Krefeld "Industrie, hilf unserem Museum"

Krefeld · 330 000 Euro kostet die Sanierung des von der Schließung bedrohten Hauses der Seidenkultur. Der Fördervereinsvorsitzende Hansgeorg Hauser appelliert an die Krefelder Industrie. "Unser Haus ist schließlich das letzte voll erhaltene Denkmal aus Krefelds großer Blütezeit."

 Hansgeorg Hauser in seinem "Haus der Seidenkultur" im noch vollständig erhaltenen 100 Jahre alten Websaal. "Die Industrie nimmt unser Haus nicht als das wahr, was er für Krefeld bedeutet: Es ist eigentlich das Wahrzeichen der Textilstadt."

Hansgeorg Hauser in seinem "Haus der Seidenkultur" im noch vollständig erhaltenen 100 Jahre alten Websaal. "Die Industrie nimmt unser Haus nicht als das wahr, was er für Krefeld bedeutet: Es ist eigentlich das Wahrzeichen der Textilstadt."

Foto: Thomas Lammertz

Herr Hauser, vor wenigen Tagen wurde öffentlich, dass das Haus der Seidenkultur von der Schließung bedroht ist. Was macht Sie sicher, dass dieser Ernstfall nicht eintritt?

Hansgeorg Hauser Es ist schon eine Menge passiert, es gibt einen Hoffnungsschimmer. Inzwischen haben wir mit dem Denkmalamt abgestimmt, wie der Umbau laufen kann. Es hat auch schon Anrufe von Privatleuten, unter anderem dem SPD-Ex-Landtagsabgeordneten Eugen Gerritz, gegeben. Spender haben sich allerdings noch nicht gemeldet. Ohne Spenden wird der Umbau aber nicht zu machen sein.

Wer soll spenden?

Hauser Ich würde mich freuen, wenn unsere Krefelder Industrie sich für unser Haus engagiert. Man muss, besser: die Industrie muss, das Haus der Seidenkultur als Symbol für Krefelds Blütezeit sehen. Hier wurden Produkte gefertigt, die Krefeld und die Krefelder reich gemacht haben. Auf dieser Basis konnten auch viele der heute noch existierenden Krefelder Industriezweige wachsen. Dies ist der Grund, warum das Haus der Seidenkultur einen solch hohen Wert für Krefeld als Wirtschaftsstandort hat.

Haben Sie das den Industriechefs noch nicht gesagt?

Hauser Im Gegenteil. Ich appelliere immer an Firmenchefs, im Rahmen von Geschäftsbesuchen auswärtige Gäste in das Haus der Seidenkultur zu führen, als Begleitprogramm. Leider wird dieses Angebot bisher viel zu wenig wahrgenommen. Die Industrie nimmt unser Haus nicht als das wahr, was er für Krefeld bedeutet: Es ist eigentlich das Wahrzeichen der Textilstadt. Die Familie von der Leyen hat die Seide nach Krefeld geholt, im Verlagswesen verbreitet. Das Verlagswesen starb in der napoleonischen Zeit. Aus den Heimwebern wurden dann die Weber in den Fabriken und es kam zum Boom der Textilindustrie. Das ist — kurz gefasst — die Geburtsstunde der Krefelder Wirtschaft.

Und warum wird das ignoriert?

Hauser Ich mache das an einem ganz logischen Faktor fest. Bis auf Dr. Dieter Siempelkamp gibt es in den großen Krefelder Industrie-Unternehmen keine Chefs aus Krefeld mehr. Die Verbindung zur textilen Geschichte unserer Stadt geht verloren. Früher hatten wir Geschäftsführer, da musste man mit dem Finger schnipsen und es flossen die Spenden — ich denke da zum Beispiel an Eduard Küsters. Damals gab es auch noch so was wie den "Krefelder Verschönerungsverein", in dem sich Bürger der Stadt für den öffentlichen Raum einsetzten. Heute denken die Chefs der Unternehmen erst einmal an die Kapitalverzinsung, weniger an das Umfeld. Es gibt zwar noch mittelständische Unternehmen, deren Geschäftsführer aus Krefeld kommen, aber auch hier lässt der Bezug nach.

Was, wenn Ihr Appell in der Industrie nicht ausreichend Gehör findet?

Hauser Die nächsten Wochen und Monate werden es zeigen. Bis Ende 2011 möchte ich die Mittel bereit haben. Aus dem Haushalt wird nicht alles zu stemmen sein, ich hoffe dennoch, dass die Stadt Geld dazu tut. Ich sehe auch andere Institutionen, die helfen können: den Landschaftsverband, die IHK-Jubiläumsstiftung, die Sparkassenstiftung, Stadtwerke und die NRW-Stiftung, die 1999 unser Haus mit der größten Einzelstiftung aus ihrem Etat erst möglich gemacht hat.

Sie wühlen, werben, appellieren: Man kann Sie ja fast den "Hauser der Seidenkultur" nennen. Was treibt Sie persönlich an? Es kann doch keinen Spaß machen, öffentlich den Bittsteller zu spielen.

Hauser Ich bin selber Mittelständler, auch uns hat der Firmensitz Krefeld zu Wohlstand verholfen. Ich sehe mich in der Pflicht, etwas zurückzugeben. Inzwischen hat mein Sohn die Hauser-Gruppe übernommen. Ich bin zwar noch Gesellschafter und Geschäftsführer der Hauser Umwelt-Service GmbH. Aber das ist mir zu wenig. Das Haus der Seidenkultur hat mich gepackt. Und jetzt ist es eben meine Aufgabe, Öffentlichkeit dafür zu schaffen.

Liegt die bisher noch ausgebliebene Reaktion der Öffentlichkeit vielleicht auch an der geringen Präsenz des Hauses? Sie öffnen dreimal im Monat für einige Stunden. Zu wenig?

Hauser Sie müssen das so sehen: Wir machen das alles mit Ehrenamtlern, einem kleinen Team von 28 Leuten. Ich koordiniere in meinem Büro alle Anfragen zum Haus, auch die Termine der Ehrenämtler. Das ist sehr zeitintensiv. Aber sicherlich könnte man aus unserem Haus noch viel mehr machen. Hoffnung macht mir, dass wir mittlerweile einige junge Ehrenämtler gewonnen haben, eine Kunsthistorikerin der Universität Duisburg-Essen ist dabei, auch die Chefköchin der Heilsarmee engagiert sich.

Und wenn das Haus wegen der Sanierung geschlossen ist...

Hauser Wenn es erst einmal länger geschlossen ist, wird es schwer sein, es wieder zu öffnen. Die Ehrenämtler werden sich andere Interessen suchen, die Öffentlichkeit wird das Haus vergessen. Deshalb kämpfe ich jetzt. Wir müssen das Haus möglichst lange geöffnet halten. Die ausländischen Veranstalter haben uns bis jetzt noch im Programm, wenn wir schließen, nehmen die uns aus dem Programm und wir müssen bei Null anfangen.

Sebastian Peters führte das Interview.

(RP)
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