Krefeld Hell! Die neue Liebfrauenkirche

Krefeld · Nach monatelanger Sanierung präsentiert sich der Innenraum hell und freundlich; er lässt Fenster und das Interieur neu zur Wirkung kommen.

 Heinz-Willi Ruschen vor der Kreuzigungsgruppe, die neu platziert wurde. Rechts der Tabernakel. Auch er hat einen neuen Platz gefunden und steht nun auf einem Sockel.

Heinz-Willi Ruschen vor der Kreuzigungsgruppe, die neu platziert wurde. Rechts der Tabernakel. Auch er hat einen neuen Platz gefunden und steht nun auf einem Sockel.

Foto: Lammertz Thomas

Der erste Eindruck bei einer Kirche ist immer der nachhaltigste, schönste - meist der, der bleibt. So ist es auch beim Schritt in die neue Liebfrauenkirche nach der Sanierung. Der Innenraum präsentiert sich in einer überwältigenden Helligkeit, die nicht hartweiß aufragt, sondern den Betrachter bei aller Weite des Raums mit Wärme umfängt. Alles tritt vor dieser demütigen, gleichwohl alles prägenden Lichtheit neu vor das Auge des Betrachters: sowohl die prachtvollen Fenster als auch die holzfarbenen Schnitz- und in Farbe gefassten Bildwerke. Morgen, Sonntag, wird die neue Liebfrauenkirche mit einem Gottesdienst feierlich eingeweiht. Vorsicht: Dieser Kirchenbau ist zum katholisch werden.

"Der Putz wurde ausgebessert, die Wände gestrichen, der Naturstein gereinigt und aufgearbeitet. Die Gewölbe-Rippen wurden mit feinen roten Linien flankiert und so betont", resümiert Gemeindemitglied Heinz-Willi Ruschen die Arbeiten in der Kirche. Neu auch: Eine Kreuzigungsgruppe, die bislang in der Kapelle mit einem Krieger-Mosaik gestanden hat, hat an der Wand eines Seitenschiffs Platz gefunden. Das Schnitzwerk ist damit wieder an dem Ort, an dem einst ein Seitenaltar gestanden hat. Er wurde im Zuge der Umgestaltung von 1930 entfernt; nur die Kreuzigungsgruppe bleib übrig. Vor dem hellen Hintergrund tritt die erzählerische Brillanz der neogotischen Arbeit aufs Schönste hervor.

 Gottesmutter Maria mit Jesuskind. Die Figur stammt aus dem 16. Jahrhundert; hinten zu sehen: ein Fenster von Johan Thron Prikker.

Gottesmutter Maria mit Jesuskind. Die Figur stammt aus dem 16. Jahrhundert; hinten zu sehen: ein Fenster von Johan Thron Prikker.

Foto: Lammertz Thomas

Neu kommen auch die Fenster in der Kirche zur Geltung. Natürlich werden an erster Stelle die 1916 entworfenen Fenster von Johan Thorn Prikker (1868 - 1932) genannt, sodann die Werke von Jupp Strater im Altarraum, aber damit unterschätzt man die delikate Anmutung der übrigen, abstrakt gehaltenen Fenster, die in warmen Braun- und Grüntönen ebenso einladende Kraft entfalten wie die gesamte warme Helligkeit der Kirche.

Die Liebfrauenkirche ist mit dem in einem schönen Eisengitter gefassten Garten als Ganzes ein wunderbares Ensemble und zählt zu den bedeutenden Kirchbauten des 19. Jahrhunderts. Die die Kirche einrahmenden Straßen (Nord- und Hofstraße und das Ende des Westwalls) sind gepflastert und mit Grünparzellen und Parkbuchten in einer Weise strukturiert, die Vorbild für ganz Krefeld sein kann: So macht man aus einer trostlosen Asphaltschlucht eine wohnliche Gasse, bei voller Funktionalität für den Autoverkehr der Anwohner.

 Auch die abstrakten Fenster kommen, hell umrahmt, neu zur Geltung und unterstützen die warme Farbigkeit der Kirche.

Auch die abstrakten Fenster kommen, hell umrahmt, neu zur Geltung und unterstützen die warme Farbigkeit der Kirche.

Foto: Lammertz Thomas

Entworfen und gebaut hat die Kirche ein Mann, der für die rheinische Kirchenwelt ähnliche Bedeutung hat wie Maximilian Friedrich Weyhe (1775 - 1846) für die Gartenkunst: der Kölner Domwerkbaumeister Vincenz Statz (1819 - 1898). Statz hat in Deutschland und Österreich gewirkt; er hat 150 Kirchen und Kapellen gebaut und rund 200 Entwürfe von Altären, Kanzeln und anderen kirchlichen Ausstattungsstücken hinterlassen.

Die Liebfrauenkirche wurde 1854 bis 1861 nach seinen Plänen gebaut und 1860 geweiht. Seit 1872 firmiert sie als "Liebfrauenkirche" und spiegelt damit katholische Marienfrömmigkeit wider. Als bedeutend gilt auch das Glockengeläute mit vier Glocken in der Schlagtonfolge b°-c"-d"-es", 1878 gegossen von François Goussel in Metz. Es hat beide Weltkriege überlebt und wird zu den bedeutenden Geläuten des 19. Jahrhunderts in Deutschland gezählt.

 Der Innenraum: Die Natursteine der Säulen wurden gereinigt, die Rippenbögen mit feinem Strich rot eingefasst. Der Boden wurde belassen.

Der Innenraum: Die Natursteine der Säulen wurden gereinigt, die Rippenbögen mit feinem Strich rot eingefasst. Der Boden wurde belassen.

Foto: Lammertz

In der Musikwelt geschätzt wird die 1966 in der Kirche installierte Verschueren-Orgel, die über 48 klingende Register mit etwa 2700 Pfeifen mit einem spanischen Trompetenwerk verfügt. Die Orgel wird zurzeit nicht gespielt. "Man hat uns empfohlen, sie nicht zu benutzen; sie ist zu verschmutzt und war auch durch die Sanierung belastet", berichtet Jutta Kemmerich, Vorsitzende des Pfarreirates. Das nächste Projekt: die Reinigung und Sanierung der Orgel.

(RP)
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