“Schwächstes Jahr seit der Wende“ Autohändler verkaufen kaum noch Neuwagen

Krefeld · Die Kfz-Innung Krefeld bilanziert ein ernüchterndes Jahr für die Branche mit Händlern und Werkstätten. Seit 1989 verkauften die Autohäuser nie weniger Neufahrzeuge als jetzt. Die Werkstätten verbuchten Zuwächse.

Kfz-Innungs-Obermeister Dietmar Lassek hofft, dass die Rahmenbedingungen für die Werkstätten und Autohäuser bald besser werden.

Kfz-Innungs-Obermeister Dietmar Lassek hofft, dass die Rahmenbedingungen für die Werkstätten und Autohäuser bald besser werden.

Foto: Kfz Innung Krefeld/Georg Maria Balsen

Die Krefelder Autohändler haben in den vergangenen gut 30 Jahren  nie weniger Neuwagen verkauft als 2022. Auch die Krefelder mussten sparen, fahren ihre Autos länger. Das bedeutet aber auch, dass sie häufiger die  Werkstatt aufsuchen als mit einem neuen Auto.  Die schlechten Rahmenbedingungen mit Lieferengpässen, Inflation und Konsumzurückhaltung fordern die Branche heraus. „Wenig Licht und viel Schatten hat das Jahr 2022 dem Kfz-Gewerbe in Krefeld gebracht“, sagte Dietmar Lassek, Obermeister der Kfz-Innung Krefeld, in der rund 90 Werkstätten und Kfz-Händler zusammengeschlossen sind. Das Konsumklima habe sich auch wegen der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und den damit einhergehenden Preissteigerungen verschlechtert, erklärte er.

„Der Autohandel leidet massiv unter den extrem niedrigen Pkw-Neuzulassungen. 2022 dürfte das schwächste Autojahr seit der Wende werden“, erklärt Lassek. Hauptgründe dafür seien die Probleme in der Fahrzeugproduktion durch gestörte Lieferketten, nach wie vor auch beeinträchtigt durch die Corona-Pandemie und die bis vor kurzem verfolgte Null-Covid-Strategie in China.

Aber auch das Geschäft mit Gebrauchtwagen zeige starke Bremsspuren. „Weil Neuwagen schlecht verfügbar sind, greifen die Kunden vielfach zu jungen Gebrauchtwagen“, berichtete Lassek. Der Zufluss dieser Fahrzeuge stagniere jedoch, da der Markt nicht ausreichend mit Leasingfahrzeugen und Mietwagen versorgt werde.

Aber es gebe auch gute Nachrichten: „Was uns im Kraftfahrzeug-Gewerbe aktuell positiv stimmt, ist das Werkstatt-Geschäft. Hier sind wir wieder auf dem Vorkrisen-Niveau von 2019 angekommen“, informierte der Krefelder Obermeister und fügte hinzu „Die Menschen fahren ihre Fahrzeuge länger. Das Pkw-Durchschnittsalter liegt inzwischen bei zehn Jahren. Und je älter ein Fahrzeug, desto mehr Wartung und Reparatur ist notwendig.“ Sorgen bereitet Lassek allerdings die Preisexplosion bei Ersatzteilen. Wenn denn überhaupt welche zu bekommen sind. „Früher waren das Automatikgetriebe oder die Lenkung in zwei Tagen da, und der Kunde konnte wieder mit seinem Auto fahren. Inzwischen dauert die Lieferung manchmal drei oder vier Wochen“, schilderte Lassek die Situation. Er hofft, dass sich die Lage bald wieder normalisiere.

Kritisch betrachtet Lassek die geänderte Förderung von E-Fahrzeugen ab Anfang 2023. Das reduzierte Fördervolumen werde viele Kunden abschrecken, ein E-Auto zu bestellen – denn: „Bei den aktuellen Lieferzeiten von oft zwölf Monaten und länger weiß ich als Kundin oder Kunde ja gar nicht genau, wie hoch mein Prämienanspruch ist und ob ich überhaupt noch in den Genuss einer Prämie komme. Da ist zwischen 4500 und null Euro alles möglich.“

Dabei sei klar, „dass wir einen starken Schub in Richtung CO2-neutraler Antriebsformen benötigen“, so der Obermeister. Derzeit könnten die von der Europäischen Union gesetzten Flottengrenzwerte nur mit Elektrofahrzeugen erreicht werden. Ganzheitlich CO2-neutral sei diese Antriebsart jedoch nur, wenn der dafür benötigte Strom grün sei und bereits die Fahrzeugproduktion klimaneutral gestaltet werden könne. „Es stellt sich die Frage, wann wir diesen Zustand hier in Deutschland und Europa bei den angestrebten Wachstumsraten für E-Fahrzeuge erreichen können. Wir haben auch bei der Ladeinfrastruktur und bei der Ertüchtigung der Stromnetze noch viel zu tun, um die E-Mobilität dahin zu bringen, wo sie hin soll“, sagte Lassek.

Der Obermeister plädiert dafür, den Weg für andere klimaneutrale Antriebsarten, wie synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff, offenzuhalten. Die rund 274 Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge in Europa mit konventionellen Antrieben könnten sehr schnell einen Beitrag zur CO2-Minderung leisten, wenn klimaneutral hergestellte synthetische Kraftstoffe in ausreichender Menge vorhanden wären, so Lassek.

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