International Jazz Day auf Burg Linn „Jazz ist eine Stimme für die Freiheit“
Krefeld · Oberbürgermeister Frank Meyer sprach zum Jazztag in Krefeld ein Grußwort. Kari Ikonen entführte die Zuhörer in wechselnde Welten mit exotischen Klangfarben. Es gab kühle Getränke zu Plaudereien unter nachtblauem Himmel.
Dem Jazz-Club ist es wieder mal gelungen, allererste Künstler nach Krefeld zu holen: Zum Internationalen Jazztag kamen der Finne Kari Ikonen und der Altmeister Marc Copland mit seinem Quartett in die Linner Burg. Das Publikum war begeistert.
In den beiden vergangenen Jahren konnte der Jazztag wegen der Corona-Einschränkungen gar nicht gefeiert werden – jetzt war der Rittersaal komplett (199 Gäste sind erlaubt) gefüllt. Es war deutlich zu merken, wie sehr das gemeinsame Erleben von Musik den Jazzfreunden gefehlt hat. Und es gab auch eine Pause, in der bei einem kühlen Getränk unter nachtblauem Himmel geplaudert wurde.
Der Jazzclub begrüßte seine Gäste und dankte besonders der Stadt und dem Land Nordrhein-Westfalen, mit deren Unterstützung das Doppelkonzert überhaupt erst stattfinden konnte. Oberbürgermeister Frank Meyer als Schirmherr sprach ein Grußwort, in dem er besonders das Live-Erlebnis hervorhob: „Jazz lebt von der Interaktion.“ Er ging auch auf die Historie dieser Musikform ein: „Jazz ist eine Stimme für die Freiheit, die in der Ukraine gerade zerstört wird“, sagte er und berichtete über eine kleine Gruppe von Jazzmusikern, die jetzt in Odessa trotz allem einmal in der Woche zusammen Musik machen.
Die weltumspannende Bedeutung des Jazz wurde bei Kari Ikonen, hier als Solist, besonders deutlich, denn er entführte die Zuhörer in wechselnde Welten mit exotischen Klangfarben. Zuerst führte Ikonen in eine arabische Welt. Dafür hat er ein eigens entwickeltes Gerät an den Saiten des Flügels befestigt, das sogenannte Maqiano. Mit seiner Erfindung werden die Halbtonschritte arabischer Tonleitern möglich. Sie mögen bei so manchem Zuhörer die freie intellektuelle maurische Welt assoziieren, wie sie im vorkatholischen Spanien bestand. Die Schönheit liegt hier natürlich im Ohr des Zuhörers. Kari Ikonen berichtete sehr zufrieden, dass sein Maqiano gerade in den Handel gekommen ist: „Jetzt können das auch andere Pianisten verwenden“, sagt er charmant in seinem perfekten Englisch. Sein zweites Stück ist inspiriert von dem Gemälde „Rausch“ (1939) des Schweizers Paul Klee. Darin gehe es um die „immerwährenden Verwandlungsprozesse in der Natur“ und zerbrochene Figuren, heißt es im Lenbachhaus München, wo das Bild hängt. Kari Ikonen zeigt in diesem Stück und auch in der Zugabe „The Evergreen Earth“, welche Bedeutung die Auseinandersetzung mit der Natur und dem Klimawandel für ihn hat. Was übrigens auch daran deutlich wird, dass er bei seiner Europatournee, die in der Kölner Philharmonie begonnen hat, gänzlich auf das Fliegen verzichtet hat.
Wer bei dem Konzert das Glück hatte, hinter dem Steinway zu sitzen, konnte sehr genau sehen, wie Ikonen Töne und Rhythmen aus dem Flügel hervorzaubert. Er bewegt sich virtuos über die Klaviatur, greift in die Saiten, streicht hinüber und zupft einzelne Töne und erzeugt so faszinierende Klänge. In dem Stück „Koto“ gelingen im Töne mit Glockenklang hervorzubringen, die an die japanische Zither erinnern. Auf Finnisch, so verriet er, heisst Koto „Zuhause“.
Nach der Pause setzte sich der hochkonzentrierte Marc Copland an den Flügel. Sein Spiel erinnert an Keith Jarrett. Zum Copland Quartett gehören zwei junge Deutsche, Bassist Felix Henkelhausen und Schlagzeuger Jonas Burgwinkel. Mark Feldmann spielt die Violine – er wurde mit einem Grammy ausgezeichnet. Die beiden Senioren stammen aus den USA, Feldmann wurde 1955 Chicago geboren, Copland 1948 in Philadelphia. Beide haben auch komponiert und haben zahlreiche Alben eingespielt.
Mit kleinen Blicken verständigten sich die Musiker – die Improvisationen wurden von den Zuhörern entsprechend mit Applaus bedacht. „Spring Song“ war eine kleine Verbeugung vor der Jahreszeit. Beeindruckend das Stück „Round she goes“, das sich auf Glücksräder bezieht und das Leben als einen wirbelnden Strudel beschreibt. Nach einer Stunde mit vier langen Stücken gab’s eine Zugabe: Der „Sad Song“, der zu Beginn sehr an Vaughan Williams’ „The Lark ascending“ erinnerte, war ein sanfter Ausklang.