Vor allem im Handwerk Die beliebtesten und die unbeliebtesten Berufe in Krefeld

Serie | Krefeld · „Unternehmen in allen Bereichen suchen nach Aus­zubildenden“, sagt Jürgen Stein­metz (IHK). Auch im Handwerk gebe es aktuell praktisch keinen Bereich, der nicht händeringend nach Auszubildenden suche, ergänzt Geschäftsführer Marc Peters.

Bürokaufleute, Groß- und Außenhan­delskaufleute oder Industriekaufleute sind gefragte Be­rufe.

Bürokaufleute, Groß- und Außenhan­delskaufleute oder Industriekaufleute sind gefragte Be­rufe.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Wohl nie zuvor war die Lage auf dem Ausbildungsmarkt so einseitig zum Vorteil der Arbeitnehmer bezie­hungsweise der Jugendlichen gestal­tet. Die Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, ver­antwortlich für Ausbildung in kauf­männischen und technischen Berufen, und der Kreishandwerkerschaft, die die Ausbildung in Handwerksberufen übernimmt, sprechen über die neues­ten Trends.

„Wir erleben eine Situation, wie es sie in der Bundesrepublik nie gege­ben hat. In praktisch allen Ausbil­dungsberufen haben wir einen soge­nannten inversen Markt. Unternehmen in allen Bereichen suchen nach Aus­zubildenden“, sagt Jürgen Stein­metz (IHK). Und auch Handwerker­schaft-Geschäftsführer Marc Peters stimmt zu. Auch im Handwerk gebe es praktisch keinen Bereich, der nicht händeringend nach Auszubildenden suche.

Dabei gebe es naturgemäß durchaus Unterschiede zwischen den Branchen, generell sei die Situation für Be­werber aber konjunkturunabhängig günstig. „Wir sind in vielen Berei­chen besser durch Corona gekommen, als gedacht wurde. Und auch die Konjunkturdaten für 2023 sind jetzt schon besser als noch im Herbst. In der kommenden Woche werden wir hier die Ergebnisse unserer Umfrage ver­öffentlichen“, sagt Steinmetz.

 Krisensicher und hohe Gehälter: Schreiner oder Installateure – Handwerker wurden und werden immer gebraucht.

Krisensicher und hohe Gehälter: Schreiner oder Installateure – Handwerker wurden und werden immer gebraucht.

Foto: dpa/Felix Kästle

Eine richtige Erklärung für die Lage auf dem Ausbildungsmarkt sei komplex. „Einerseits ist da der demografische Wandel und sinkende Zahlen an Schulabgängern. Aber das erklärt die Situation nicht zur Gänze. Immerhin hatte Deutschland nie so viele Einwohner wie heute“, analysiert er weiter. Generell sei das Studium bei vielen potenziellen Bewerbern der Weg der Wahl.

„Ich will jetzt gar nicht die duale Ausbildung gegen das Studium posi­tionieren. Jeder junge Mensch muss für sich den passenden Weg finden. Klar ist aber: In der Ausbildung bekomme ich sofort Geld. Das ge­ringste Ausbildungsentgelt im Kam­merbezirk liegt bei gut 600 Euro. Nach Abschluss verdiene ich gleich ein volles Gehalt. Ich bin Anfang 20, in jedem Fall Vollverdiener. Im Studium ist das meist erst Ende 20 der Fall. Untersuchungen zeigen, dass eine duale Ausbildung im Le­bensverdienst dem Studium im Nor­malfall in nichts nachsteht“, be­tont er.

Außerdem sei es nicht zwingend ein Entweder-oder. „Einerseits gibt es die Möglichkeit des dualen Studi­ums, bei dem ich duale Ausbildung und Studium kombiniere. Andere Azu­bis satteln nach der Ausbildung ein Studium darauf“, sagt er. Für die Unternehmen sei dies ein zwei­schneidiges Schwert. „Einerseits ist Ausbildung eine wichtige ge­sellschaftliche Aufgabe. Anderer­seits will man seine selbst ausge­bildeten Fachkräfte gern halten. Aber hier kommt es dann darauf an, gute Bedingungen zu bieten und die Menschen während des Studiums zu binden und später zurückzubekom­men. Das geht heute beispielsweise durch Nebenjobs, die Remote ausge­führt werden können“, sagt Stein­metz.

Klassiker: Fachkräfte für Lagerlogistik im kaufmännischem und Chemikant, In­dustriemechaniker, Mechatroniker im gewerblich-technischen Bereich.

Klassiker: Fachkräfte für Lagerlogistik im kaufmännischem und Chemikant, In­dustriemechaniker, Mechatroniker im gewerblich-technischen Bereich.

Foto: dpa-tmn/Frank Rumpenhorst

Corona habe zusätzlich geschadet. „2019 hatten wir rund 4.500 einge­tragene Ausbildungsverhältnisse. 2020 waren es nur noch 3.500. 2021 haben wir die 4.000er-Marke wieder geknackt und ich denke, das wird auch für 2022 der Fall sein, auch wenn die Zahlen noch nicht final vorliegen. Für 2023 hoffen wir wie­der auf 4.500“, sagt der IHK-Haupt­geschäftsführer. Die Berufe seien durchaus unterschiedlich gefragt. „Bürokaufleute, Groß- und Außenhan­delskaufleute, Industriekaufleute und Fachkräfte für Lagerlogistik im kaufmännischem und Chemikant, In­dustriemechaniker, Mechatroniker im gewerblich-technischen Bereich sind die Klassiker der gefragtesten Be­rufe. In anderen Bereichen wie Be­stattungsfachkraft, Fahrradmonteur, Tankwart oder Maskenbildner tragen wir im Jahr teilweise ein oder gar kein Ausbildungsverhältnis ein“, erklärt Steinmetz.

Fleischer, Bäcker oder Kondi­tor, das sind Berufe, die besonders große Nachwuchssorgen haben.

Fleischer, Bäcker oder Kondi­tor, das sind Berufe, die besonders große Nachwuchssorgen haben.

Foto: dpa/Uwe Zucchi

Ähnlich sieht es auch im Handwerk aus. „Große Probleme gibt es vor allem im Bereich der Nahrungsmit­tel. Fleischer, Bäcker oder Kondi­tor, das sind Berufe, die besonders große Nachwuchssorgen haben. Einen Bereich, in dem es nicht so drama­tisch wäre, gibt es im Handwerk praktisch nicht“, betont Peters. Dabei seien die Gehälter gut und die Ausbildung auch von hohem gesellschaftlichem Wert. Die Berufe seien extrem krisensicher. „Handwerker wurden und werden immer gebraucht“, sagt er.

 Marc Peters, Geschäftsführer der Handwerker­schaft in Krefeld

Marc Peters, Geschäftsführer der Handwerker­schaft in Krefeld

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Gerade die Abiturienten würden das Handwerk mit seinen Jobs oft nicht in Erwägung zie­hen. „Nur 17 Prozent der Azubis hatten 2021 Abitur. 42 Prozent ha­ben die Mittlere Reife, 21 Prozent haben einen Hauptschul-, vier Pro­zent sogar gar keinen Abschluss“, sagt Peters weiter. Während die Zahl der dualen Ausbildungen insge­samt um 0,4 Prozent gestiegen wäre, habe das Handwerk einen Rückgang um 2,2 Prozent zu verzeichnen.

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