Stolpersteinlegung in Krefeld Johannes Winkels starb im KZ Dachau

Krefeld · Johannes Winkels wurde als Berufsverbrecher geführt. Er starb im Konzentrationslager Dachau, nachdem er in der so genannten Typhus-Baracke untergebracht worden war. Sein „Verbrechen“ bestand darin, dass er Männer liebte.

 Das Eingangstor zum ehemaligen Konzentrationslager Dachau, in dem der Krefelder Johannes Winkels zu Tode kam.

Das Eingangstor zum ehemaligen Konzentrationslager Dachau, in dem der Krefelder Johannes Winkels zu Tode kam.

Foto: ap

Am 17. Februar jährt sich der Todestag von Johann Martin – genannt Johannes – Winkels. Er starb 1943 im Konzentrationslager Dachau. Geführt wurde er als Berufsverbrecher, seine KZ-Kleidung war deshalb mit einem grünen Winkel versehen. Für Winkels, der in Grefrath geboren war, endete im Lager in der Nähe von München gewaltsam eine Zeit der Inhaftierungen, die in Krefeld ihren Anfang hatte. Das Landgericht verurteilte den Mann wegen homosexueller Kontakte im März 1939 zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren.

Nach elf Monaten im Krefelder Gewahrsam saß er seine Reststrafe in Wuppertal, in Anrath und zuletzt im hessischen Rodgau ab. 1940 öffneten sich die Gefängnistore in eine vermeintliche Freiheit. Doch der beschwerlichste Teil seines Lebens stand noch vor ihm. Der Reichsführer SS Heinrich Himmler war ein fanatischer Homosexuellen-Hasser. Er befahl, unmittelbar nach dem Strafende Entlassene in Vorbeugehaft  zu nehmen und in Konzentrationslager festzusetzen.

Am Mittwoch, 6. Februar, verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig an der St.-Anton-Straße 68 einen Stolperstein zum Gedenken an den wegen seiner sexuellen Orientierung von den Nationalsozialisten verfolgten Mannes. An dieser Adresse stand seinerzeit ein Wohnhaus. Heute ist dort die Volksbank Krefeld angesiedelt. Die Patenschaft haben die Schüler des Fabritianum-Gymnasiums aus Uerdingen übernommen. Für die Kosten kommt die Stadt Krefeld auf, die in Kooperation mit ihrer niederländischen Partnerstadt Venlo das „Roze Jaar Venlo Krefeld“ veranstaltet.

Der Bochumer Jürgen Wenke ist tief in die Recherchen über das Leben von Johannes Winkels eingestiegen. Demnach zog der Grefrather 1937 nach Krefeld, zunächst an den Westwall, dann an die St.-Anton-Straße. Schon nach der eigentlichen Haft wegen Verstoßes gegen den berüchtigten Paragrafen 175 war Winkels in einer gesundheitlich schlechten Verfassung. Fest steht, dass er nicht mehr in seine niederrheinische Heimat zurückkehren sollte. Im Februar 1941 war er als Insasse des KZ Sachsenhausen in der Kategorie Berufsverbrecher registriert. Er trug einen grünen Winkel an seiner KZ-Kleidung. Damit war er in der Hierarchie der Lagerinsassen an durchaus privilegierter Stelle. Homosexuelle trugen einen rosa Winkel und jüdische Insassen den „Judenstern“. Die Zugehörigen der beiden Gruppen waren in der Regel deutlich häufiger gemeinen Schikanen und Gewalt des Wachpersonals ausgesetzt.

Winkels wurde relativ schnell  ins KZ Natzweiler im Elsass in den Vogesen überführt. Dazu legte die SS aus Sachsenhausen eine Transportliste an, auf der der Krefelder mit der Nummer 210 als „BV 175“ notiert war. Es sei wahrscheinlich, dass Winkels nunmehr einen rosa Winkel auf der Häftlingskleidung tragen musste, folgerte Wenke. In Natzweiler erlebte Winkels seinen letzten Geburtstag am 8. Mai 1942. Dort wurde er zur Zwangsarbeit eingesetzt. Ob er im gefürchteten Arbeitskommando Steinbruch oder Straßenbau tätig gewesen sei, bleibe ungeklärt. Der Krefelder war auf seiner Reise des Grauens noch nicht an der Endstation angelangt. In Dachau galt er wieder als Berufsverbrecher. Doch die vermeintliche Verbesserung steigerte seine Überlebenschance nicht. Nach nur zwei Monaten starb er am 17. Februar 1943 durch „Versagen von Herz und Kreislauf bei Unterleibstyphus“. „Eine beschönigende Formulierung für einen Mord und einen bewusst herbeigeführten, qualvollen Tod“, urteilte Wenke. Winkels starb in der so genannten Typhus-Baracke im Block 13.

Die Angehörigen in Grefrath erhielten eine Todesnachricht. Der Vater sorgte dafür, dass die Urne an den Niederrhein überführt wurde. Die Beisetzung in einem Wahlgrab auf dem städtischen Friedhof in Grefrath fand im April statt. Die Ruhestätte blieb 65 Jahre lang erhalten. Dokumente belegen, dass eine Nichte von Johannes Winkels das Grab bis 2008 gepflegt hat. Dann wurde es eingeebnet und für eine Folgebestattung freigegeben.

Der Stolperstein zum Gedenken an Johannes Winkels ist in Krefeld der zweite für einen Menschen, der wegen seiner Homosexualität in Zeiten des Hitler-Regimes sterben musste. An der Königstraße 45 verlegte Demnig 2017 einen Gedenkstein für den Schmied Peter Jöcken.

Jöckens Schicksal ist ebenfalls von Jürgen Wenke ans Tageslicht geholt worden. Wenke hat anhand von Unterlagen aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen 500 Namen inhaftierter Homosexueller ermitteln können – dass auch ihrer gedacht wird, ist für ihn, der in Bochum bei einer Beratungsstelle für Homosexuelle gearbeitet hat, ein besonderes Anliegen. „Ihr Schicksal ist noch nicht so gut erforscht wie das ermordeter Juden“, sagte er anlässlich der Verlegung des Steins für Jöcken.

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