Stoppt Schmetterling Hafenausbau in Krefeld? Kampf um den Ameisenbläuling

Krefeld · IHK und CDU schlagen Alarm, weil die Stadt im Naturschutzgebiet "Spey" einen seltenen Schmetterling ansiedeln will. Gelingt es, könnte der Hafenausbau in Gefahr sein. Die Stadt rudert nun zurück und will das Projekt stoppen.

Mit beißendem Sarkasmus hat CDU-Fraktionschef Wilfrid Fabel in einem Brief an Oberbürgermeister Gregor Kathstede (CDU) das Vorhaben der Stadt kritisiert, im hafennahen Naturschutzgebiet Spey den "Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling", eine vom Aussterben bedrohte Schmetterlingsart, anzusiedeln. Fabel schrieb: "Man kann sich des Eindrucks manchmal nicht erwehren, dass Mitarbeiter des Grünflächenamtes ihr Hobby darin sehen, Entwicklungsprojekte der Stadt zu verhindern. Der Einsatz für Armleuchteralgen könnte Symbolcharakter haben."

Hintergrund: Das Grünflächenamt hat offenbar auf eigene Initiative hin den Ansiedlungsversuch des Schmetterlings in Angriff genommen — wer genau diese Entscheidung getroffen hat, war von der Stadt noch nicht in Erfahrung zu bringen. Daraufhin hat die IHK einen Brandbrief an Oberbürgermeister Kathstede geschrieben: "Diese Maßnahme kann erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben. Hierüber möchten wir Sie informieren", schrieb IHK-Hauptgeschäftsführer Dieter Porschen. Die neue Schmetterlingsart habe "andere Schutzbedürfnisse als die bislang vorhandenen Tier- und Pflanzenarten in dem Naturschutzgebiet"; die Ansiedlung könne "erhebliche Auswirkungen auf für die Wirtschaft wichtige Projekte wie die Hafenerweiterung nehmen". Die IHK bat zu prüfen, ob es einen politischen Auftrag für die Ansiedlung gebe, und Maßnahmen politisch zu unterbinden, die naturschutzrechtlich nicht geboten seien.

Pikant ist die Art, wie dieses Thema dann im Schriftwechsel zwischen Oberbürgermeister Kathstede und Fabel eskalierte. Als Fabel sich in dieser Sache das erste Mal an Kathstede wandte, leitete Kathstede an den Fraktionschef mit kurzem Anschreiben die Stellungnahme der Stadt an die IHK weiter. "Gerne übersende ich Ihnen beigefügt eine Kopie meiner Antwort an die IHK zur Kenntnis", schreibt Kathstede in seinem fünfzeiligen Brief an Fabel. Wichtig ist: Kathstede hatte in dem Schreiben an die IHK durchaus eingeräumt, dass deren Sorge nicht unbegründet ist: "Die Fragestellung hinsichtlich einer Hafenerweiterung sowie der K 1 n sind zu einem späteren Zeitpunkt — soweit die Maßnahmenplanungen beschlossen werden — zu bewerten", hatte Kathstede geschrieben. Heißt ja wohl übersetzt: Die naturschützerische Aufwertung der Spey durch die Ansiedlung neuer, seltener Arten kann sehr wohl Einfluss auf die Hafenerweiterung gewinnen.

Fabel jedenfalls war offenbar wütend, dass Kathstede ihn vor diesem Hintergrund mit einem Fünfzeiler abgefertigt hat. Er schrieb einen weiteren Brief — diesmal in harschem Tonfall: "Die mir erteilten Auskünfte sind in keiner Weise ausreichend." Fabel forderte schroff, den Ameisenbläuling zum Thema in der nächsten Aufsichtsratssitzung der Hafengesellschaft zu machen, alle Ansiedlungsmaßnahmen zu stoppen und das Ganze vor den Rat zu tragen — "damit Hafenerweiterungen nicht ad absurdum geführt werden durch die Ansiedlung von Ameisenbläulingen". Fabels Unmut wird am deutlichsten in jener Bemerkung greifbar, in der er die Verantwortlichen im Grünflächenamt indirekt als Armleuchter tituliert.

Erst nach diesem ruppigen Nachfassen reagierte auch Kathstede: Er kündigte in seiner Antwort an, das Thema, wie von Fabel gefordert, vor den Aufsichtsrat des Hafens zu bringen und sagte zu: "Ihre Ausführungen habe ich darüber hinaus zum Anlass genommen, meine Fachverwaltung zu bitten, sämtliche rechtlichen und sonstigen Möglichkeiten zu prüfen und ggfs. auszuschöpfen, um die Durchführung weiterer Maßnahmen in dem Gebiet zu stoppen."

Die entscheidende Frage, ob die Ansiedlung des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings naturschutzrechtlich geboten oder im Ermessen eines Amtes liegt, ist demnach offen. Die Begründung, überhaupt in der Spey aktiv zu werden, lag laut Stadtverwaltung in europäischem Naturschutzrecht. Die Spey ist demnach ein Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH); in diesen Gebieten ist es vorgesehen, "den günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen".

(RP/anch)
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