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Open-Air-Konzert in Krefeld Jazz-Trio 1000 sorgt für Erweckungserlebnis

Krefeld · Raus aus dem Jazzkeller: Jan Klares Trio „1000“ krönte einen lauen Sommerabend in der Innenstadt. Die Band hatte auf einer kleinen Bühne in der Fußgängerzone Aufstellung genommen.

Jazz-Musik abseits jeden Klischees boten die eingefleischten Musiker dem interessierten Publikum.

Jazz-Musik abseits jeden Klischees boten die eingefleischten Musiker dem interessierten Publikum.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Saxofonist Jan Klare hat früher Straßenmusik gemacht - und empfindet das Spiel im öffentlichen Raum als Herausforderung: „Es braucht Mut, wenn dort viele unterschiedliche Menschen unterwegs sind und eben nicht nur ein exklusives Publikum wie im Jazzkeller“. Zusammen mit Wilbert de Joode und Michael Vatcher gehört er zu Band „1000“ - und dieses hatte an einem lauen Samstagabend auf einer kleinen Bühne in der Fußgängerzone vorm Krefelder Jazzkeller Aufstellung genommen. Open-Air-Veranstaltungen vor der Tür sind die Lösung der Stunde - zumindest solange noch Sommer ist.

Als Klare auf Saxofonen und manchmal auch Flöte loslegt, schweben leichtfüßige, vor Ideen sprühende Tonskalen durch die Straßenschlucht. Auf Bänken sitzend, haben circa 100 Besucher der Programmplanung des Krefelder Jazzklubs vertraut, lassen sich ein und werden nicht enttäuscht. Noch interessanter sind die Reaktionen des Laufpublikums: Zum Beispiel verweilt eine junge Mutter mit einem kleinen Kind, das aus dem gebannten Staunen überhaupt nicht mehr herauskommt. Ein erstes Erweckungserlebnis für den Jazz?

„Als wir im Jahr 2004 die Band gründeten, erschien die Zahl 1000 noch unvorstellbar groß“ liefert Klare eine noch seltsamere Erklärung für den ohnehin schon eigenartigen Namen für diese Band. So dadaistisch-schräg Klares Erklärung des Bandnamens hier anmutet, so unmittelbar und querdenkerisch kommuniziert dieses Trio mit seinen Instrumenten. Dieser Jazz wirft Fragen auf, statt Klischees zu bedienen – und entfaltet eine lässige Musikalität dabei. Sportliche Eitelkeiten auf den Instrumenten sind überhaupt nicht nötig. Klare lässt auf seinen Hörner den Spielfluss nie versiegen. Schlagzeuger Vatcher setzt dynamische Wellen in Bewegung und macht auch durch Crescendo-Effekte gehörig Alarm. Bassist Wilbert de Joode ist Lyriker und Berserker zugleich auf seinem Tieftöner.

Open-Air am Behnischhaus gegenüber dem Jazzkeller: Das Interesse an Live-Unterhaltung in Zeiten der Corona-Pandmie war groß.

Open-Air am Behnischhaus gegenüber dem Jazzkeller: Das Interesse an Live-Unterhaltung in Zeiten der Corona-Pandmie war groß.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

„Der zerreißt ja manchmal fast die Saiten seines Instruments“ staunt ein Zuhörer über das unmittelbar Erlebte. Vor allem: Die drei kreisen bei allem nicht um sich selbst, sondern holen im besten Sinne ihr Publikum ab. Wenn Michael Vatcher zwischendurch einen charmanten Song anstimmt, braucht er kein Gesangsmikro, denn so sehr hat sich die Kunst des Zuhörens längst aufs Publikum übertragen. Die spannendsten Momente entstehen, wenn die Musik auch mal leiser wird, um der akustischen Umgebung Raum zu geben. Stimmen aus der Ferne. Irgendwo ein Martinshorn. Schließlich ein obskures lautes Surren von oben. An einem neumodischen Zweckbau fahren automatische Rolladen hoch. Die Sonne geht und der laue Abend kommt. Michael Vatcher antwortet mit einem dezenten Trommelwirbel...

Rolf Sackers, programmverantwortlich beim Krefelder Jazzklub, denkt derweil über die Zukunft nach: Viele ausländische Jazzbands werden auch künftig nicht anreisen können. Aber dafür bietet die hiesige Musikszene reichen „Ersatz“. Die Abstandsgebote bereiten immer noch am meisten Kopfzerbrechen. Der Jazzherbst im Theater ist passé, da das Theater auf viele Kleinveranstaltungen statt weniger Großevents setzen muss. Für Konzerte bahnt sich gerade mit der Kulturfabrik eine gute Lösung an. Für Rolf Sackers ist dies eine Winwin-Situation: „Wir bekommen hier eine Örtlichkeit, um überhaupt Indoor-Veranstaltungen durchführen zu können. Die Betreiber der Kulturfabrik, für die ja der ganze Disco-Betrieb wegfällt, bekommen dafür wenigstens ein paar kleine Einnahmen.“ Sicher ist eins: An Nachfrage wird es nicht mangeln. Die Publikumsreaktion an diesem Abend bestätigt eindrucksvoll den Hunger nach Live-Erlebnissen. Rolf Sackers: „Beim letzten Mal hatten wir leider Nieselregen. Trotzdem sind alle geblieben.“

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