Zur Bestimmung des Alters Knochenuntersuchung bei jungen Flüchtlingen in Krefeld

Krefeld · Die Ausländerbehörde schickt Minderjährige zur medizinischen Altersbestimmung in ein Fachinstitut nach Münster. Vereine üben Kritik an Oberbürgermeister Meyer und sprechen von "verkrusteten Strukturen".

Die Kritik am Umgang der städtischen Ausländerbehörde mit minderjährigen Flüchtlingen reißt nicht ab. So lassen die Rathausmitarbeiter unter anderem Knochenuntersuchungen zur Altersbestimmung der Jugendlichen durchführen. Dafür werden die Minderjährigen eigens nach Münster gebracht, wo die Überprüfung durchgeführt wird. Auch in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses war diese Praxis angesprochen und hinterfragt worden. Eine Antwort der Verwaltung gab es nicht. "Eine sehr fragwürdige und umstrittene Methode", so Christoph Bönders vom Flüchtlingsrat. Nach seiner Aussage verzichten Kommunen in der Regel auf diese "kostenintensive und menschenunwürdige" Prozedur, weil ein Ergebnis bei einer Altersspanne von bis zu zwei Jahren - mit Blick auf eine mögliche Abschiebung - am Ende nicht zielführend sei.

Parallel wächst in einem weiteren Punkt die Angst zahlreicher Krefelder Vereine und Wohlfahrtsverbände vor der Ausländerbehörde sowie die Kritik an Oberbürgermeister Frank Meyer. "Der Oberbürgermeister hat vor und nach seiner Wahl versprochen, dass es eine seiner ersten Maßnahmen sei, die Ausländerbehörde unter Beteiligung der Vereine und Verbände umzugestalten", erinnert Inge Krämer, Vorsitzende des Bündnis Krefeld für Toleranz und Demokratie. "Die Wahrheit sieht im Moment anders aus. Bisher wurde von uns zumindest niemand gefragt."

Massive Sorgen machten sich die Aktiven des Bündnisses auch um die künftige Unterstützung durch Ehrenamtler in der Ausländer- und Asylarbeit. Der Umgang mit allen Beteiligten beim jüngsten Abschiebeversuch eines minderjährigen Albaners durch die städtische Ausländerbehörde habe unter den Helfern für Irritation und Verwirrung gesorgt. "Das vom Oberbürgermeister angesprochene Vertrauen zwischen Behörden und Vereinen sieht zumindest ganz anders aus", sagt Albert Koolen vom Bündnis. Koolen lobt das Engagement zahlreicher junger Mitarbeiter in der Behörde. "Hier hat sich in den vergangenen Monaten einiges bewegt", versichert der Theologe. Auch habe es in der Behörde personelle Versetzungen gegeben, durch die das Klima verbessert worden sei. "Dem Oberbürgermeister ist inzwischen aber wohl auch klar, dass die Umgestaltung der Ausländerbehörde nicht mit links zu machen ist", so Koolen, der von "verkrusteten Strukturen" spricht.

Knackpunkt sei dabei die Abteilung "Besondere Angelegenheiten": "Ich habe Oberbürgermeister, Dezernenten, Abteilungsleiter und Sachbearbeiter kommen und gehen gesehen, geändert hat sich letztlich fast nichts." Vor allem habe es an der Fach- und Dienstaufsicht gefehlt. "Es stellt sich die Frage, ob in der Verwaltung eine mächtige Lobby am Werk ist, die auch Oberbürgermeister Meyer daran hindert, die Ausländerbehörde umzustrukturieren", beschreibt Koolen die derzeitige Situation. "Zumindest nutzt der Verwaltungschef jetzt das Vokabular und die Argumentationsstränge, die wir seit 30 Jahren kennen." So sei es traurig, dass die kurzfristige Einbestellung der Minderjährigen sogar als "Betreuung" dargestellt werde. "Das ist blanker Zynismus", so der Theologe.

Entsprechend tief sitzt das Misstrauen der Verbände im Flüchtlingsbereich bezüglich der Ausländerbehörde. "Es wird uns unterstellt, dass wir das Recht beugen wollen", erklärt Christoph Bönders. "Auch sind wir es leid, immer wieder zu hören, dass es für die Einzelfälle keinen Ermessensspielraum gibt. Das Jugendhilfegesetz, immer hin ein deutsches Recht, wird dabei stets ignoriert, die jungen Menschen werden als Betrüger gesehen." Den Willen, gemeinsam eine Lösung zu finden, sieht Bönders bei der Verwaltung nicht: "Die Ausländerbehörde beansprucht für sich die letzte Entscheidung. Wenn ich aus dieser Position heraus und mit einer vorgefertigten Meinung in ein Gespräch gehe, ist das am Ende eigentlich überflüssig."

(RP)
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