Krefeld Kabarett trifft Minarett

Krefeld · Im Seidenweberhaus erklärte Jürgen Becker historisch beschlagen und deftig bildreich die Welt. Zum Beispiel, dass die Heilige Dreifaltigkeit ihren Ursprung im Kölner Karneval hat. Das Publikum forderte Zugaben.

Dass Dick und Doof früher noch zwei Figuren waren, heute oftmals nur noch eine, und dass man seinen 80. Geburtstag groß feiert, weil‘s der letzte runde sein könnte, tatsächlich vielleicht aber noch 20 oder 30 Jahre vor sich hat, und das womöglich in Düsseldorf – das waren die kleinen Kalauer, mit denen der kölsche Kabarettist Jürgen Becker seinem Publikum im fast ausverkauften Seidenweberhaus am Samstagabend die ersten Lacher entlockte.

Dann stieg er in die Geschichte ein. Giordano Bruno war noch auf dem Scheiterhaufen gelandet für seine Behauptung, dass der Mensch aus der Evolution hervorgegangen sei, Goethe überlebte immerhin den Nachweis, dass es tatsächlich so gewesen sein muss, und Charles Darwin schließlich setzte die Erkenntnis weitgehend durch. Ob die Evolution jedoch eine Optimierung der Lebensformen darstellt, zog Becker gleich wieder in Zweifel, denn wie konnte dann nach einem Einstein noch ein Bush jr. möglich sein? Aber daraus ergab sich immerhin, dass es eben nicht der Zwischenkieferknochen ist, der den Menschen von anderen Säugetieren unterscheidet, sondern die Fähigkeit zu lachen.

Von der Entstehung unseres Planeten und den Sauriern, die mit ihrer langen Präsenz auf der Erde quasi die Rolling Stones der Vorgeschichte darstellten, aber immerhin erkannten, wann es Zeit war abzutreten, über den abendländischen Kulturkreis, der deshalb so heißt, weil die Kulturveranstaltungen meist abends stattfinden, kam Becker auf die Entstehung der monotheistischen Religionen – bei 60 C in der Wüste. Das habe schief gehen müssen. Man stelle sich vor: 1000 Folgen „Lindenstraße“ nur mit Mutter Beimer und ohne das restliche vielfältige Personal – das macht aggressiv. So deutete Becker denn auch die Heilige Dreifaltigkeit als Zugeständnis an den antiken Polytheismus und verortete ihren eigentlichen Ursprung natürlich im Kölner Dreigestirn von Prinz, Bauer und Jungfrau.

Historisch beschlagen und deftig-bildreich wie das Alte Testament erzählte er vom Beginn der Missionierung der Germanen unter Chlodwig, von der zweimaligen Fast-Islamisierung des christlichen Abendlandes in der Vergangenheit und von den heutigen Konflikten im Nahen Osten und bei uns. Hüben wie drüben Fundamentalisten mit „Mythen in Tüten“. Dabei könne man sich doch wirklich vertragen. Man schaue nur samstags in die Kölner Südstadt, wie einträchtig sich dort Christen und Moslems der gleichen kultischen Handlung des Autowaschens hingeben.

Ein geistvoll unterhaltsamer Abend, auch mit Seitenhieben gegen scheinheilige Politiker hier und da, und das Publikum forderte Zugabe.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort