Kirmeseröffnung in Krefeld Die Autoscooter-Pioniere

Krefeld · Wenn heute die Kirmes eröffnet wird, ist eine Familie dabei, die seit 1928 im Autoscooter-Geschäft ist. Eine spannende Geschichte: In den Anfängen waren die Gefährte aus Draht.

Krefeld: Die Geschichte der Autoscooter-Familie Loosen
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Die Geschichte der Autoscooter-Familie Loosen

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Wenn am Freitag die Kirmes eröffnet wird, ist eine Familie dabei, die seit 1928 im Autoscooter-Geschäft ist. Eine spannende Geschichte: In den Anfängen waren die Gefährte aus Draht.

Jakob Loosen und seine drei Cousins setzen 1928 alles auf eine Karte: Sie kaufen für 36.000 Reichsmark ein Autoscooter - und gehören damit zu den Pionieren des klassischen Fahrgeschäfts, das auch heute, 90 Jahre später, auf jeder Kirmes zu den Anziehungspunkten gehört. Zum Beispiel auf der Krefelder Sprödentalkirmes, die am Freitag beginnt.

Dort hat Peter Loosen, Urenkel von Jakob, seine 13x26 Meter große Bahn aufgebaut. Sein Betrieb steht in der Tradition zweier großer Autoscooter-Dynastien: "Meine Mutter Katharina ist nämlich eine geborene Tusch", erzählt er. Die Krefelder Familie Tusch besaß nicht nur als erste deutsche Schausteller-Familie einen Autoscooter, der 1927 erstmals auf der Moerser Kirmes dem Publikum präsentiert wurde. Die Tuschs entwickelten auch den Automatik-Scooter, der mit Fahrchips betrieben wird. Das Patent kauften sie in den 50er Jahren von einem französischen Schausteller, Bruno Tusch und seine Söhne Peter und Eduard entwickelten die Technik der Chaisen mit Chipautomat immer weiter - bis zum heute bekannten Standard.

Der wirkliche Siegeszug des Autoscooters, der seine Anfänge im US-amerikanischen Vergnügungspark Coney Island nahm, auf deutschen Kirmesplätzen begann erst, als ein findiger Ingenieur auf die Idee kam, dass die selbstfahrenden Chaisen wie Automobile aussehen müssten. Zu Beginn wurde das Fahrgeschäft nämlich zunächst "Das eiserne Pferd" genannt, berichtet Peter Loosen: "Die Chaisen waren seinerzeit drahtähnliche Gebilde, der Erfolg auf dem Rummelplatz war anfangs auch überschaubar." Das wurde anders, als plötzlich Mini-Automobile über die Kirmes-Piste flitzten. Denn seinerzeit zog das "Reiche-Leute-Spielzeug" Automobil große Aufmerksamkeit auf sich, das "Auto-Selbstfahrer"-Fahrgeschäft war damals für "normale Bürger" die einzige Möglichkeit, den neuen Trend selber einmal, wenn auch im Kleinen, auszuprobieren.

Heute ist der Autoscooter vornehmlich bei jungen Kirmesbesuchern beliebt. "Wir sind Treffpunkt der Jugend auf jedem Kirmesplatz, die bei uns ausgelassen sind und sich austoben", sagt Loosen. In den Anfangszeiten des Fahrgeschäfts sah das noch ganz anders aus. "Auf historischen Fotos sieht man, dass der Autoscooter damals eine stock- steife Angelegenheit für ältere Herrschaften war", berichtet Peter Loosen amüsiert. "Er in Frack und Zylinder, sie feingemacht mit schönem Kleid und Parapluie wurde auf der Bahn gefahren, als würde man eine Fahrt ins Grüne unternehmen." Das gegenseitige Anrempeln mit den Scootern wurde erst viel später zum Trend.

Der heute gängige Begriff Autoscooter leitet sich übrigens nicht vom Wort "Automobil", sondern vom englischen Begriff "Automatic Scooter" her. Scooter heißt übersetzt Kinder- oder Motorroller.

Der erste Autoscooter Deutschlands fuhr 1926 auf der größten Messe der Weimarer Republik, der Ausstellung für "Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen" (Gesolei) in Düsseldorf. 7,5 Millionen Besucher flanierten damals über das Gelände, von dem rund 60 Prozent waren als Rummelplatz gestaltet war.

(RP)
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