Krefeld Haus der Seidenkultur vor Vollendung

Krefeld · Die Eröffnung erfolgt pünktlich und müsste mit 200 Gästen gefeiert werden. Doch da ist der Brandschutz vor: Höchstens 50 Gäste dürfen teilnehmen – nun steht Hansgeorg Hauser vom Förderverein vor einer für ihn bitteren Auslese.

 Blick ins Untergeschoss: Links der Zustand im Mai 2012; rechts der Zustand heute: Hinten ist eine Trennwand dazugekommen, die eine Küchenzeile und Toilettenräume abtrennt.

Blick ins Untergeschoss: Links der Zustand im Mai 2012; rechts der Zustand heute: Hinten ist eine Trennwand dazugekommen, die eine Küchenzeile und Toilettenräume abtrennt.

Foto: Thomas Lammertz

Trotz vieler Widrigkeiten und einiger unangenehmer Überraschungen steht die seit fast zwei Jahren laufende Sanierung des Hauses der Seidenkultur (die ehemalige Paramentenweberei Gotzes) vor der Vollendung. Glücksgefühle hat Hansgeorg Hauser, Vorsitzender des Fördervereins Haus der Seidenkultur, aber noch nicht: Er muss zurzeit die Gästeliste für die Eröffnungsfeier zusammenstellen und darf nur 50 Namen benennen, obwohl die Liste der Helfer, Spender und Unterstützer bedeutend länger ist: "Allein die Creinvelt-Gesellschaft hat 28 000 Euro aufgebracht; es gehörte sich eigentlich, den kompletten Vorstand einzuladen, aber ich kann nicht", sagte ein sichtlich bedrückter Hauser unserer Zeitung. Glücksgefühle, betonte er, stellten sich noch nicht ein, der Druck des Endspurts ist einfach noch zu groß: "Ich habe schlaflose Nächte", bekannte er. Dabei gibt es Anlass für Glücksgefühle: Das Haus an der Luisenstraße ist als Museum und Zeuge einer großen kunsthandwerklichen und industriellen Vergangenheit Krefelds gerettet; die rund 370 000 Euro teure Sanierung ist abgeschlossen – trotz einiger böser Überraschungen, die Hauser immer mal wieder fassungslos vor neuen Aufgaben hat stehenlassen. So musste das Haus, das aus brandschutztechnischen Gründen im September 2011 stillgelegt worden war, statisch nahezu komplett neu gesichert werden. Grund: Das 1868 erbaute Gebäude war im Laufe seiner Geschichte durch Anbauten verlängert worden – unter Missachtung aller statischen Regeln. Der Gipfel war für Hauser die fatale Entdeckung, dass der letzte Anbau ohne Fundament auf die Terrassenplatten im Garten aufgesetzt worden war – für Baustatiker ein Alptraum.

Krefeld: Haus der Seidenkultur vor Vollendung
Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

All das musste statisch neu gegründet werden – der Tiefpunkt in dieser Geschichte war für Hauser die Aussicht, dass der Websaal im ersten Stock, die eigentliche, europaweit einzigartige Kostbarkeit des Komplexes darstellt, komplett verändert werden sollte: "Ich habe dafür gekämpft, dass Boden und Decke erhalten bleiben, und habe gesagt: Wenn wir das zerstören, dann brauchen wir die Sache nicht anzugehen." Hauser hat gewonnen: Der Saal, der ein einzigartiges Ensemble von Jacquard-Handwebstühlen vereint und die Arbeitssituation der weltweit geschätzten Krefelder Weberei-Manufakturen widerspiegelt, ist in seiner Grundstruktur gerettet. Zurzeit werden die Webstühle dort wieder aufgebaut und funktionstüchtig gemacht. Spektakulärer Blickfang im neuen Haus der Seidenkultur wird eine große Fototapete mit einer Prozessionsszene sein, vor der ein Baldachin und Gewänder arrangiert sind, die aus der Produktion von Gotzes stammen. Zur Eröffnung wird es übrigens ein entzückendes Erinnerungsstück geben: Der Verein wird Einstecktücher anbieten, die nach Webmustern aus dem Bestand der Paramentenweberei Gotzes gestaltet sind.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort