Fabrik Heeder Die Welt tanzt in Krefeld

Krefeld · Die Tanzmesse NRW ist weltweit das größte Tanztreffen der Professionals. Die Heeder ist ein wichtiges Standbein.

 Momuro Movement Lab aus Korea zeigen ihre Choreografie „Between“. Es geht um eine innige Liebesgeschichte — ein Thema, das in Korea sonst nicht öffentlich behandelt wird.

Momuro Movement Lab aus Korea zeigen ihre Choreografie „Between“. Es geht um eine innige Liebesgeschichte — ein Thema, das in Korea sonst nicht öffentlich behandelt wird.

Foto: tanzmesse nrw/Park Sang Yun

Mehr als 500 Compagnien aus aller Welt präsentieren sich vom 29. August bis zum 1. September bei der Internationalen Tanzmesse NRW in den Messehallen des NRW-Forums in Düsseldorf. Mit rund 1600 Fachbesuchern, die aus allen Ländern anreisen, ist die Messe seit Mitte der 1990er Jahre das weltweit größte Branchentreffen für den zeitgenössischen Tanz. „Es ist bis in den letzten Winkel der Welt in der Tanzszene bekannt. Und es hat riesiges Potenzial“, sagt Dieter Jaenicke, seit 2017 Direktor der „internationalen tanzmesse nrw“, die das Großereignis im Biennale-Rhythmus ausrichtet. Seit 2008 ist Krefeld als Außenstandort mit im Boot. „Ein wichtiges Standbein, das zeigt, wie gut Kooperation funktioniert.“ Denn die beiden Studiobühnen der Fabrik Heeder sind neben Düsseldorf und Leverkusen Spielstätten der Messe, in denen sich ausgewählte Compagnien präsentieren. „Es ist eine Win-Win-Win-Win-Situation, weil alle profitieren: die Künstler, Krefeld, die Tanzmesse und das Publikum“, sagt Jaenicke. Denn die Vorstellungen sind öffentlich.

„Für uns war es eine große Chance, als man uns damals fragte, ob Krefeld als Spielort zur Verfügung steht“, sagt Jürgen Sauerland-Freer, Leiter des Kulturbüros. Denn so rücke Krefeld, das mit den Festivals und Reihen zum zeitgenössischen Tanz landesweit einen guten Ruf hat, auch ins internationale Licht. „Und so kommen zu uns auch internationale Compagnien, die wir aus Kostengründen gar nicht einladen könnten“, erklärt seine Kollegin Dorothee Monderkamp. Und manchmal ergeben sich auch Kontakte für künftige Einladungen. Ein koreanische Ensemble oder Gäste aus Australien hätte man ohne die Messe so bald nicht zu sehen bekommen.

„Fair and Festival“ ist der Untertitel der Tage, der mit der Doppeldeutigkeit von „fair“ als Messe und Synonym für „gerecht“ spielt. Die Tanzszene rund um den Globus will Jaenicke mit der Messe abbilden. Als künstlerischer Leiter des Europäischen Zentrums der Künste in Dresden hat er in den vergangenen zehn Jahren Hellerau wieder zu einer Adresse für zeitgenössischen Tanz gemacht, als Generaldirektor des Welt-Kultur-Forums in Sao Paulo und Rio de Janeiro hat er die großen Tanz-Ideen-Messen in Brasilien geleitet. „In Sao Paulo waren 150.000 Teilnehmer, in Rio 45.000“, berichtet er. Für die hiesige Messe verwaltet er ein Budget von 900.000 Euro. „Ein Großteil sind Eigenmittel, die über Akquise und die Standvermietung zusammenkommen. Die Compagnien treten weitestgehend ohne Gagen auf, die Kosten tragen die Herkunftsnationen.“ Das Land NRW fördert die Tanzmesse finanziell: „Wir sind froh, dass wir als Festival anerkannt sind und von der 30-prozentigen Erhöhung der Landesmittel profitieren“, sagt der Direktor. Künftig soll es immer ein Gastland geben — in diesem Jahr ist es China — und mehr Augenmerk auf Strömungen, die auch ein junges Publikum ansprechen wie HipHop, Street Dance und Urban Dance.

 Die Compagnie von Lucy Guerin kommt aus Australien. Sie zeigt am 1. September, wie auf der anderen seite der Welt Raum und Zeit behandelt werden.

Die Compagnie von Lucy Guerin kommt aus Australien. Sie zeigt am 1. September, wie auf der anderen seite der Welt Raum und Zeit behandelt werden.

Foto: Tanzmesse

Zu seinen ersten Amtshandlungen als Direktor der Tanzmesse habe eine Reise an die diversen Spielstätten gehört. Von der Fabrik Heeder war er hellauf begeistert: „Ich habe gedacht: Wow, endlich ein Theater, das richtig Höhe hat und eine Ästhetik, die jeden Künstler geradezu herausfordert. Denn wir bieten ein ambitioniertes, hochklassiges Programm. In der Heeder sind herausragende Beiträge zu erleben.“ In Krefeld werden sieben Produktionen zu sehen sein.

Korea hat die Bühnenhoheit am ersten Krefelder Spieltag, am Donnerstag, 31. August. Ab 16 Uhr stellt sich Momuro Movement Lab vor mit einem für Koreaner ungewöhnlich persönlichen Thema: eine innige Liebesgeschichte. „So etwas wird sonst nicht öffentlich behandelt“, sagt Jaenicke. Zeitgleich ist auf der anderen Bühne Noname Sosu mit Interpretationen der Stille („Silentium“) zu erleben. Die Korea National Contemporary Dance Company, die westliche und asiatische Tanzsprache mischt, stellt sich ab 16.50 Uhr vor. Aus Chile kommen Pe Mellado Danza (31. August, 16 Uhr) mit einer Hommage an die Dichterin Gabriela Mistral, die 1945 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Stephanie Thierschs „Mouvoir“ ist zwar in Deutschland beheimatet, aber ihr Projekt bringt europäische und afrikanische Tänzer in spannungsvolle Dialoge (17 Uhr). Am Samstag, 1. September geht es um 16 Uhr nach Australien. Lucy Guerin zeigt, wie in ihrer Heimat das Thema von Raum und Zeit verhandelt wird. Die Simone Grøtte Company aus Norwegen steht für einen Trend: „Zeitgenössischer Tanz wird zunehmend politisch“, sagt Jaenicke. Ihr Thema ist der Zweite Weltkrieg in Norwegen und das deutsche Erbe.

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