Bernd Stelter vor Auftritt in Krefeld Bernd Stelter im Interview: „Man darf nicht die ganze Zeit rotsehen“

Krefeld · Vor seinem Auftritt im Seidenweberhaus sprach Bernd Stelter mit der Rheinischen Post über sein Programm, das Grundproblem unserer Gesellschaft und seinen Kollegen Luke Mockridge

Bernd Stelter kommt mit seinem neuen Programm ins Seidenweberhaus. Im RP-Gespräch erzählt er, dass die Deutschen oft zu verbissen seien. Die Gelassenheit der Menschen in Australien oder den Niederlanden sei vorteilhaft.

Foto: dpa/Oliver Berg

Mit seinem Programm „Reg dich nicht auf. Gibt nur Falten!“ kommt Bernd Stelter am Samstag nach Krefeld. Im Interview spricht er über die Hintergründe seines Programms, Debattenkultur, das Grundproblem unserer Gesellschaft und auch über Luke Mockridge.

Sie kommen mit ihrem neuen Programm „Reg dich nicht auf. Gibt nur Falten!“ nach Krefeld. Was steckt hinter dem Titel?

Bernd Stelter Wissen Sie, ich finde die Deutschen regen sich viel zu sehr auf. Wenn Sie mal von Krefeld nach Holland fahren, merken Sie das schon. Die Menschen sind dort viel gelassener. Ein Musterbeispiel ist der Verkehr.

Was ist in Holland anders?

Stelter In Holland gibt es ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern und immer, wenn ich nach Zeeland fahre, setze ich den Tempomat auf 104. Da fahre ich ganz entspannt. Es gibt keinen Stau, nichts. Fahre ich zurück über die Grenze nach Deutschland geht es sofort wieder los. Da wird gedrängelt, gehupt und gerast. Und wer sich da aufregt, dem kann ich nur den Spruch mitgeben: „Wer sich ärgert, büßt für die Fehler anderer.“

Deutsche, die sich aufregen: Das ist mittlerweile ja schon ein Klischee. Gab es für Sie einen Auslöser, warum Sie gerade jetzt dieses Thema behandeln?

Stelter Auslöser war eine Reise nach Australien. Die Menschen dort waren viel entspannter als hier und da habe ich mich gefragt, woran liegt das eigentlich? Deswegen möchte ich mich auch selber nicht als Comedian bezeichnen. Denn ich möchte das Thema richtig bearbeiten und recherchieren. Die Menschen, die zu meinem Programm kommen, werden einen sehr unterhaltsamen Abend haben. Und wenn sie am Schluss noch was mitnehmen, dann ist das noch besser.

Auf was sind Sie in ihrer Recherche gestoßen? Ich habe gelesen, Sie haben auch nach Lösungsansätzen gesucht.

Stelter Es waren zum Teil ganz banale Sachen. Zum Beispiel gab es da ein Buch über das Schaukeln. Dort wird eine Schaukel am Bahnhof in Utrecht beschrieben. An der Schaukel können die Menschen ihr Handy laden, aber während es lädt können sie nur Schaukeln und nicht auf das Handy schauen. Und das hat die Leute so entspannt, dass die Zeit wie im Flug verging und sie zum Teil ihren Zug verpasst haben.

Vielleicht noch mal zum Thema wir regen uns zu viel auf. Wenn ich Nachrichten schaue und sehe was in der Welt und auch hier passiert, habe ich den Eindruck man muss sich geradezu aufregen…

Stelter Meine Eltern haben auch die Tageszeitung gelesen und abends die Tagesschau gesehen. Die waren auch gut informiert, wir brauchen aber dieses Nachrichtenfeuerwerk nicht. Ich gehe jeden Tag 10000 Schritte und dabei habe ich mein Handy nicht mit und glauben Sie mir, das tut gut. Es ist ja nicht falsch sich aufzuregen. Aufregung ist eine Alarmbereitschaft, aber man darf nicht die ganze Zeit rotsehen. Wir sollten so gelassen wie möglich sein.

Jetzt haben Sie schon zweimal das Handy angesprochen. Welche Rolle meinen Sie, spielen das Handy und die Sozialen Medien bei dem Thema?

Stelter Eine große. Als ich mit meiner Band mit „Wer Lieder singt braucht keinen Therapeuten“ auf Tour war, saßen wir abends beim Essen zusammen. Auf einmal bekam ich die Whatsapp Nachricht: „Reichst du mir mal das Salz?“ Da habe ich hochgeschaut und gesehen, dass alle am Handy waren. Daraufhin haben wir die weggepackt und hatten ab da super Abende. Denn diese ständige Erreichbarkeit macht auch fertig.

Was hat das in Ihren Augen für gesellschaftliche Auswirkungen?

Stelter Früher gab es Respektspersonen, deren Analysen zählten. Heute sind es Influencer und jeder, der was sagen möchte. Und bei der Frage in den Zeitungen und Medien: „Was sagt das Netz dazu?“, muss ich sagen: Es ist egal. Dort herrscht mittlerweile eine solche Respektlosigkeit in der Debattenkultur. Standpunkte werden gar nicht mehr angehört. Ich denke, wer Meinungen nicht mehr hören will, ist respektlos. Und fehlender Respekt ist das Grundproblem in unserer Gesellschaft. Würden wir uns weniger aufregen, hätten wir die Chance das zu ändern.

Da sind wir wieder bei Ihrem Programm und Humor. Luke Mockridge hat das Thema Respekt auch beim Thema Humor mit seinen Witzen über Paralympics-Teilnehmer wieder ins Gespräch gebracht. Wie stehen Sie dazu?

Stelter Ich fand Lukes Witze fürchterlich. Lukes Entschuldigung aber glaube ich. Ich persönlich war immer gegen Tabulosigkeit. Denn ich finde es ist wichtig, erst mal Witze über sich selbst machen zu können. Wer das kann, kann auch Witze über andere Dinge machen. Und so halte ich das auch in meinem Programm.

Bernd Stelter tritt am 05.10. um 20 Uhr im Seidenweberhaus in Krefeld auf. Karten zum Preis von 38,25 Euro für die Karte ohne Vergündigung, sind online unter evetim.de erhältlich. Das Programm beginnt um 20 Uhr.