Krefeld Junge Tischler - zwischen Kunst und Handwerk

Krefeld · Die Berufsschule Glockenspitz veranstaltete einen Wettbewerb unter den Tischler-Lehrlingen. Die besten Entwürfe wurden prämiert.

 Platz 1: Larissa Reuters entwarf einen Beistelltisch, der aus zwei verschiedenen Würfeln unterschiedlicher Größe, Stärke und Farbe zusammengesetzt ist.

Platz 1: Larissa Reuters entwarf einen Beistelltisch, der aus zwei verschiedenen Würfeln unterschiedlicher Größe, Stärke und Farbe zusammengesetzt ist.

Foto: Lammertz Thomas

Tischlerei ist ein Handwerk, das im Zeitalter von Massenproduktion und Wegwerfartikeln nach wie vor eine qualitätvolle Nische erfolgreich füllt - die Betonung liegt auf qualitätvoll. Das Berufskolleg Glockenspitz führt den schulischen Teil der Ausbildung durch und veranstaltete regelmäßig einen Wettbewerb für Lehrlinge, der stets mit beeindruckenden Stücken zur Leistungsschau gerät. Die Produkte sollten Gegensätze enthalten und sich durch hohe Qualität und Verarbeitung auszeichnen. Entstanden sind interessante und schöne Möbelstücke. Der Sieg in diesem von Männern dominierten Beruf ging an die 17 Jahre junge Larissa Reuters. Neben ihr ist noch eine weitere junge Frau in der Klasse. Wir stellen die Sieger, die "Ehrenvoll Erwähnten" (Platz 4 und 5) und die zweite Frau, Martina Graß, vor.

Ihr Möbel ist ein Beistelltisch, der aus zwei verschiedenen Würfeln zusammengesetzt ist. Die Tochter eines Schreiners, in dessen Schreinerei Reuters in Fischeln sie auch ihre Ausbildung macht, will später den elterlichen Betrieb fortführen. "Ich mag die Vielseitigkeit in dem Beruf. Mit Holz lässt sich so viel machen", sagt sie. Ihr Möbel geht auf ihren eigenen Entwurf zurück, wobei der Vater bei der Ideenfindung Anregungen einbrachte. Die handwerklichen Arbeiten führte sie aber allein aus. Die Vorgabe von zwei Tagen Arbeitszeit erfüllte sie und erstellte ein regelrechtes Designerstück. Die Preisrichter waren von der Art der Arbeit, der Umsetzung der Aufgabenstellung und dem Konzept überzeugt. Außerdem ist das Tischchen äußerst stabil. Damit erhielt sie den ersten Preis. Der Tisch wird künftig in ihrem Zimmer seinen Dienst tun.

 3. Platz: Robin Watson überzeugte die Juroren durch seine Mischung aus eckigen und runden Elemente, sowie durch die fachliche Qualität der Arbeit.

3. Platz: Robin Watson überzeugte die Juroren durch seine Mischung aus eckigen und runden Elemente, sowie durch die fachliche Qualität der Arbeit.

Foto: Lammertz Thomas

Der 20-Jährige ging bei seinem Werkstück ein Risiko ein, denn um die geschwungene Form der Beine seines Beistelltisches zu erreichen, wählte er eine Technik, die er zuvor nie erfolgreich angewendet hatte. Zweimal hatte er bereits versucht, gebogene Holzwerkstücke mittels Formverleimung herzustellen. Zweimal ging es schief. Bei der Formverleimung werden hauchdünne Furnierschichten über eine Negativschablone gespannt und verleimt. Dadurch bleiben sie am Ende formstabil. Im Falle seines Tisches wählte Hubbertz sechs Schichten. "Ich wollte die Technik gern anwenden und finde sie sehr faszinierend. Es ist schön, dass es geklappt hat", berichtet der Auszubildende der Firma Legno in Hüls. Der Tisch wirkt leicht und grazil, dennoch aber stabil, was die Jury, neben der guten Verarbeitung und der Umsetzung des Themas, letztendlich überzeugte, so dass er sich letztlich auf Rang zwei im Wettbewerb einreihte.

