Nach Fund der Baby-Leiche In Krefeld gibt es keine Babyklappe

Krefeld · Erschütterung herrscht in Krefeld über den Fund einer Babyleiche im Südpark. 2005 und 2006 gab es ähnlich gelagerte Fälle. Der danach etablierte Schwangerennotruf sollte helfen, solche Fälle zu vermeiden. Eine Babyklappe gibt es in Krefeld nicht.

Spurensicherung am Fundort der Babyleiche
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Spurensicherung am Fundort der Babyleiche

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Es ist ein Fall, der Krefeld aufwühlt: Im Wald Südpark zwischen Fischeln und Forstwald ist gestern eine in eine durchsichtige Plastiktüte gehüllte Babyleiche gefunden worden. Eine Fußgängerin war durch ihren Hund auf die Tüte fernab des Weges aufmerksam gemacht worden. Sie informierte um 11.37 Uhr die Polizei.

2005: Baby starb eines natürlichen Todes

 Der Fundort auf einer Karte.

Der Fundort auf einer Karte.

Foto: Maps4news.com/ HERE.com

"Wer an einer so verlassenen Stelle etwas ablegt, der macht dies wahrscheinlich nicht, damit andere direkt darauf aufmerksam werden", sagt Dietmar Siegert vom Krefelder Kinderschutzbund. Der kleine Wald zwischen Gladbacher und Anrather Straße wirkt verlassen. Nur wenige Wohnhäuser befinden sich dort, außerdem das neue Wasserwerk der Stadtwerke.

 Dies ist der Fundort – der Hund einer Spaziergängerin erschnüffelte das Baby, das in einer Plastiktüte lag. Heute soll das Obduktionsergebnis folgen.

Dies ist der Fundort – der Hund einer Spaziergängerin erschnüffelte das Baby, das in einer Plastiktüte lag. Heute soll das Obduktionsergebnis folgen.

Foto: Lothar Strücken

Siegert zeigte sich ebenso wie andere Experten erschüttert über den Fund, der an zwei grausame Vorfälle von vor zehn Jahren erinnert: Im Mai 2005 war an der Ritterstraße ein toter Säugling in einem Rucksack am Wegesrand gefunden worden. Auch damals wurde eine Mordkommission gebildet, ein Mediziner fand heraus, dass das Baby eines natürlichen Todes gestorben war. Es gab keine strafrechtlichen Konsequenzen.

2006: 13-Jährige ließ ihr Kind sterben

Zehn Monate später wurde dann im Kaiser-Wilhelm-Park ein Baby in einer Plastiktüte gefunden. Die 13-jährige Mutter hatte das Kind heimlich geboren und nach der Geburt nicht versorgt. In Krefeld bilden danach verschiedene Organisationen einen Schwangerennotruf. Helga Bauer von Pro Familia, die am Donnerstag die diensthabende Konfliktberaterin am Telefon des Schwangerennotrufs in Krefeld war, ist bestürzt über den neuen Vorfall.

Aus der jüngeren Vergangenheit kenne sie keine Fälle, bei denen Gefahr im Verzug war. "Das betrifft mich sehr. Wir wollen doch gerade mit dem Schwangerennotruf verhindern, dass Kinder zu Schaden kommen, dass Babys nicht einfach weggelegt werden." Rund 120 Anrufe gehen pro Jahr beim Schwangerennotruf ein. Die Hälfte davon seien "Spaßanrufe", sagt Helga Bauer. In den anderen Fällen seien es Frauen zwischen 13 und 43 Jahren. Die meisten kämen aus der Gruppe 19 bis 35 Jahre. Der Anteil der Anruferinnen unter 16 Jahren sei "verschwindend gering", sagt Bauer. Im Jahr 2013 sei es nur eine gewesen. "Ich erlebe, dass Frauen trotz Verhütung ein Kind bekommen und dann verzweifelt sind. Ich erlebe, dass junge Mädchen anrufen, die ein Kind ohne das Wissen ihrer Eltern erwarten."

Eine Babyklappe gibt es in Krefeld nicht

Eine Babyklappe, in der Kinder nach der Geburt anonym abgelegt werden können, gibt es in Krefeld — im Unterschied zu vielen anderen Städten — nicht. "Die Einführung einer Babyklappe haben wir vor Jahren diskutiert, uns aber entschieden, einen Schwangerennotruf am Telefon anzubieten", sagt Helga Bauer. "Wir sind gegen die Babyklappe, weil ein Kind das Recht haben sollte, zu erfahren, was seine Identität und biologische Herkunft ist."

Vor Jahren, zu Zeiten der Geburtsstation im Uerdinger Josefshospital, habe es die Möglichkeit gegeben, dass Frauen ihre Babys im Krankenhaus anonym abgeben und ihren Namen nur einem Pfarrer hinterlassen können. Doch auch dieses Projekt gibt es in Krefeld nicht mehr.

Was hilft, ist Öffentlichkeit: Der Schwangerennotruf wirbt für sich unter anderem in Bussen und Bahnen, auf Plakaten und mit Flyern. Dietmar Siegert vom Krefelder Kinderschutzbund sagt: "Das Problem ist, dass eben doch manchmal junge Frauen in Krisensituationen von diesem Angebot nichts wissen."

(RP)
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