Krefeld Klimawandel: Kiefern als Straßenbäume

Krefeld · Die Stadt wird künftig neue Baumsorten pflanzen, vertraute Bäume wie die Kastanie und wohl auch die Eiche werden über kurz oder lang aus dem Straßenbild verschwinden.

 Franz Filtmann, Leiter Baumpflege/ Baumunterhaltung bei der Stadt, am Nassauerring, Höhe Autohaus Borgmann, mit einer frisch gepflanzten Waldkiefer.

Franz Filtmann, Leiter Baumpflege/ Baumunterhaltung bei der Stadt, am Nassauerring, Höhe Autohaus Borgmann, mit einer frisch gepflanzten Waldkiefer.

Foto: Lammertz Thomas

Die Stadt wird künftig verstärkt auf Kiefern als Stadt- und Straßenbäume setzen. Der Klimawandel erzwingt, dass eine ganze Reihe der bislang aus dem Straßenbild vertrauten Arten Zug um Zug verschwinden wird. Prominentestes Beispiel: "Ross- und Scharlachkastanien pflanzen wir nicht mehr nach. Sie werden über kurz oder lang nicht mehr zum Straßenbild gehören", erläutert Franz Filtmann, Leiter Baumpflege/ Baumunterhaltung bei der Stadt Krefeld, "und auch die deutsche Eiche hat massive Probleme." Erstmals wurde jetzt auf dem Mittelstreifen des Nassauer Rings in Höhe des Autohauses Borgmann Waldkiefern gepflanzt.

 Auf der Lewerentzstraße wurden Japanische Schnurbäume gepflanzt. Auch sie sind robuster und besser auf die neuen klimatischen Bedingungen eingestellt. Links der Baum, oben Blätter aus der Nähe.

Auf der Lewerentzstraße wurden Japanische Schnurbäume gepflanzt. Auch sie sind robuster und besser auf die neuen klimatischen Bedingungen eingestellt. Links der Baum, oben Blätter aus der Nähe.

Foto: T.L.

Grund für die Neuorientierung ist der Klimawandel. "Die Sommer sind insgesamt trockener, die Winter milder; es fehlen Kälteperioden. So können sich Pilze und Insekten wie die Gallmücke, die Bäumen zusetzen, ungehindert vermehren", erläutert Filtmann. Mittlerweile werden pro Jahr 270 Bäume gefällt.

Krefeld: Klimawandel: Kiefern als Straßenbäume
Foto: Lammertz Thomas

Krefeld hat viel zu verlieren. In den Straßen der Stadt steht ein ganzer Wald: 27.200 Bäume insgesamt. Sie umfassen 276 Arten und Sorten - "das zeigt, dass unsere Vorgänger Wert auf Vielfalt und Flexibilität gesetzt haben", sagt Filtmann. "In anderen Städten überwiegt etwa die Platane als Straßenbaum; sie gilt als schnittfest, klimastabil und unverwüstlich."

Doch auch dieser bislang so robust erscheinende Baum hat zunehmend Probleme. Alte Platanen weisen in Krefeld immer häufiger die Blatt- und die Massaria-Krankheit aus. Der Massaria-Pilz dringt über die Rinde ins Holz ein und schädigt die Äste - meist an der Oberseite, wo die größte Spannung herrscht. Irgendwann brechen solche Äste ab. "2005/2006 hatten wir einen Fall, bei dem ein zehn Meter langer und 35 Zentimeter dicker Ast abgebrochen ist. So etwas ist gefährlich, zumal Platanenholz hart und schwer ist", berichtet Filtmann.

Besonders schlecht geht es den Kastanien, ob nun rot- oder weißblühend. "Wir haben ganze Straßenzüge abräumen müssen", sagt Filtmann. Bei dieser Baumart ist es eine Kombination aus Bakterien und Phytophtera, die die Bäume umbringt. Phytophtera ist in der Landwirtschaft berüchtigt als Knollenfäule; dass diese mikroskopisch kleinen Lebewesen auch Bäume befallen, wird erst seit einigen Jahren beobachtet.

Der deutschen Eiche setzt unter anderem die Gallmücke zu - die Insekten stechen Knospen an, die sich dann nicht richtig entwickeln können. Doch eine wirkliche Belastung für diesen Baum ist auch der Eichenprozessionsspinner, den die Stadt Krefeld jährlich gesondert bekämpft.

So werden künftig vermehrt Arten gepflanzt, die mit dem Klimawandel besser klarkommen. Arten wie die Waldkiefer, die Sumpfzypresse (am Deutschordenweg in Traar), der Japanische Schnurbaum (an der Lewerentzstraße), die Kobushi-Magnolie (an der Crousstraße) oder die Ungarische Eiche (Quercus frainetto, aus der Familie der Buchengewächse, an der Roonstraße).

Neben dem Klimawandel kann auch die Globalisierung zur Bedrohung für heimische Bäume werden. "Wenn früher etwa aus den Niederlanden ein Baum nach Deutschland geholt wurde, verbrachte die Pflanze einige Zeit in Quarantäne. Heute gibt es massenhaft Pflanzen aus Übersee bei Discountern, bei denen keiner weiß, ob man neue Schädlinge einschleppt", so Filtmann.

Berüchtigtes Beispiel ist der Asiatische Holzbockkäfer. "Wo er auftaucht, greift der Mensch massiv ein; da werden ganze Waldpartien gerodet, um ihn auszurotten", so Filtmann.

Neben dem Klimawandel haben Stadtbäume vor allem ein Problem: Platz für das Wurzelwerk zu finden. "Man muss sich vorstellen, dass das, was als Baumkrone in der Luft zu sehen ist, unterirdisch als Wurzelwerk abgebildet ist. Jedes Blatt braucht schließlich eine Wurzel, die es versorgt", sagt Filtmann. Auch die Verdichtung des Bodens setzt den Bäumen zu und bringt sie mitunter um: "Von drei Weißbuchen am Mennonitenkirchplatz ist eine eingegangen; der Baum hat die Bodenverdichtung durch den Publikumsverkehr nicht vertragen."

All das zusammen macht die Suche nach Standorten nicht ganz einfach und das Pflanzen von Stadtbäumen nicht ganz billig: Einen Baum ohne Leitungsschutz zu pflanzen, kostet demnach 2500 Euro (inklusive dreijähriger Bewässerung), ein Baum mit Leitungsschutz schlägt mit 3800 Euro zu Buche.

(RP)
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