Auf Rang drei landete ein Möbel, das durch seine Mischung aus eckigen und runden Elemente sowie durch die fachliche Qualität der Arbeit die Jury überzeugte. Der 23 Jahre alte Robin Watson setzte sich nach der Schule an die Arbeit und nutzte so noch einige Stunden mehr. "Zuerst habe ich die abgerundeten Kantenstücke erstellt. Das Fräsen war heikel. Danach habe ich den Rest gemacht", erzählt der Preisträger. Seine Ausbildung absolviert er bei der Schreinerei Simons im Nordbezirk. Die Schublade im Mittelteil ist auf den ersten Blick kaum als solche erkennbar, wodurch eine Art "Geheimfach" entsteht. Die Idee kam Watson bei einem Blick durch den Raum und die Frage, was er an Möbelstücken brauchen könnte. Die Entscheidung traf er zwischen einem Couch- und einem Nachttisch, die Wahl fiel auf letzteren. Gerade die angedeutete Spiralform des Möbels überzeugte die Juroren. Auch Stabilität und Verarbeitung brachten ihm Rang drei ein.

 Platz 5: Yannik Merks ließ sich bei seinem Couchtisch von einer Schmuckdose inspirieren,

Platz 5: Yannik Merks ließ sich bei seinem Couchtisch von einer Schmuckdose inspirieren,

Foto: Lammertz Thomas

Rang vier und fünf wurden ebenfalls geehrt. Dabei überzeugte Laurenz Mainz mit einem Tisch, dessen Beine aus rohen, praktisch unbearbeiteten Ästen bestehen. Der 23-Jährige, der auch in seiner Freizeit gern mit Holz arbeitet und so sein Hobby zum Beruf machen will, sieht den Aspekt der Gegensätzlichkeit der natürlichen Äste zum verarbeiteten Holz als Kernpunkt seiner Arbeit. Auch farbliche Kontraste und unterschiedliche Formen erfüllten die Aufgabenstellung und brachten dem Azubi von Hase-Thies in Fischeln das Lob der Juroren ein.

Gleiches gilt für Yannik Merks. Die Inspiration für seinen Couchtisch entnahm der 21-Jährige einem Schmuckdöschen vom Juwelier. Er nutzte unterschiedliche Materialien und Größen und setzte so das Thema um. Das Handwerk ergriff der Auszubildende der Schreinerei van der Hoven in Anrath, weil ihm sein Großvater, der ebenfalls Schreiner war, schon als Kinde viele Dinge baute. "Ich finde es toll, was mit Holz möglich ist und kann mir später von Fenster und Tür bis zum Schrank alles selbst bauen", sagt er.

 Platz 2: Leo Hubbertz setzte für die geschwungene Form der Tischbeine auf eine für ihn neue Technik.

Platz 2: Leo Hubbertz setzte für die geschwungene Form der Tischbeine auf eine für ihn neue Technik.

Foto: Lammertz Thomas
 Platz 4: Laurenz Mainz' Tisch besteht aus nahezu unbearbeiteten Beinen.

Platz 4: Laurenz Mainz' Tisch besteht aus nahezu unbearbeiteten Beinen.

Foto: Lammertz Thomas
 Die zweite Frau in der Männerdomäne: Marina Graß baute um ein historisches Schubteil einen neuen Korpus - alles in Handarbeit.

Die zweite Frau in der Männerdomäne: Marina Graß baute um ein historisches Schubteil einen neuen Korpus - alles in Handarbeit.

Foto: Lammertz Thomas

In mehrfacher Hinsicht eine Exotin unter den Teilnehmern ist Marina Grass. Sie erlernt das Tischlerhandwerk, um Restaurateurin zu werden, und absolviert ihre Ausbildung beim Restaurierungs- und Denkmalpflegebetrieb Christoph Tölke auf der Roßstraße. Sie hat ein Studium der Kunstgeschichte abgeschlossen und gehört deshalb mit 28 Jahren zu den älteren Azubis. Die Zielrichtung ihrer Ausbildung zeigt sich in ihrem Möbelstück, einem Schubkasten, bei dem sie um eine historische Schublade einen neuen Korpus baute. Unter all den modernen Formen der Kollegen ragt das wellenförmige Design der Front ihres Schubladenteils heraus. "Ich möchte in einer Zeit, in der Dinge zum Wegwerfen konstruiert werden, schöne Dinge erhalten. Darum möchte ich den Beruf erlernen", erklärt sie. Entsprechend nutzte sie keine C&C-Fräsen oder dergleichen, sondern fertigte alles in Handarbeit.

(RP)
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