Armin Laschet wird Närrischer Steckenpferdritter „Tapfer die Fröhlichkeit verteidigen“
Krefeld · Für einen fabelhafter Auftritt erntete Krefelds neuer Steckenpferdritter, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), Jubel im Seidenweberhaus. Mit Schlagfertigkeit und einer Gesangseinlage eroberte er die Herzen der Narren.
Politiker in der Bütt: Das kann böse schiefgehen. Als Edmund Stoiber im Jahr 2000 den Aachen Karnevalsorden wider den tierischen Ernst bekam, scheiterte der CSU-Mann eindrucksvoll. Der Aachener Armin Laschet war also gewarnt. Er ist der neue Steckenpferdritter der Krefelder Prinzengarde. Und fast sah es so aus, als würde der Abend im ausverkauften Seidenweberhaus kippen: Die Laudatio war beißend; es gab für Laschet keine goldene Brücke der Gemütlichkeit nach Krefeld. Doch er parierte glänzend. Es dauerte keine Minute, bis der Saal ihm zujubelte und klar war: Laschet ist ein Glücksfall zum Jubiläum in der nun 30 Jahre währenden Geschichte der Steckenpferd-Verleihungen.
Für den politisch Interessierten war der Abend auch aufschlussreich: Laschet ließ Kämpferqualitäten erkennen. Man verstand nachher besser, warum dieser oft Unterschätzte heute Ministerpräsident ist. Sein Laudator war Rainald Becker, Steckenpfertritter des Vorjahres, ARD-Chefredakteur und als Hauptstadt-Journalist keiner, der Politiker hätschelt. Becker blieb sich treu; seine Laudatio war scharf und bissig. „Ich werd euch ganz kurz berichten/ allerhand lustige Geschichten“, reimte er. Bei Laschet sei „vieles schön, manches lustig, auch manchmal ein bisschen bitter“. Der rumpelnde Lauf der Versfüße nahm dem Inhalt nichts von seiner Schärfe: Ohne Gnade zitierte Becker Laschets Noten-Affäre: „Der Mann war mal in Aachen Dozent/ und hat dabei das Notengeben voll verpennt./ Doch Armin hat sich da nicht lang gewunden/ hat die Noten für seine Studenten einfach selbst erfunden.“ Gelächter.
Und weiter: Laschets Geburtsort Burtscheid sei bekannt für heiße Quellen – „heiße Quellen, heiße Luft: Der Weg zum Politiker war vorgezeichnet“, ätzte Becker und sagte später, Laschet werde auch der „Hobbit der CDU“ genannt – Anspielung auf dessen Größe von 1,73 Meter, aber auch darauf, dass mancher in der Union Laschet nicht ernst genommen hat. Die Verleihung des Steckenpferdes quittierte Becker mit der Bemerkung: „Mehr kann ein Aachener wirklich nicht erreichen“ – auch das mehr Giftbecher als Laudatio.
Karneval hin oder her, das war schon eine Packung, die man erst mal weglächeln muss. Laschet wirkte dann auch bei der förmlichen Ehrung etwas, nun ja, gequetscht. Wie auch immer: Kaum stand er am Mikrofon, änderte sich schlagartig das Bild.
Laschets Eröffnung war brillant: „In Zeiten von Fake News eine Bemerkung vorab: Alles, was Rainald Becker gesagt hat, stimmt aufs Wort“, sagte er, und er sagte es in einem schwer beschreibbaren Ton, der voller Ironie und Ankündigung war: Warte nur! Der Saal verstand: Gelächter. „Bei manchem Kritischen“ fuhr Laschet fort, „schauen wir beide uns morgen mal den Faktencheck an; und für alles, was Sie nicht erwähnt haben, lade ich Sie nachher zum Bier ein.“ Anschwellendes Gelächter. „Diese Rede allein“, so Laschet schließlich weiter, „war siebzehn Euro fuffzich Rundfunkbeitrag wert – mehr aber auch nicht.“ Jubel, Gelächter, Applaus: Der Saal gehörte Laschet.
Laschet sagte später auf Nachfrage, er habe die Laudatio vorher nicht gekannt. Er hat also improvisiert, und er blieb dabei. Später sollte er sagen, er habe „so eine vornehme, schlaue Rede“ vor sich liegen und sei nun ganz aus dem Konzept. Seinem Auftritt bekam das wunderbar.
Bei allem Witz zeigte er aber auch er, dass er zuschlagen kann. Etwa, als er im Zusammenhang mit der Frage, dass er als Kölsch-Liebhaber in Krefeld zwischen Pils und Alt wählen musste, den (im Saal anwesenden) FDP-Bundestagsabgeordneten Otto Fricke ansprach und sagte, manchmal müsse man sich eben entscheiden, ob man das Falsche oder besser gar nichts trinke – Anspielung auf den berühmten Lindner-Satz nach dem Ausstieg aus den Jamaika-Verhandlungen in Berlin. Laschet nannte Fricke zudem „Frick“, und es blieb offen, ob das ein Versehen oder ein Hieb gegen den Bundes-Liberalen war.
Kleine Seitenhiebe bekam auch Wolfgang Bosbach ab, Steckenpferdritter des Jahres 2013: Laschet erklärte ihn mit dem „bergischen Jung“ Willibert Pauels kurzerhand zum „großen rheinischen Büttenredner“ und erzählte genüsslich von einer Frau, die gerne „die Sendung mit Wolfgang Bosbach“ sieht: „Menschen bei Maischberger“ – Anspielung auf Bosbachs Allgegenwart in Talkshows. Ein Kracher.
Doch alle Schärfe wich schließlich; Das Ganze wurde wärmer. Zu den schönsten Szenen gehörte ein Sängerwettstreit mit dem Publikum, als der Saal plötzlich das Aachener Lied „Vür sönd allemoele Öcher Jonge/ Weä jett well, deä ka jo komme“ in der Krieewelsch-Variante anstimmte. „Jetzt habt ihr mich herausgefordert“, sagte Laschet, strahlte, ergänzte, an seine Frau gerichtet „keine Angst, Liebste“ – und sang das Aachener Lied allein. Jubel, auch deshalb, weil man spürte: Da sang einer, der diese Heimattradition verinnerlicht hat.
Bei dieser Tonlage blieb’s. Laschet witzelte über Fußball (die Leiden der Fans von Alemannia Aachen und dem KfC), das Seidenweberhaus (Abriss dauert so lange wie der Bau des Berliner Flughafens) und den gescheiterten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Als der neue Steckenpferdritter zum Ende gelobte, „tapfer die Fröhlichkeit zu verteidigen“, lag der Saal ihm zu Füßen.
Das Publikum, zu dem auch Oberbürgermeister Frank Meyer sowie die SWK-Vorstände Kerstin Abraham und Carsten Liedtke gehörten, merkt sich so etwas. Als in den Begrüßungen am Beginn der Name Tom Buhrow fiel, brandete Applaus auf. Der WDR-Intendant (der sich den ganzen Abend über köstlich amüsierte) hatte 2014 mit Wolfgang Bosbach im Jubiläumsjahr der Prinzengarde einen grandiosen Auftritt hingelegt. Armin Laschet spielte an diesem Tag auch in dieser Liga.