. Das Tal des Nichtstuns ist durchschritten, es gibt ein Konzept, es gibt sichtbare Erfolge. Die Algenwand macht allerdings auch deutlich, mit was für einem schwierigen Gebäude man es beim Seidenweberhaus heute zu tun hat. Die Sanierungsträume sind wohl ausgeträumt, die Kosten wären mit bis zu 180 Millionen Euro unfassbar hoch. Ob die Nachhaltigkeitsrechnung, die der BUND aufgemacht hat, wirklich aufgeht und dem Klima mehr geholfen wäre, wenn man den Betonbau erhält, wäre eine genaue Überprüfung wert. Ein hoch energieeffizienter Neubau wäre auch in die Waagschale der Gesamtrechnung zu werfen – ob der Erhalt des Seidenweberhauses dann tatsächlich klimafreundlicher wäre, ist keinesfalls ausgemacht.

Kesselhaus oder Theaterplatz? Die Krefelder Politik steht wahrlich vor einer schwierigen Aufgabe. Es gibt einen zehn Jahre dauernden demokratischen Prozess mit Mehrheitsentscheidungen und Ausschreibungen, die bisher zum Kesselhaus geführt haben. Das alles auf Anfang zu setzen, würde Krefeld zehn Jahre zurückwerfen und mehr und mehr Kosten für die Bespielbarkeit des Seidenweberhauses fordern. Verschärft wird der Konflikt durch die emotionale Unentschiedenheit der Stadt: Dem Kesselhaus sind, so schön diese Stätte wäre, von Anfang an nie alle Herzen zugeflogen. Es gab immer auch viele Stimmen für Seidenweberhaus und Theaterplatz. Dieser Konflikt ist nie geheilt worden, er eitert bis heute.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort