Interview mit Markus Peerlings "Ich will keine städtischen Zuschüsse"

Krefeld · Kulturrampe-Betreiber Markus "Pille" Peerlings hat mit einem Aufruf eine Debatte über Kulturförderung in der Stadt angestoßen. Städtische Hilfe will er nicht. Er sagt stattdessen: "Kulturförderung leichtgemacht - einfach mal hingehen."

 Markus Peerlings ist Betreiber der Kulturrampe: „1000 Bands habe ich mittlerweile hier gehabt, manche mehrfach. Aber es ist einfach schwer, die Krefelder für neue Bands zu begeistern.“

Markus Peerlings ist Betreiber der Kulturrampe: „1000 Bands habe ich mittlerweile hier gehabt, manche mehrfach. Aber es ist einfach schwer, die Krefelder für neue Bands zu begeistern.“

Foto: Lammertz, Thomas

Herr Peerlings, Sie haben in einem ungewöhnlichen Schreiben vor wenigen Tagen Ihrem Unmut über das Krefelder Konzertpublikum freien Lauf gelassen. Wie kam es dazu?
Peerlings: Ich betreibe die Kulturrampe seit acht Jahren, ohne städtische Zuschüsse, allein auf mein Risiko hin. 2013 war ein sehr schwieriges Jahr, der Mai war aufgrund des Wetters desaströs. Das holt man in den kommenden Monaten nicht mehr so schnell rein. Wirtschaftlich hat mich das vor Probleme gestellt. Vor dem Hintergrund des Nothaushalts und der Debatte um die Kürzung städtischer Zuschüsse wollte ich deshalb mit meinem Schreiben darauf aufmerksam machen, dass es eine ganz einfache Form der Kulturförderung gibt - indem man zum Beispiel ein Konzert besucht.

Und dann haben Sie den Slogan erfunden: "Kulturförderung leicht gemacht - einfach mal hingehen."?
Peerlings So ist es doch am Ende. Nehmen wir mal das Theater am Marienplatz in Fischeln. Wenn da jetzt 150 Leute bei Facebook schreiben, wie schade es ist, dass die Förderung um 1500 Euro sinkt, dann wäre dem TAM mehr geholfen, wenn diese 150 Leute 10 Euro zahlten und eine Vorstellung besuchen.

Das heißt, dass Sie gegen städtische Zuschüsse für Kulturinstitute sind?
Peerlings Ich spreche nur für mich - ich will das nicht. Mit den 1000 Euro Zuschuss, die mir die Stadt im Zweifel gäbe, komme ich ja auch nicht richtig weiter, wenn allein schon eine Box 5000 Euro kostet. Ich mache das hier auf mein Risiko. Aber natürlich will ich nicht für andere Institute sprechen.

Finden Sie es denn gerecht, dass ein Theater viele Millionen Euro bekommt, kleinere Häuser sich aber selbst finanzieren müssen?
Peerlings Man kann das natürlich hinterfragen. Für mich steht aber fest, dass bei einem Zuschuss von nur wenigen tausend Euro niemandem geholfen ist. Über die Verteilung kann man schon mal diskutieren.

Aus Ihrer Aufforderung an die Krefelder, die Kulturrampe zu besuchen, lässt sich eine gewisse Verzweiflung ablesen?
Peerlings Natürlich muss ich sehen, dass meine Rampe sich wirtschaftlich trägt. 80 000 Euro habe ich auf eigenes Risiko in diese Konzerthalle investiert. Ich muss davon leben können. Insofern fragt man sich am Ende eines Jahres mit Schwierigkeiten, wie lange man das noch machen kann. 1000 Bands habe ich mittlerweile hier gehabt, manche mehrfach. Aber es ist einfach schwer, die Krefelder für neue Bands zu begeistern. Bei Konzerten kommen hier mittlerweile 50 Prozent der Besucher aus umliegenden Städten. Ich nenne ein Beispiel: Beim Folklorefest in diesem Jahr spielten die Franzosen "Les Yeux d?la Tête" - danach kamen viele auf mich zu und sagten: ,Pille, die musst Du auch mal holen.?" Was die nicht wussten: "Les Yeux d?la Tête" haben vorher dreimal bei mir gespielt. Bei mir hätten die die Band mit 30 anderen sehen und dann beim Folklorefest sagen können: ,Habe ich schon mal gesehen, auf der Kulturrampe.? Bei mir spielen Bands, die mit etwas Glück schon kurze Zeit später durchstarten. Wir hatten den Liedermacher Gisbert zu Knyphausen hier, als der noch unbekannt war. Mittlerweile füllt er Hallen. Auch Bernd Begemann hat hier schon 2007 gespielt - danach gastierte er in Krefeld in der großen Kulturfabrik und kommt jetzt wieder in die Rampe. Von dieser Art gibt es viele Beispiele.

Bei all den Sorgen - es muss Gründe geben, warum Sie weiter Konzerte machen, weiter jeden Tag in die Rampe kommen.
Peerlings Weil es Spaß macht. Weil ich hier an jedem Konzertabend wieder spannende Leute, Musiker und Publikum, kennenlernen darf. Und weil es viele kleine schöne Momente gibt, bei denen man merkt, dass es sich doch lohnt. Der kommende Februar ist zum Beispiel wieder so ein Monat, auf den ich mich sehr freue. Wir haben ein bunt gemischtes Programm, viele verschiedene musikalische Stile. Genau dafür mache ich das. Nehmen wir die französischen Bands, die hier spielen - eigentlich bin ich kein Fan des Landes Frankreich. Aber all die Franzosen, die schon hier waren, das waren perfekte Gäste. Wenn die aufgegessen haben, stapeln sie alle ihre Teller, legen Messer und Gabel oben drauf. Das würde eine Band aus Berlin nie machen. Man lernt also jede Menge spannende Leute, kulturelle Unterschiede kennen.

Bei all dieser Begeisterung: Geht es mit der Kulturrampe also sicher weiter?
Peerlings Es gibt immer Abende zwischendurch, an denen man trotz guter Band und wegen schlechter Besucherzahl denkt: Lohnt sich das noch? Dann denke ich wieder: Es lohnt sich. Denn die Bedingungen hier sind perfekt. Wir haben Parkplätze und die Straßenbahnhaltestelle Großmarkt direkt vor der Tür, wir haben die Gastromeile Großmarkt im Rücken. Ich glaube weiter daran, dass das hier Sinn hat.

Sebastian Peters führte das Interview.

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