Krefeld Klavier-Elite spielt in Krefeld

Krefeld · Hochbegabte Musikstudenten aus aller Welt treffen sich in diesen Tagen bei den Kawai-Meisterkursen. In der Musikschule kann jeder Interessierte zuhören, wenn Dozent Michel Béroff den Pianisten letzte Feinheiten beibringt.

Michel Béroff hört jedes Detail. "An solchen Stellen musst Du innehalten, Dich bereit machen, das zu sagen, was Du zu sagen hast", sagt der Dozent der Internationalen Kawai-Meisterkurse, die in diesen Tagen an der Musikschule laufen, zu seinem Schüler. Und Sun Ho Lee schreibt es sich hinter die Ohren.

Die minimale Verzögerung als Mittel der Phrasierung soll Eingang finden in das Spiel des Koreaners, der die Präzision des Metronoms ein wenig stärker verinnerlicht hat, als es der Musik von Liszt gut tut.

Lehrer und Schüler sitzen im großen Musiksaal des Hauses Sollbrüggen an zwei prächtigen Kawai-Flügeln nebeneinander. "Ein Legato gelingt nicht aus den Fingern heraus, aus dem Handgelenk muss es kommen", lautet ein anderer Rat, den der Lehrer seinem Eleven mitgibt.

Verloren in der Langsamkeit

Als Nächste nimmt Maiko Mine neben dem Meister Platz und spielt Schumanns Zyklus "Kreisleriana". Béroff schaut ihr auf die Hände, wiegt seinen Kopf in der mal sanften, mal aufbrausenden Musik, liest die Noten mit und macht sich hin und wieder eine kleine Notiz. Nach dem sechsten Satz unterbricht er sie. Mine ist ein wenig zu sehr im lyrisch-romantisch Meditativen verloren gegangen, findet Béroff, und: "Ausdruck liegt nicht nur im Langsamen. Man kann da auch verlieren."

Der Lehrer lenkt Mines Augenmerk weg von der Melodik. Auch in den ganz ruhigen Passagen soll sie die Rhythmik beachten und stärker kontrastieren. Die junge Japanerin nickt eifrig, aber man spürt, dass die Kantigkeit, die Béroff ihr vorspielt und mit der er ihre Versuche immer wieder unterbricht, ihrer Wesensart nicht entspricht.

Ein bisschen ähnlich ergeht es Nishio Mani und ihrem Vortrag von Scriabins Sonata Nr. 9. Alle Teilnehmer sind Hochbegabte, die schon viel Können und Stilgefühl mitbringen, aber Béroff hört bei allem Gefühl Mängel in der Verbindlichkeit ihrer Interpretationen und betont deshalb immer wieder strukturelle Disziplin. Auch die Gäste im Raum spüren die Anspannung, die dabei entsteht. "Es dürften gern mehr Zuhörer kommen", meint Peter Grote von Kawai Europa. "Publikum ist ausdrücklich zugelassen."

Und Ralph Schürmanns, Leiter der Musikschule, ergänzt: "Bei uns ist der Eintritt frei. Anderswo kostet allein die passive Teilnahme bei einem Meisterkursleiter von solch hohem Karat an die 200 Euro." Denn bei den Meisterkursen trifft sich die internationale junge Klavier-Elite in Krefeld.

In der Mentalität ähnlicher sind sich Béroff und Martyna Smolinska. Bei Chopin werden sich der Franzose und die Polin stilistisch schnell einig, und sie unterbricht ihn nun ebenso häufig wie umgekehrt. Bei ihr kann Béroff noch Handhaltung und Triller-Technik verbessern.

(RP)
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