Krefeld Japaner strömen ins Krefelder Theater

Krefeld · Erstmals inszeniert der japanische Regisseur Kuro Tanino ein eigenes Stück am Gemeinschaftstheater. In Japan ist Tanino ein bekannter Künstler. Donnerstag ist die Premiere - viele Japaner haben sich Karten gesichert.

 Für viele Japaner ist er der Zuschauermagnet: Kuro Tanino. Der Regisseur aus Tokio zeigt in der Fabrik Heeder "Käfig aus Wasser" - ein Stück zur Katastrophe von Fukushima. Dazu gibt es ein Zuschauergespräch am Sonntag.

Für viele Japaner ist er der Zuschauermagnet: Kuro Tanino. Der Regisseur aus Tokio zeigt in der Fabrik Heeder "Käfig aus Wasser" - ein Stück zur Katastrophe von Fukushima. Dazu gibt es ein Zuschauergespräch am Sonntag.

Foto: Thomas Lammerrtz

Neue Besuchergruppen zu erschließen, das ist die vorrangige Aufgabe von Marketingabteilungen. Das Theater ist nun für eine Gruppe interessant geworden, die bisher nicht zu seinen Abonnenten gehört - und keine explizite Zielgruppe war: Für die Premiere von "Käfig aus Wasser" am Donnerstag, 26. März, sind alle Karten reserviert. Ein Großteil des Publikums sind Japaner.

Der 1976 in Toyama, auf der japanischen Hauptinsel Honshu, geborene Kuro Tanino wird erstmals ein für das Krefelder Theater geschriebenes Stück mit dem hiesigen Team inszenieren. In seiner Heimat ist Tanino ein Star.

Als Sohn eines renommierten Psychiater-Ehepaares, studierte er Medizin in Tokio und arbeitete ebenfalls als Psychiater. Parallel gründete er 2000 die Gruppe Niwa-gekidan Penino (übersetzt: Garten-Theater Penino), die 2002 den wichtigsten japanischen Wettbewerb für junge Theater gewann und schlagartig berühmt wurde. Der Ruhm scheint bis zu seinen Landsleuten auszustrahlen, die in unserer Region leben. "Wir haben die japanischen Kulturvereine in Düsseldorf und Umgebung natürlich angeschrieben und über diese Produktion informiert. Auch in Japanisch, weil das höflicher ist", sagt Sabine Mund vom Theater. Die Resonanz ist enorm. Auch für folgende Veranstaltungen haben japanische Besucher bereits Karten reservieren lassen.

Schauspieldirektor Matthias Gehrt hat in seiner ersten Spielzeit an den Vereinigten Bühnen - 2010/11 - die Reihe des außereuropäischen Theaters installiert. Iran, Afrika, Mexiko und Israel/Palästina haben die Theaterzuschauer aus einer Perspektive "von innen" bereits erlebt. Krieg, Terror, Diktatur und Armut waren die Themen, die behandelt wurden. "Japan und Deutschland sind sich trotz aller Unterschiedlichkeit auch in vielem ähnlich", sagt Tanino: Beide Länder sind Industrienationen, hatten im Zweiten Weltkrieg die Rolle des Aggressors, stehen heute für Pünktlichkeit und Fleiß, und die Gesellschaften ähnlichen sich in ihrer Struktur: viele Rentner, niedrige Geburtenquote. Das ist Tanino wichtig. "Ich gehe bei meinen Stücken immer von den Menschen aus, davon, was etwas für sie persönlich bedeutet, für ihre Gefühle und die Familie."

So ist es auch bei "Käfig unter Wasser": Tanino thematisiert die Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011. Im Internet habe es damals weitaus mehr kritische Stimmen - auch Verschwörungstheorien - gegen die Atomkraft gegeben als in den Medien. Dort nimmt er seinen Ansatzpunkt: Er erzählt von einem Mann, der sich in seinem Apartment von der Außenwelt abschottet und den Kontakt nur noch über das virtuelle Netz hält. So versucht er, seine eigene Wahrheit zu verbreiten. Tanino ist Psychiater, seine Hauptfigur ist paranoid: ein mittelalter deutscher Mann, der vorgibt, ein alter Japaner zu sein. Tanino gibt seine Absicht zu: "Ich will das Publikum verwirren". Deshalb spielt er mit Klischees und den Vorstellungen von Klischees, will sie auf den Kopf stellen und konterkarieren. "Die Kluft zwischen den Bildern der Kulturen ist groß; die Kluft zwischen uns ist gering", sagt er nach den ersten Wochen intensiver Arbeit mit einem deutschen Team. Christopher Wintgens spielt im Ein-Mann-Stück "Käfig aus Wasser", Caspar Pichner hat Bühne und Kostüme entwickelt, Barbara Kastner als Dramaturgin mitgewirkt.

Am Sonntag, 22. März, wird sich Kuro Tanino auf Einladung der Theaterfreunde ab 19.30 Uhr im Glasfoyer des Theaters mit Schauspieldirektor Matthias Gehrt über Kunst und Kultur, Politik und Gesellschaft und über Klischees unterhalten. Eintritt 3,50 Euro. Die Premiere am 26. März, 20 Uhr, in der Fabrik Heeder ist ausverkauft. Es empfiehlt sich die Info an der Tageskasse, Telefon 02151 805125.

(RP)
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