Vor allem im Handwerk Die beliebtesten und die unbeliebtesten Berufe in Krefeld
Serie | Krefeld · „Unternehmen in allen Bereichen suchen nach Auszubildenden“, sagt Jürgen Steinmetz (IHK). Auch im Handwerk gebe es aktuell praktisch keinen Bereich, der nicht händeringend nach Auszubildenden suche, ergänzt Geschäftsführer Marc Peters.
Wohl nie zuvor war die Lage auf dem Ausbildungsmarkt so einseitig zum Vorteil der Arbeitnehmer beziehungsweise der Jugendlichen gestaltet. Die Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, verantwortlich für Ausbildung in kaufmännischen und technischen Berufen, und der Kreishandwerkerschaft, die die Ausbildung in Handwerksberufen übernimmt, sprechen über die neuesten Trends.
„Wir erleben eine Situation, wie es sie in der Bundesrepublik nie gegeben hat. In praktisch allen Ausbildungsberufen haben wir einen sogenannten inversen Markt. Unternehmen in allen Bereichen suchen nach Auszubildenden“, sagt Jürgen Steinmetz (IHK). Und auch Handwerkerschaft-Geschäftsführer Marc Peters stimmt zu. Auch im Handwerk gebe es praktisch keinen Bereich, der nicht händeringend nach Auszubildenden suche.
Dabei gebe es naturgemäß durchaus Unterschiede zwischen den Branchen, generell sei die Situation für Bewerber aber konjunkturunabhängig günstig. „Wir sind in vielen Bereichen besser durch Corona gekommen, als gedacht wurde. Und auch die Konjunkturdaten für 2023 sind jetzt schon besser als noch im Herbst. In der kommenden Woche werden wir hier die Ergebnisse unserer Umfrage veröffentlichen“, sagt Steinmetz.
Eine richtige Erklärung für die Lage auf dem Ausbildungsmarkt sei komplex. „Einerseits ist da der demografische Wandel und sinkende Zahlen an Schulabgängern. Aber das erklärt die Situation nicht zur Gänze. Immerhin hatte Deutschland nie so viele Einwohner wie heute“, analysiert er weiter. Generell sei das Studium bei vielen potenziellen Bewerbern der Weg der Wahl.
„Ich will jetzt gar nicht die duale Ausbildung gegen das Studium positionieren. Jeder junge Mensch muss für sich den passenden Weg finden. Klar ist aber: In der Ausbildung bekomme ich sofort Geld. Das geringste Ausbildungsentgelt im Kammerbezirk liegt bei gut 600 Euro. Nach Abschluss verdiene ich gleich ein volles Gehalt. Ich bin Anfang 20, in jedem Fall Vollverdiener. Im Studium ist das meist erst Ende 20 der Fall. Untersuchungen zeigen, dass eine duale Ausbildung im Lebensverdienst dem Studium im Normalfall in nichts nachsteht“, betont er.
Außerdem sei es nicht zwingend ein Entweder-oder. „Einerseits gibt es die Möglichkeit des dualen Studiums, bei dem ich duale Ausbildung und Studium kombiniere. Andere Azubis satteln nach der Ausbildung ein Studium darauf“, sagt er. Für die Unternehmen sei dies ein zweischneidiges Schwert. „Einerseits ist Ausbildung eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Andererseits will man seine selbst ausgebildeten Fachkräfte gern halten. Aber hier kommt es dann darauf an, gute Bedingungen zu bieten und die Menschen während des Studiums zu binden und später zurückzubekommen. Das geht heute beispielsweise durch Nebenjobs, die Remote ausgeführt werden können“, sagt Steinmetz.
Corona habe zusätzlich geschadet. „2019 hatten wir rund 4.500 eingetragene Ausbildungsverhältnisse. 2020 waren es nur noch 3.500. 2021 haben wir die 4.000er-Marke wieder geknackt und ich denke, das wird auch für 2022 der Fall sein, auch wenn die Zahlen noch nicht final vorliegen. Für 2023 hoffen wir wieder auf 4.500“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Die Berufe seien durchaus unterschiedlich gefragt. „Bürokaufleute, Groß- und Außenhandelskaufleute, Industriekaufleute und Fachkräfte für Lagerlogistik im kaufmännischem und Chemikant, Industriemechaniker, Mechatroniker im gewerblich-technischen Bereich sind die Klassiker der gefragtesten Berufe. In anderen Bereichen wie Bestattungsfachkraft, Fahrradmonteur, Tankwart oder Maskenbildner tragen wir im Jahr teilweise ein oder gar kein Ausbildungsverhältnis ein“, erklärt Steinmetz.
Ähnlich sieht es auch im Handwerk aus. „Große Probleme gibt es vor allem im Bereich der Nahrungsmittel. Fleischer, Bäcker oder Konditor, das sind Berufe, die besonders große Nachwuchssorgen haben. Einen Bereich, in dem es nicht so dramatisch wäre, gibt es im Handwerk praktisch nicht“, betont Peters. Dabei seien die Gehälter gut und die Ausbildung auch von hohem gesellschaftlichem Wert. Die Berufe seien extrem krisensicher. „Handwerker wurden und werden immer gebraucht“, sagt er.
Gerade die Abiturienten würden das Handwerk mit seinen Jobs oft nicht in Erwägung ziehen. „Nur 17 Prozent der Azubis hatten 2021 Abitur. 42 Prozent haben die Mittlere Reife, 21 Prozent haben einen Hauptschul-, vier Prozent sogar gar keinen Abschluss“, sagt Peters weiter. Während die Zahl der dualen Ausbildungen insgesamt um 0,4 Prozent gestiegen wäre, habe das Handwerk einen Rückgang um 2,2 Prozent zu verzeichnen.