Krefeld Jazz auf dem Alphorn

Krefeld · Zu seiner zweiten Veranstaltung im Rahmen der Jüdischen Kulturtage lud der Jazzklub am Montagabend ins Glasfoyer des Stadttheaters. Vor beinah ausverkauftem Haus spielten der Hornist Arkady Shilkloper und der Pianist Vadim Neselowskyi eines der bemerkenswertesten Duo-Programme, die man gegenwärtig im Jazz erleben kann.

Gleich im Opener legten beide Musiker die Quellen offen, aus denen sich ihr Konzert speisen würde: Das folkloristische Element wurde zunächst von einer jüdischen Melodie vertreten, das Klassische trat im Ton des Horns und im kultivierten Anschlag am Flügel zutage, und erste Brechungen ließen den Jazz als Motor des Geschehens erkennen.

Auf dem Waldhorn pflegte Shilkloper ganz den weichen und gepflegten Sound, der dem Instrument auch sonst eigen ist, brachte nur selten ein wenig Trompetenschärfe hinein, überblies nur ein einziges Mal, erinnerte aber in seiner Spielweise immer wieder an ein Instrument, das dem Jazz-Hörer sehr viel vertrauter ist — die Posaune. Außerdem war er es, der die ethnischen, meist osteuropäischen Zutaten einbrachte.

Eingeschmuggelte Finessen

Vadim Neselowskyi verriet am Flügel vor allem den Einfluss Thelonious Monk, aber auch einen Hauch Cool Jazz hier und einen Schuss Blues dort. Die Stücke begannen oft so simpel, dass sie naiv anmuteten, aber schon nach wenigen Takten hatte sich dieser Eindruck stets in einer Vielzahl beinah hinterlistig eingeschmuggelter Finessen verflüchtigt.

Auf leisen Sohlen wurde ausgebrochen, in fein gesponnen Linien quer geboppt, um dann eine Chopin-Mazurka zu entstauben, einen moldawischen 7/8-Tanz mit "Take Five" zu verschmelzen oder in einem rollenden Boogie humoriges Entenschnattern zu imitieren. Auch ein großes Alphorn und ein kleines Jagdhorn kamen zum Einsatz.

Neselowskyi spielte einmal Melodica und Klavier simultan, und Shilkloper blies sein Horn sanft in den offenen Flügel, brachte dessen gerade stille Saiten zum Schwingen und erzeugte damit ein ganz eigentümliches Echo von zauberhafter Schönheit.

Die stärkste Faszination aber lag darin, mit welch relativ leisen und gezügelten Tönen das Duo ein solch hohes Maß an Spannung und Erregung zu erzeugen vermochte. Man hätte an diesem Abend gern auch noch mehr als zwei Zugaben gehört.

(RP)
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