Krefelder Künstler Die Frau, die das Esters-Gartenhaus rettete
Krefeld · 20 Jahre lang hatte die Keramikerin ihr Atelier im Garten von Haus Esters. Als es abgerissen werden sollte, reif sie den Denkmalschutz auf den Plan. Heute arbeitet Karin Habermann in der Nähe der Linner Museen. Diese Erfahrungen bereichern ihre Arbeit.
Gerhard Storck war bekannt für klare Worte. „Lieber ein guter Handwerker als ein schlechter Künstler“, sagte der damalige Direktor der Krefelder Kunstmuseen der jungen Bewerberin. Damit hatte Karin Habermann den Zuschlag und durfte mit ihrem Keramikatelier das Gartenhaus hinter Haus Esters beziehen. „Martin Lersch hatte von Storck die Erlaubnis erhalten, das frisch sanierte Gartenhaus zu nutzen. Als Lersch sein Künstlerstipendium in Aix en Provence antrat, wurde ich also seine Nachfolgerin“, erzählt sie. Gute Erinnerungen verbindet sie mit der Zeit. Hexenhütte nennt sie das Häuschen liebevoll: „Es gab kein fließendes Wasser. Ich hatte eine Regentonne und durfte mir Kanister im Museum füllen. Es war toll. Ich habe dort sogar geheiratet und ein großes Gartenfest gefeiert.“ Mit dem Hausmeisterehepaar Franken hat sie sich bestens verstanden.
Als Karin Habermann das außergewöhnliche Atelier 1980 übernahm, hatte die gebürtige Krefelderin gerade ihre Ausbildung zur Scheibentöpferin absolviert und sich als Gasthörerin im Fach Keramik-Design an der damaligen Fachhochschule Niederrhein eingeschrieben. Seit 1989 ist sie Keramikmeisterin. Profitiert hat sie künstlerisch, vor allem aber menschlich von den spannenden Begegnungen, die ihr die unmittelbare Museumsnähe bot. Sie lernte die Künstler kennen, die drinnen ihre Ausstellungen vorbereiteten. Mit Norbert Prangenberg, der als Mies-van-der-Rohe-Stipendiat in der Künstlerwohnung der Villen residierte, hat sie vieles verbunden, erzählt sie: „Er kam abends oft zu Besuch vorbei.“
Museumsgänger, sagt sie, habe sie mit einem „Geöffnet“-Schild locken müssen. „Viele hatten Hemmungen, aber andere fanden es toll, dass sie bei mir den Kontrast zu den sehr geradlinigen Formen des Bauhaus-Stils der Häuser Esters und Lange erlebten.“ Manche seien auch irritiert gewesen. Besucher aus dem Ausland hätten den „Florida“-Charme des Häuschens im Museumsgarten gelobt. Und es gab auch kuriose Momente: „Als die Weinregale der Familie Esters aus dem Keller geräumt wurden, habe ich sie bekommen. Ich habe sie abgelaugt und zum Trocknen auf die Wiese gestellt. Kurz darauf habe ich beobachtet, wie Museumsbesucher ganz interessiert darum herum gingen.“ Offenbar hielten sie es für eine Skulptur, die nirgends erklärt wurde.
Als sie Ende Dezember 1999 ausziehen musste, weil das Gartenhäuschen vom Museum genutzt werden sollte, war sie „sehr traurig“. Als dann Gerüchte kursierten, das Häuschen solle abgerissen und das Fundament als Sockel für künftige Kunstpräsentationen genutzt werden, rief die Keramikerin den Denkmalschutz auf den Plan. Der Abriss wurde verweigert. Heute ist das Gartenhaus schmuck restauriert und dient im Sommer als Museumscafé.
Seit 2002 arbeitet Karin Habermann in Linn an der Rheinbabenstraße - das Textilmuseum und das Museum Burg Linn sind nur einen Sprung entfernt. Hier entstehen Gefäße und Drehkeramiken, die in ihrer Dezentheit bestechen. Wie die Bauhaus-Lehre es predigte, stellt Karin Habermann Qualität in den Vordergrund und betont sie mit zurückhaltendem Dekor.
Doch bei ihr folgt die Form nicht der Funktion, sondern dem Gesetz des Moments. Den Schalen und Gefäßen darf man ansehen, dass sie unter Menschenhand gewachsen sind, jedes Stück ein Unikat, das nicht Perfektion anstrebt, sondern Individualität. „Provozierend einfach“ nennt Karin Habermann ihre Keramiken, die bewusste Unregelmäßigkeiten aufweisen. Zarte, sparsam eingesetzte Glasuren und feine, fragile Einlegearbeiten runden ihren Stil ab.